Nicht nur im Freibad war während des Corona-Sommers vieles anders. Foto: 7aktuell.de/Oskar Eyb

In Baden-Württemberg werden derzeit achtmal so viele Corona-Infektionen gezählt wie noch im Juli. Im Corona-Sommer werden viel Infektionen aus dem Ausland mitgebracht. Welche Rolle spielte dabei der Ferienbeginn? Und wie geht es jetzt weiter?

Stuttgart - Die Sommerferien sind vorbei und damit ein weiterer Abschnitt im Verlauf der Corona-Pandemie. In der Ferienzeit ist die Zahl der erkannten Infektionen deutlich angestiegen, nicht aber die der Verstorbenen – und dann war es auch noch wichtig, wo sich die Infizierten angesteckt haben. Zeit für eine Sommerferien-Bilanz in Sachen Coronavirus.

Als Anfang Juli die ersten Bundesländer in die Sommerferien gingen, wurden bundesweit Tag für Tag knapp 400 neue Infektionen registriert, darunter um die 30 in Baden-Württemberg. Am Ende der Feriensaison werden in Deutschland pro Tag im Schnitt 1400 Infektionen entdeckt, das ist mehr als dreimal so viel wie im Juli. In Baden-Württemberg waren es zuletzt rund 250, also das Achtfache der Juliwerte.

Wie sich die Zahl der registrierten Infektionen seit Beginn der Pandemie in Deutschland und Baden-Württemberg entwickelt hat, zeigt das folgende Schaubild. Zur besseren Vergleichbarkeit wird die Zahl der neu erkannten Infektionen je 100 000 Einwohner dargestellt.

Seit Mitte August steigen die Zahlen in Baden-Württemberg stärker als im Bundesschnitt. Die Vermutung liegt nahe, dass dies mit den spät beginnenden Sommerferien zu tun hat.

Ferienbeginn spielt eine wichtige Rolle

Das folgende Schaubild zeigt, dass etwa seit diesem Zeitpunkt in Bundesländern mit spätem Ferienbeginn mehr Infizierte registriert werden als im Rest Deutschlands. Die Ländergruppen stellen jeweils ziemlich exakt die Hälfte der deutschen Bevölkerung, daher lassen sie sich gut miteinander vergleichen.

In den Ländern mit frühem Ferienbeginn war im Sommer der Höhepunkt des Infektionsgeschehens Mitte August erreicht, in den übrigen scheint er frühestens jetzt zu beobachten zu sein – in der vergangenen Woche kamen nochmals deutlich mehr Neuinfizierte hinzu, etwa 800 pro Tag.

Corona im Gepäck

Eine wichtige Erkenntnis des Corona-Sommers ist, dass das Infektionsgeschehen im Inland etwas anderes ist als die Ansteckungen im Ausland. Dies zeigte sich im teilweise sehr hohen Anteil von infizierten Reiserückkehrern. Bundesweit waren im Sommer an die 50 Prozent aller hierzulande registrierten Covid-19-Erkrankungen auf Ansteckungen im Ausland zurückzuführen. In Baden-Württemberg betrug der Anteil Ende August gar 70 Prozent.

Mittlerweile sinkt der Anteil der Infizierten, die sich mutmaßlich im Ausland angesteckt haben – eine Folge der zurückgehenden Reisetätigkeit. In Baden-Württemberg beträgt der Anteil derzeit allerdings weiterhin rund 50 Prozent. Auch das ist eine Folge des späten Ferienbeginns: erst jetzt kehren die letzten Reisenden mit Kindern zurück, ihre Testergebnisse sind teilweise noch gar nicht in die Statistik eingeflossen.

Wo sich die Menschen angesteckt haben

In Baden-Württemberg haben sich die meisten nachweislich infizierten Einreisenden (bislang jeweils mehr als 1000) im Kosovo und in Kroatien angesteckt, auf Platz drei liegt die Türkei (mehr als 400). In diesen Ländern ist das Infektionsrisiko größer als hierzulande, ebenso gibt es vielfältige Anlässe, sich anzustecken – etwa bei Familienzusammenkünften oder auf Partys.

Auch im Bundesvergleich liegen der Kosovo, Kroatien und die Türkei auf den vorderen Plätzen der sogenannten Expositionsländer – also der Länder, in denen hierzulande erkannte Corona-Infektionen mutmaßlich stattgefunden haben:

Der Sommer war auch geprägt von der sich mehrfach ändernden Einstufung bestimmter Teile Europas in Corona-Risikogebiete – einschließlich Quarantäne- und Testpflicht für Reisende aus diesen Ländern. Solche verpflichtenden Tests und ebenso die Gratistests für Reisende aus allen anderen Ländern waren ein Grund für die hohe Zahl der erkannten Infektionen. So ist die Zahl der Corona-Tests in Deutschland während der Ferienzeit auf mehr als eine Million Tests pro Woche angestiegen.

Eine gute Nachricht: pro Test findet man mittlerweile weniger Infektionen. Die sogenannte Positivenquote liegt nach einem zwischenzeitlichen Anstieg zu Beginn der Ferienperiode derzeit bei 0,75. Das deutet einerseits an, dass genug getestet wird, um einen Großteil der ansteckenden Corona-Infizierten zu identifizieren. Zum anderen signalisiert eine stabile bis sinkende Positivenquote, dass sich das Virus derzeit nicht stark ausbreitet.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Sommerzeit war also geprägt von einer zwischenzeitlich ansteigenden Zahl registrierter Neuinfektionen, unter denen viele Reiserückkehrer waren. In Ländern mit spätem Ferienbeginn wie Baden-Württemberg und Bayern kam diese Entwicklung verzögert an. Nun wird sich zeigen, ob die Werte wie in anderen Bundesländern ebenfalls stabil bleiben oder sogar wieder sinken. Spannend wird auch die Frage, ob nicht an die Schulferien gebundene Urlauber diese Entwicklung verzögern. Als Süddeutschland im März wegen zahlreicher infizierter Reiserückkehrer zum bundesweiten Corona-Hotspot avancierte, waren daran weniger Reisende mit schulpflichtigen Kindern beteiligt als vielmehr ältere Urlauber, die nach den Faschingsferien zum Skifahren nach Südtirol und Tirol verreisten.

Damals stieg infolge der Infektionen auch die Zahl der Verstorbenen rasch an – vor allem bei älteren Patienten nimmt Covid-19 einen oft schweren Verlauf. Zuletzt wurden in Baden-Württemberg und Deutschland so gut wie keine Todesfälle gemeldet, die im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion stehen. Ältere Menschen sind mittlerweile besser geschützt und die Infektionen im Sommer traten schwerpunktmäßig unter jungen Erwachsenen sowie bei Familien auf, typischerweise unter jungen Erwachsenen im Partyurlaub und bei Reisen zu Verwandten.

Mit dem Ende der Ferien wird sich auch das ändern. Ob nun die Zeit der Corona-Infektionen und Schulen und Kitas beginnt, zeigen die nächsten Wochen. Eine generelle Maskenpflicht und ein Abstandsgebot gibt es nicht, Baden-Württemberg setzt stattdessen auf andere Maßnahmen.