Corona im Alters- oder Pflegeheim ist oft eine Katastrophe für die Bewohner. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Insgesamt stagniert die Zahl der bestätigten Corona-Neuinfektionen. Bei den Über-80-Jährigen steigt sie aber ungebremst weiter. Etliche der Infizierten werden wahrscheinlich sterben.

Stuttgart - Der Tod kündigt sich in einer unscheinbaren Kurve an. Sie ist dunkelgrün und eigentlich eher eine Gerade – eine, die seit Wochen steil ansteigt. In seinem aktuellen Corona-Lagebericht zeigt das Landesgesundheitsamt, wie sich die Pandemie unter verschiedenen Altersgruppen in Baden-Württemberg seit März ausgebreitet hat. Die dunkelgrüne Kurve zeigt, wie hoch der Anteil der Infizierten unter den Über-80-Jährigen ist. Sie ist mittlerweile stärker in die Höhe gewachsen als alle anderen.

Schon im März und April schießt sie nach oben, schlägt weitaus stärker aus als alle anderen Farben, die jüngere Altersgruppen repräsentieren. Von 100 000 Über-80-Jährigen im Land hatten sich damals rechnerisch rund 150 neu angesteckt – pro Woche. Der Wert lag liegt viel höher als die der 40- bis 59-Jährigen, die das Virus aus Ischgl oder Südtirol oder anderen Skigebieten nach Baden-Württemberg getragen hatten. Vor den Alters- und Pflegeheimen machte Corona schon damals keinen Halt.

Neuer Höchstwert bei Infektionen

Mittlerweile sind die Über-80-Jährigen wieder die am stärksten betroffene Altersgruppe in Baden-Württemberg. Die Ansteckungsrate liegt sogar noch deutlich über den 150 vom Frühjahr, zuletzt waren pro Woche von 100 000 Älteren rund 200 neu als infiziert gemeldet. Seit dieser Woche liegt ihre dunkelgrüne Kurve sogar über der hellblauen Linie der 20- bis 39-Jährigen. Deutschlandweit ist es kaum anders, wie am Dienstag das Robert-Koch-Institut meldete. Auch in anderen Bundesländern sind zunehmend ältere Menschen mit dem Coronavirus infiziert.

Was das konkret bedeutet, zeigt die Statistik der an und mit Covid-19 Verstorbenen. Während die Zahl der bestätigten Neuinfektionen nicht weiter steigt, nimmt die Zahl der Todesfälle beständig zu. Diese Woche wurde der Höchstwert vom Frühjahr übertroffen – so wie es vor einigen Wochen auch bei den Infizierten der Fall war.

Covid-19 führt bei Älteren wesentlich häufiger zu schweren Verläufen als unter jüngeren Patienten. 1740 der seit Ausbruch der Pandemie gezählten 2625 an und mit Covid-19 Verstorbenen im Land waren 80 Jahre oder älter – ein Anteil von zwei Dritteln. Das war schon im Frühjahr so, als das Virus auch in die Alten- und Pflegeheime getragen wurde. Und das ist jetzt wieder so: Seit Mitte Oktober werden vermehrt Corona-Ausbrüche in Pflegeheimen vermeldet. Ob in Stuttgart, Bammental, Laichingen, Mannheim oder Marxzell: Stets stecken sich zum größten Teil jene an, die besonders gefährdet sind.

Wie mit der Lage umzugehen ist, bleibt umstritten. Heime für Besucher zu schließen und damit eine Vereinsamung der Bewohner in Kauf zu nehmen, wie es im Frühjahr geschehen ist, sei „eine Umdrehung zu viel“ gewesen, sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann Anfang November.

Allerdings scheint ein wirksamer Schutz für die Bewohner angesichts der Zahlen weiterhin nicht gewährleistet. Insbesondere die Hoffnung auf den Einsatz von Schnelltests hat sich bislang noch nicht erfüllt. In Baden-Württemberg, aber auch bundesweit kommen die Corona-Schnelltests nur mit großer Verzögerung in den Heimen an. Solche Tests sollen helfen, Infizierte und damit auch das Virus draußen zu halten.

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