Peter Krell (links) lebt in einer Einrichtung des BHZ in Stuttgart-Birkach. Hier ist er mit Moritz Rößler zu sehen, dem Küchenchef im Restaurant SW34 Foto: z/privat

Weil aufgrund des Coronavirus viele Menschen mit Behinderung aktuell in ihren Einrichtungen bleiben sollen, hat das Stuttgarter Restaurant SW34 eine Hilfsaktion gestartet und den Einkauf für 25 Personen übernommen.

Birkach/Fasanenhof - Leicht ist die aktuelle Zeit mit dem Coronavirus für niemanden. Firmen, Läden und Restaurants droht die Pleite. Geplante Hochzeiten, Feiern und Reisen platzen. Und keiner darf mehr die Menschen treffen, die er gerne sehen würde. Für einige ist die Situation aber noch einschneidender als für andere – etwa für Menschen mit Behinderung.

Nicht alle können im Homeoffice arbeiten

Zum einen fällt für viele die Beschäftigung in den Behindertenwerkstätten weg. Einige erhalten Arbeiten, die sie auch im Homeoffice erledigen können, nun nach Hause geliefert – etwa Verpackungsarbeiten. Andere haben gar keine Beschäftigung mehr. Und das Verlassen der eigenen vier Wände als Ausgleich dazu ist oft ebenfalls nicht möglich. So war in einem Haus des Behindertenzentrums Stuttgart (BHZ) in Birkach sogar 14 Tage lang Quarantäne angesagt, weil es einen Corona-Verdachtsfall gab.

Zwar hat sich der Verdacht inzwischen als negativ erwiesen, trotzdem sind die Bewohner angehalten, möglichst nicht rauszugehen – höchstens mal alleine für einen kurzen Spaziergang. „Das ist eine Sicherheitsmaßnahme. Wir wollen das Risiko minimieren, dass wir uns jetzt irgendwas einschleppen“, erläutert Isolde Vogt, Leiterin des Bereichs Wohnen beim BHZ.

Bewohner sollen in Einrichtungen bleiben

Weil man im Supermarkt immer anderen Menschen nahe kommt, sollen die Bewohner sogar ihre Einkäufe nicht mehr selbst erledigen. „In Zeiten von Corona ist es aber sehr aufwendig, wenn für zehn oder 15 Personen eingekauft werden muss. Oft gibt es gar nicht alles, was man will, und bei den Mengen, die wir einkaufen müssen, wird man noch als Hamsterkäufer angeschaut“, berichtet Vogt.

Mit der neuen Plattform „Stuttgart gemeinsam stark“ will unsere Zeitung in der Corona-Krise Unterstützung bieten.

Aus diesem Grund hat sich das Restaurant SW34 vom Fasanenhof etwas ausgedacht: Weil das Restaurant aufgrund des Coronavirus vorerst schließen musste und dadurch Kapazitäten frei wurden, haben die Mitarbeiter zwei Wochen lang die insgesamt 25 Bewohner des BHZ-Appartementhaus und der gemeindeintegrierten Wohngruppe in Birkach versorgt: nicht nur in Form von Lebensmitteln, die jeder Einzelne braucht, sondern auch mit Rezepten und Zutaten für das tägliche Mittagessen. In normalen Zeiten erhalten die Bewohner nämlich in den Werkstätten oder an ihren Außenarbeitsplätzen ein Mittagessen, das fällt nun weg.

Es gab Schinkennudeln, Kartoffeln mit Quark oder Couscous

„Zuerst gab es die Überlegung, ob die Mitarbeiter von SW34 für uns kochen und uns das fertige Mittagessen liefern“, berichtet Isolde Vogt. „Aber es wäre gar nicht so einfach gewesen, das Essen für so viele Menschen warm zu halten.“ Deshalb entstand die Idee, dass das Restaurant nur die Zutaten und Rezepte liefert und die Bewohner daraus selbst einfache Gerichte zubereiten. Sowohl die Kosten für die Lebensmittel als auch für die Lieferung hat das Restaurant SW34 übernommen.

„Jeden Tag hat uns ein Mitarbeiter von SW34 eine Kiste mit Zutaten und Rezept an der Tür übergeben“, berichtet Vogt. In der Regel waren immer zwei Bewohner mit einem BHZ-Mitarbeiter für die Zubereitung zuständig: Um 11 Uhr hieß es in die Küche gehen, damit sich um 12 Uhr alle an den Tisch setzen konnten. „Es gab zum Beispiel mal Kartoffeln mit Quark, Schinkennudeln oder Couscous mit Gemüse.“

Manchen macht das Kochen mehr Spaß als anderen

Bei den Bewohnern sei die Aktion gut angekommen. „Wir haben natürlich schnell gemerkt, wem das Kochen mehr Spaß macht“, sagt Vogt. Generell sei das selbstständige Zubereiten des Mittagessens aber in diesen Zeiten für alle hilfreich, da es eine sinnvolle Beschäftigung sei: „Auch deshalb ist die Stimmung bei uns gut, wir achten sehr aufeinander.“

Seit wenigen Tagen ist die Hilfsaktion des Restaurants beendet. Seitdem werden die Lebensmittel beim CAP-Markt in Riedenberg bestellt und direkt zu den Bewohnern in die Häuser nach Birkach geliefert. Gemeinsam mittags gekocht und gegessen wird dort aber immer noch.