So sieht die Arbeit auf einem „Gurkenflieger“ Foto: dpa/Patrick Pleul

Nach einem Corona-Massenausbruch auf einem bayrischen Gemüse-Bauernhof und der Quarantäne für zunächst 480 Erntehelfer schließt Ministerpräsident Söder weitere Beschränkungen nicht aus.

München - Nach dem Massenausbruch von Covid-19 auf einem Bauernhof will Bayern die Kontrollen von Erntehelfern in ähnlichen Betrieben ausweiten. Die Höfe sollen auch in kürzeren Intervallen und mit unangemeldeten Kontrollen daraufhin überprüft werden, ob sie – anders als auf dem befallenen Bauernhof – die vorgeschriebenen Hygienekonzepte einhalten. Dies sagten Ministerpräsident Markus Söder und Gesundheitsministerin Melanie Huml am Montagvormittag bei einer Pressekonferenz in München.

Sie reagierten damit auf den Corona-Ausbruch im niederbayerischen Dorf Mamming. Dort war am Freitag – nachdem sieben Saisonarbeiter über Krankheitssymptome geklagt hatten – innerhalb weniger Stunden der gesamte Betrieb getestet und bereits am Samstag von der Außenwelt abgeriegelt worden. 174 Personen auf dem Hof waren positiv auf Corona getestet worden; 480 befinden sich nun hinter einem Sicherheitszaun in Quarantäne. Söder sprach von einem Ausbruch in einem „geschlossenen und leicht eingrenzbaren Bereich“. Ob ein weiterer Lockdown für die Gemeinde oder den gesamten Landkreis Dingolfing-Landau nötig sei, würden erst die Entwicklungen zeigen. Die Einwohner jedenfalls könnten sich kostenlos auf Corona testen lassen.

Angst vor Ferien-Heimkehrern

Für weitaus unübersichtlicher halten Söder und Huml die Rückkehrerwelle von Urlaubern am Ende der Sommerferien: „Einzelbetriebe können wir eingrenzen, Urlaubsrückkehrer nicht; je breiter gestreut, umso größer das Problem“, sagte Söder. Angesichts wieder wachsender Risiken in Spanien und im Nachbarland Österreich – aktuell am Wolfgangsee – müsse man schnell handeln, sagte Söder. Zum einen forderte er verpflichtende Tests auf den Flughäfen für Rückkehrer aus Risikogebieten; das, so sagte er, hätte im Gegenzug den Vorteil, dass sich solche Personen vielleicht die heute verpflichtende, aber für die Behörden kaum zu kontrollierende Quarantäne erleichtern könnten. Zum anderen will Bayern auch an den drei großen Autobahn-Grenzpunkten – Passau, Salzburg-Freilassing, Kiefersfelden-Kufstein – freiwillige und kostenlose Tests für Heimkehrer anbieten. Dies gelte nicht nur für bayerische Bürger, sagte Söder – der auch an den großen Bahnhöfen wie München und Nürnberg solche Kapazitäten aufbauen will.

Söder mahnte ferner zu Vorsicht und „Eigenverantwortung“ etwa bei Familienfesten und anderen privaten Treffs; anders als im ÖPNV und in den Geschäften habe sich dort die Corona-Gefahr als „relativ hoch“ herausgestellt. Im übrigen, so Söder, „bleibt immer die Kernfrage: Warum muss man in Risikogebiete fahren, wenn man daheim in Sicherheit urlauben könnte?“

Infektionsrisiko Gemüseernte

Die Situation auf dem Bauernhof in Mamming bezeichnete Ministerin Huml als „sehr beunruhigend“; es sei dort auch gegen die mit den Behörden vereinbarten Hygienekonzepte verstoßen worden. So haben sich offenbar die Gruppen von jeweils 25 Mann, die sich eigentlich getrennt voneinander halten sollten, wenigstens nach der Arbeit doch wieder gemischt. Ähnlich wie die Arbeiter in Schlachtbetrieben leben sie während der Erntezeit auch sehr beengt in Containern mit gemeinsam zu benutzenden Nasszellen.

Aber auch die spezielle Tätigkeit in Mamming stellt für die tausenden Erntehelfer aus Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der Ukraine ein hohes Infektionsrisiko dar: Anders als beim Spargelstechen, wo sich die Arbeiter mehr oder weniger frei übers Feld verteilen können, rollen bei der niederbayerischen Gemüseernte die Helfer dicht an dicht auf den Auslegern schwerer Traktoren über den Acker. Durchaus acht bis zehn Personen liegen in diesen „Gurkenfliegern“ über Stunden nebeneinander auf dem Bauch und und pflücken jede kleine Gurke einzeln. Diese werden dann zu Essiggurken verarbeitet. Und Niederbayern ist eines der größten Anbaugebiete in Europa.

Ministerin Huml sagte, laut Mamminger Hygienekonzept hätten immer dieselben Personen in immer derselben Reihenfolge auf dem Flieger liegen sollen, um die Nachverfolgung von möglichen Infektionen zu erleichtern: „Aber wir sind halt auch nicht jede Stunde und jede Minute in diesem Betrieb...“