Unionsfraktionsvize Arnold Vaatz kritisiert Polizei und Politik. Foto: imago/Jens Jeske/imago stock&people

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Arnold Vaatz, sieht in dem Umgang von Politik und Polizei mit der jüngsten Demonstration gegen die Corona-Auflagen Parallelen zu DDR und NS-Zeit. Die SPD reagierte empört.

Berlin - Unionsfraktionsvize Arnold Vaatz sieht im Umgang von Politik und Polizei mit den Anti-Corona-Demonstrationen Parallelen zu DDR und NS-Zeit. Auch in der DDR habe es eine „dreiste Kleinrechnung der Teilnehmerzahlen“ gegeben, Demonstranten seien als „Rowdys“ diffamiert worden, schrieb Vaatz in einem am Donnerstag veröffentlichten Beitrag für das rechtskonservative Online-Portal „Tichys Einblick“. Die SPD nannte die Äußerungen „unhaltbar und absurd“. Generalsekretär Lars Klingbeil forderte die CDU auf, sich davon zu distanzieren.

Die Polizei hatte Teilnehmerzahlen der Anti-Corona-Kundgebung am Samstag in Berlin mit gut 20.000 angegeben. Unter den Demonstranten kursierende Zahlen von bis zu 1,3 Millionen Teilnehmern wies sie zurück. Vaatz schrieb wörtlich: „Die dreiste Kleinrechnung der Teilnehmerzahlen der Demo vom 1. August durch die Berliner Polizei entspricht in etwa dem Geschwätz von der ‚Zusammenrottung einiger weniger Rowdys’, mit der die DDR-Medien anfangs die Demonstrationen im Herbst 1989 kleinrechneten.“

Vizeregierungssprecherin verurteilt Kundgebung

„Von Monat zu Monat lernt man mehr von der DDR“, schrieb der aus Ostdeutschland stammende CDU-Politiker weiter. Vaatz sprach von einem „gefährlichen Versuch, die Straßen leerzukriegen“. Damit bezog er sich auf Mahnungen aus der Politik nach der Kundgebung am Samstag in Berlin, nicht an der Seite von Rechtsextremen zu demonstrieren. Vaatz schrieb, das sei „die Drohung, als Nazi diffamiert und damit gesellschaftlich ruiniert zu werden“.

Vizeregierungssprecherin Ulrike Demmer hatte die Berliner Kundgebung im Namen der Bundesregierung als „inakzeptabel“ verurteilt. Sie appellierte an Teilnehmer solcher Demonstrationen, sich nicht von Extremisten vereinnahmen zu lassen. 

Bei der Demonstration wurden die Auflagen bewusst missachtet: Der Mindestabstand wurde nicht eingehalten, kaum jemand trug eine Maske. Neben Corona-Leugnern und Impfgegnern waren auch viele Teilnehmer mit eindeutig rechtsgerichteten Fahnen oder T-Shirts in der Menge.

Die Unionsfraktion reagierte zurückhaltend auf Vaatz’ Äußerungen. Ein Sprecher distanzierte sich gegenüber AFP von dem Artikel: „Herr Vaatz hat in dem Meinungsbeitrag seine persönliche Auffassung als MdB geäußert - diese spiegelt nicht die Haltung der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag wider.“

Kevin Kühnert kritisiert Vaatz

Scharfe Kritik kam von Koalitionspartner. SPD-Generalsekretär Klingbeil sagte dem Nachrichtenportal „t-online“, es sei „eine neue Qualität“, dass aus der Spitze der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „mit Verschwörungstheorien auf rechten Blogs gegen unsere Polizei ausgeteilt wird“. Die CDU müsse sich „schnellstmöglich von Vaatz’ Aussagen distanzieren“. Polizisten leisteten „unter schwierigen Bedingungen eine wertvolle Arbeit für uns alle“, betonte Klingbeil.

SPD-Parteivize Kevin Kühnert sagte „t-online“, Vaatz falle „mit seinen kruden Äußerungen ja nicht zum ersten Mal auf“. Er fügte hinzu: „Die Union sollte gelernt haben, dass man niemanden aus dem Rechtspopulismus zurückholt, indem man dessen Methoden kopiert.“

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese nannte die Vorwürfe von Vaatz gegenüber der Polizei eine „Unverschämtheit“. Die Äußerungen des stellvertretenden Unionsfraktionschefs zeigten zudem, „dass er erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten nach rechts hat“. Er erwarte „umgehend eine Klarstellung von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion“ sowie eine Entschuldigung gegenüber der Polizei, erklärte Wiese in Berlin.