Corona-Tests werden langsam knapp, warnen das Robert-Koch-Institut und der Laborverband ALM. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Vergangene Woche ist die Zahl der erfassten Corona-Tests in Deutschland auf den Rekordwert von fast 900 000 gestiegen. Das Robert-Koch-Institut und der Laborverband warnen jetzt vor Engpässen. Muss anders getestet werden?

Berlin - Das Robert-Koch-Institut (RKI) warnt vor Engpässen bei den Corona-Tests. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten aktuellen Lagebericht hervor, in dem wie jeden Mittwoch auf die erfassten Corona-Tests sowie die verfügbaren Testkapazitäten eingegangen wird.

Demnach sind in der vergangenen Woche mindestens 875 000 Corona-Labortests durchgeführt worden. Mindestens, weil die Meldung der Zahlen für die Labore freiwillig ist. Darüber hinaus errechnet das RKI anhand der Werte, wie viele Labortests theoretisch pro Woche möglich sind. Demnach könnten aktuell zwar wöchentlich 1,3 Millionen Corona-Tests durchgeführt werden. Jedoch könnten sich etwa wegen knapper Reagenzien und der Abhängigkeit von wenigen Herstellern „die freien Kapazitäten in den nächsten Wochen reduzieren“, warnt das Institut.

Wegen der Testpflicht für Reisende aus Corona-Risikogebieten, kostenlosen Tests für alle anderen Urlauber sowie absehbaren Massentests etwa unter Lehrern und Erziehern wird die Zahl der Corona-Tests vermutlich noch steigen. Damit „verlängern sich auch die durchschnittlichen Bearbeitungszeiten“, warnt das RKI. Wenn Testergebnisse lange brauchen, um vom Labor zum zuständige Gesundheitsamt und den Getesteten zu gelangen, erschwert das den Kampf gegen die Pandemie – etwa weil infizierte Reiserückkehrer in der Zwischenzeit andere Menschen angesteckt haben und die Gesundheitsämter nur verzögert auf örtliche Ausbrüche reagieren können.

Klagen über sehr spät übermittelte Corona-Testergebnisse häufen sich derzeit – etwa in bayerischen Testcentern, aber auch in Baden-Württemberg und dem Rest Deutschlands. „Wir kommen an unsere Grenzen“, hatte der Chef des Laborverbands ALM, Michael Müller, bereits vor einer Woche geklagt. Am Dienstag meldete der Verband bei Corona-Tests eine Laborauslastung von 75 Prozent. Laut RKI hatte sich in der vergangenen Woche ein Rückstau von mehr als 17 000 abzuarbeitenden Proben angesammelt. 41 Labore meldeten bei den notwendigen Reagenzien Lieferschwierigkeiten.

Kritik an Corona-Tests für alle

Der Laborverband empfiehlt, „medizinische Diagnostik nur dann einzusetzen, wenn daraus auch Handlungen und ein Nutzen abgeleitet werden können“ – eine relativ eindeutige Kritik etwa an den Gratistests für alle Reisende, auch wenn sie keine Symptome haben. „Wir bekommen doch nicht mehr Sicherheit allein dadurch, dass sich alle testen lassen können, wie sie wollen“, so der Verbandschef Müller.

Auch das Robert-Koch-Institut empfiehlt unter Verweis auf die nationale Corona-Teststrategie, „Testkapazitäten im Hinblick auf den angestrebten Erkenntnisgewinn zu priorisieren“. Die Formulierung ist sehr vorsichtig, die Aussage aber wiederum eindeutig: Wenn Testkapazitäten langsam knapp werden, sollen vor allem Personen mit Corona-Symptomen und ihre Kontakte getestet werden sowie Personal und Einwohner von Alters- und Pflegeheimen, Krankenhäusern und Gemeinschaftseinrichtungen.

Die Tests von Reisenden sind erst nachträglich in die Teststrategie aufgenommen worden, sie fließen auch nicht systematisch in die Erfassung der bundesweiten Testzahlen ein. Zudem erhöht das breite Testen auch von Reisenden ohne Symptome „erwartungsgemäß zu einem Anstieg der Fallzahlen, da zuvor unentdeckte Fälle detektiert werden“, so das RKI.