Auch in Stuttgart stehen Container zur Behandlung von Patienten bereit. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Das Tübinger Uniklinikum sieht sich gut vorbereitet. Eine Ambulanz in Containern wird auf dem Festplatz am Rande der Stadt gerade aufgebaut – weitere im Land sollen folgen.

Tübingen - Im Kampf gegen das Coronavirus sieht sich die Universitätsklinik Tübingen gut gerüstet. „Wir glauben, dass wir auch einen sehr großen Ansturm bewältigen können“, sagte Michael Bamberg, der Ärztliche Direktor der Klinik, am Freitag in einer Pressekonferenz. Die täglich tagende Task-Force Corona habe einen Plan mit drei Ausbaustufen erarbeitet, um genügend Betten und Personal zur Verfügung zu haben. Momentan würden sechs Corona-Patienten auf der Intensivstation künstlich beatmet, einer davon sei in einem kritischen Zustand. Man könne aber schnell auf 110 Betten erhöhen, wenn es nötig sei. In einer dritten Stufe stünden Hunderte Betten in verschiedenen Stationen zur Verfügung. „Wenn eine große Welle, ein Tsunami, kommt, wollen wir gewappnet sein“, betonte Bamberg. Er kündigte an, Patienten bei Bedarf in Nachsorge- oder Rehakliniken im Land zu verlagern, um Bettenkapazitäten für Coronafälle freizuschaufeln.

In Erwartung der steigenden Fallzahlen sind in der Uniklinik viele Operationen abgesagt worden. Mitarbeiter werden geschult, um bei der künstlichen Beatmung von Patienten eingesetzt werden zu können, und etliche Medizinstudenten werden rekrutiert, um etwa im pflegerischen Bereich auszuhelfen. Die aktuellen Engpässe in der Materialversorgung mit Schutzmasken und -anzügen seien hoffentlich bald überwunden, betonte Bamberg. Er dankte dem Burladinger Textilunternehmen Trigema, das ab sofort große Mengen an Schutzmasken produziere.

Intensivmediziner Rosenberger: „Wir erwarten keine Szenarien wie in Italien“

Die Solidarität in der Klinik sei enorm, die Vorbereitung gut, lobte auch Peter Rosenberger, der Ärztliche Direktor der Anästhesiologie und Intensivmedizin. „Momentan haben wir keine Befürchtung, dass sich Szenarien wie in Italien wiederholen und jemand kein Beatmungsgerät bekommt, der es braucht.“

Um die Notaufnahme der Universitätsklinik und die niedergelassenen Ärzte in Tübingen zu entlasten, läuft ab Montag eine zentrale Fieberambulanz für Coronavirus-Verdachtsfälle an. Eingerichtet wird sie vom Landratsamt und vom Tübinger Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Täglich können dort bis zu 200 Patienten mit grippeähnlichen Symptomen in speziell eingerichteten Containern auf dem Festgelände am Rande der Stadt ambulant behandelt werden. Ein Team aus Ärzten, Medizinstudenten und DRK-Ehrenamtlichen steht bereit.

Es ist eine ungewöhnliche Lösung in ungewöhnlichen Zeiten, die angesichts der steigenden Zahl an Erkrankten bitter notwendig ist. Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg gibt sich zögerlich: „Die KV prüft gerade, inwieweit zentrale ambulante Einrichtungen im Land entstehen können“, sagt Pressesprecher Kai Sonntag. Grundsätzlich seien Fieberambulanzen und Schwerpunktambulanzen in Praxen zu empfehlen.

Um ein Chaos auf dem Tübinger Festplatz zu verhindern, werden die Patienten der Behelfsambulanz von Arztpraxen, der DRK-Leitstelle oder dem Gesundheitsamt angemeldet. Von einem Abstrich bis zur Lungendiagnostik könne vor Ort alles in die Wege geleitet werden, erklärt Lisa Federle, Notärztin und Vorsitzende des DRK-Kreisverbandes. „Wir wollen Patienten filtern und so viele wie möglich von der Klinik fernhalten, so dass die schweren Fälle gut versorgt werden können.“

In den Arztpraxen fehlt Schutzkleidung

Für den Tübinger Landrat Joachim Walter ist die Ambulanz der richtige Weg: „Die, die nicht zum Hausarzt können, rufen den Rettungsdienst an. Das ist absolut das Falsche.“ Problematisch sei auch die Situation bei den Ärzten, denen Schutzkleidung und -masken fehlten. Viele von ihnen könnten die Corona-Verdachtspatienten nicht behandeln oder riskierten eine Ansteckung. Zwei Arztpraxen in Tübingen, eine in Rottenburg seien bereits geschlossen, weitere würden wohl folgen. Über das Modell der Fieberambulanz hinaus gebe es weitere Planungen. „Wir können Schwerpunktambulanzen in Arztpraxen bilden“, kündigt der Landrat an.