Die Kunden dürfen das Ladengeschäft von Inge Behrendt-Mertens nicht mehr betreten. Foto: Eileen Breuer

Im Schreibwarengeschäft von Inge Behrendt-Mertens in Leinfelden entstehen wegen der Verordnung des Landes Baden-Württemberg mitunter absurde Situationen. Sie darf zwar öffnen, die Frage ist trotzdem, wie lange sie noch durchhalten kann.

Leinfelden - Ein Campingtisch versperrt die Eingangstür des Schreibwarenladens namens „Villa Leinfelden“. Eine Kundin parkt ihr Auto vor dem Geschäft. Sie ist gekommen, um dort Briefpapier zu kaufen. Doch die Inhaberin Inge Behrendt-Mertens darf ihr das nicht verkaufen. Ausschließlich die Zeitungen und Zeitschriften, die sich im Ständer hinter ihr befinden, darf sie noch an Kunden herausgeben.

„Wenn Schüler ein Micky-Maus-Heft wollen, darf ich das verkaufen, ein Schulheft dagegen nicht“, erklärt Behrendt-Mertens. Dabei gehöre genau das doch im Moment zum täglichen Bedarf, findet sie. „Gerade jetzt, wo viele im Homeoffice sind oder von zu Hause aus Schulaufgaben erledigen, braucht man Schreibwaren: Hefte, Druckerpapier, Stifte.“ Der Grund für das eingeschränkte Sortiment in der „Villa Leinfelden“ ist eine Verordnung der Landesregierung. Diese beinhaltet Maßnahmen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Die Verordnung schreibt vor, welche Art von Einzelhandelsgeschäften ihren Verkauf fortführen dürfen und welche ihre Türen für Kunden für die kommende Zeit schließen müssen. Schreibwarengeschäfte fallen nicht unter die Betriebe, die weiterhin geöffnet sein dürfen. Der Zeitungs- und Zeitschriftenverkauf darf hingegen fortgeführt werden, so die Verordnung.

Grund ist eine Verordnung des Landes

„Ich stehe voll hinter dem Schutz der Bevölkerung und akzeptiere die Verordnung vollumfänglich“, stellt Behrendt-Mertens klar. Ihr zweites Ladengeschäft in Bernhausen habe sie nach Inkrafttreten der Verordnung sofort geschlossen, dort verkaufe sie nämlich keine Zeitungen und Zeitschriften.

Das Ordnungsamt habe ihr Geschäft schließen wollen

Worüber sie sich ärgert, sind nicht die Maßnahmen, sondern die Absurdität der Situation. „Die Kunden können nicht verstehen, warum ich ein Heft oder Druckerpapier nicht genauso über den Tisch reichen kann wie eine Zeitung“, sagt sie. Den Campingtisch habe sie in Absprache mit dem Ordnungsamt von Leinfelden-Echterdingen an der Eingangstür drapiert. Ein Vertreter des Amts sei vor wenigen Tagen vorbeigekommen und habe ihren Laden komplett dichtmachen wollen. Nach einer Diskussion habe er eingewilligt, den Verkauf von Zeitschriften und Zeitungen zuzulassen – unter der Bedingung, dass Behrendt-Mertens keine Kunden mehr in das Geschäft lässt.

Die Verordnung der Landesregierung sieht für Läden wie den von Behrendt-Mertens, die ein sogenanntes Mischsortiment anbieten, vor, dass alle Warenbereiche, die nicht unter die Ausnahmeregelung fallen, für die Kunden abgesperrt werden müssen. Den Verkauf von beispielsweise Schulranzen muss sie laut dieser Verordnung einstellen.

Trotzdem muss sie die laufenden Kosten stemmen

Finanziell lohne es sich nicht, den Ladenbetrieb weiterhin am Laufen zu halten, sagt Behrend-Mertens. Am Samstag verzeichnete sie bis zum Mittag gerade einmal einen Umsatz von 25 Euro. Aber: „Die Kunden sind mir treu, und ich möchte ihnen treu sein. Das ist der Grund, warum ich weiterhin offen habe.“ Trotzdem muss sie die laufenden Kosten, wie die Miete oder den Lohn ihrer Mitarbeiter, decken. „Ich kann mich so vielleicht noch zwei Monate halten, danach muss ich sehen, wie und ob es weitergeht.“, sagt die Ladeninhaberin.

Um sich weiterhin über Wasser halten zu können, müssen deshalb neue Ideen her. Deshalb plant Inge Behrendt-Martens, nun Gutscheine anzubieten, welche sie per Post an die Kunden verschickt. „Ich habe die Hoffnung, dass sich die Menschen verantwortungsvoll verhalten und wir das Virus so unter Kontrolle bekommen.“ Wenn das der Fall ist, können die Kunden den Gutschein später einlösen – zum Beispiel, um dann bei ihr Briefpapier zu kaufen.