Die Corona-Fallzahlen liegen schon über dem Höchstwert der Sommerwelle. Und eine neue Variante könnte die Lage im Herbst verschärfen. Doch man kann sich schützen.
Die Corona-Fallzahlen steigen rasant, sie liegen über dem Höchststand vom Sommer. Da stellen sich Fragen. Die wichtigsten beantworten wir hier.
Wie ist der aktuelle Pandemiestand?
Diese Woche ist die Sieben-Tage-Inzidenz mit rund 800 nachgewiesenen Infektionen je 100 000 Einwohner über den Höchstwert der Sommerwelle gestiegen. Regional schwanken die Werte zwischen 1500 im Saarland und 300 in Hamburg. An und mit Covid-19 sterben ähnlich viele wie im Sommer, auch die Zahl der Covid-Intensivpatienten entspricht dem damaligen Höchstwert – aber mit steigender Tendenz.
Ist das mit früheren Werten vergleichbar?
Für die Infizierten ist ein Vergleich mit dem Sommer möglich, weil Erkrankte sich schon damals selten hatten testen lassen. Entsprechend hoch ist die Dunkelziffer, das RKI geht von 1300 bis 3100 symptomatisch Infizierten je 100 000 Einwohner aus. Bedenklich ist, dass in den Krankenhäusern wieder deutlich mehr über 60-jährige Infizierte ankommen, gleichwohl nicht alle wegen Covid-19. Bei ihnen kann der Impfschutz mittlerweile nachgelassen haben – zumal der Anteil der zweifach Geboosterten in dieser Gruppe mit unter 30 Prozent niedrig ausfällt.
Wie schlimm wird also die Herbstwelle?
Es gilt als sicher, dass die Infektionszahlen weiter steigen. Menschen treffen sich wieder mehr in Innenräumen, Beschränkungen sind weggefallen. Vieles hängt davon ab, ob sich eine neue Virusvariante durchsetzt – und wie schwer die Erkrankung verläuft. Bleibt es bei den für Omikron typischen, weniger schweren Verläufen, sind die Inzidenzwerte kein unmittelbarer Indikator für eine Überlastung des Gesundheitswesens. Vielmehr schadet ein hoher Krankenstand dem Wirtschafts- sowie Gesundheitssystem. Einzelne Ärzteverbände melden bereits erhöhte Personalausfälle.
Wie viele sind derzeit krank?
Das RKI schätzt, dass aktuell 7,6 Millionen Menschen an Atemwegserkrankungen leiden. Etwa 1,6 Millionen waren deshalb beim Arzt. Covid-19 macht laut der Schätzung ein starkes Viertel dieser Fälle aus. Alle Werte liegen weit über denen der Vorjahre. Die Masse der weniger schwer Erkrankten prägt also die Herbstwelle – und dafür ist nicht nur das Coronavirus verantwortlich.
Kommt eine neue Variante?
Die Zeichen mehren sich, dass die Omikron-Subvariante BQ.1.1 die seit dem Sommer dominante BA.5 verdrängen kann – laut RKI-Wochenbericht ist sie „zwar noch selten, aber zunehmend“. In anderen Ländern breitet sich BA.2.75 aus. Entscheidend wird sein, ob die neue Variante mehr schwere Krankheitsverläufe oder ein höheres Long-Covid-Risiko mit sich bringt. Vermutet wird zudem ein weiteres Ansteigen der Infektionszahlen – das wäre dann die Winterwelle.
Was hilft jetzt?
Das Infektionsschutzgesetz erlaubt den Ländern Maskenpflicht in Innenräumen, nennt aber keine Grenzwerte. Deshalb wird über die Dringlichkeit diskutiert. Die Berliner Gesundheitssenatorin Ulrike Gote will die Maskenpflicht nächste Woche dem Senat vorschlagen. Ihr baden-württembergischer Kollege Manfred Lucha sagt, bei der Maskenpflicht könne es „unter Umständen schnell gehen“. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hält sich zurück.
Der Epidemiologe Hajo Zeeb oder die Chefin des Ärzteverbands Marburger Bund, Susanne Johna, fordern eine solche Maskenpflicht. Der Virologe Hendrick Streeck sieht in der Maske „kein Allheilmittel“. Man sollte auch schlecht belüftete Innenräume meiden und mit Symptomen wie Husten, Schnupfen oder Halsweh nicht unter Menschen gehen.
Für Ältere und Menschen mit schwachem Immunsystem wird der zweite Booster dringend empfohlen, möglichst mit einem auf BA.5 angepassten Impfstoff. Biontech/Pfizer meldete am Donnerstag auf Grundlage einer klinischen Studie, er biete gegen die Variante „voraussichtlich einen besseren Schutz als der ursprüngliche Impfstoff“.
Geht es beim Impfen voran?
Nur schleppend. Zwar stieg die Zahl der zweiten Boosterimpfungen auf im Schnitt 60 000 pro Tag. Das ist aber zu wenig, um den Großteil der über 60-Jährigen zu schützen. Das Impftempo reicht nicht, um flächendeckend Infektionen zu verhindern. Das ist aber auch nicht das Ziel, sondern der Schutz vor schweren Krankheitsverläufen.