Gesundheitsminister Manfred Lucha ist äußerst besorgt. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Die Zahl der Coronapatienten in den Kliniken im Land steigt. Auch die Sieben-Tage-Inzidenz erreicht neue Höhen. Der Gesundheitsminister schlägt Alarm.

Stuttgart - Um der weiter steigenden Intensivbettenbelegung und der zunehmenden Corona-Neuinfektionen Herr zu werden, setzt die Landesregierung erneut auf eine Ausweitung der mobilen Impfteams. Die Zahl der Teams soll auf 155 erhöht und in jedem Stadt- und Landkreis ein „Impfstützpunkt“ eingerichtet werden, wie eine Sprecherin des Staatsministeriums am Donnerstag in Stuttgart mitteilte.

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Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) teilte mit, es stünden schwierige Wochen bevor. Die vierte Welle treffe vor allem die Nicht-Geimpften mit voller Wucht. „Deshalb appelliere ich noch einmal eindrücklich an alle Menschen in Baden-Württemberg, sich gegen das Virus impfen zu lassen“, so Kretschmann. Impfen sei der Weg aus der Pandemie.

Die Landesregierung erhofft sich durch das Impfen auch eine Entlastung der Kliniken. Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) teilte mit, die Lage in den Kliniken sei angespannt, das Pflegepersonal am Limit. Setze sich der derzeitige Trend mit dieser Geschwindigkeit fort, müsse man Patientinnen und Patienten bald in andere Bundesländer oder sogar ins Ausland verlegen.

Federle fordert mehr Impfteams

Die „Impfstützpunkte“ in den Kreisen seien effektiver und schneller umsetzbar als große dezentrale Impfzentren, sagte Lucha. Gerade für ältere Menschen seien die Wege dadurch kürzer. An den Stützpunkten sollen täglich jeweils bis zu 130 Impfungen möglich sein. In Summe rechnet die Landesregierung auf diese Weise mit bis zu 23 000 Impfungen am Tag, die zusätzlich zu den niedergelassenen Ärzten möglich sein sollen. Zuletzt hatte die Regierung die Zahl der mobilen Impfteams auf bis zu 130 aufgestockt.

Die Tübinger Notärztin Lisa Federle hatte zuvor bereits einen massiven Ausbau mobiler Impfteams gefordert. „Die vom Land geplanten 130 reichen in der jetzigen Situation keinesfalls aus“, sagte Federle. Notfalls könnten auch die Impfzentren wieder hochgefahren werden. „Dies ist aber so schnell nicht machbar“, erklärte Federle. Viele Menschen versuchen derzeit, sich bei mobilen Impfteams gegen Corona impfen zu lassen. Die Kapazitäten reichen aber nach Auskunft von Federle nicht aus.

Zugleich spüren auch die Hausärzte eine steigende Nachfrage nach Corona-Impfungen. In einzelnen Region spitze sich die Lage zu, teilte ein Sprecher des Hausärzteverbands Baden-Württemberg am Donnerstag auf Anfrage mit. Dort wären mobile Impfteams und Impfaktionen sehr hilfreich, so der Sprecher.

KVBW begrüßt die Maßnahmen

Auf Zuspruch traf das Vorhaben der Regierung bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) sowie Vertretern von Städte- und Gemeindetag. Der KVBW-Vorstandsvorsitzende Norbert Metke teilte mit, die niedergelassenen Haus- und Fachärzte seien enorm gefordert. Man brauche aktuell alle Impfkapazitäten. Deshalb begrüße man die Maßnahmen der Landesregierung.

Der Präsident des Städtetags, Peter Kurz, betonte, eine deutliche Aufstockung der Impfangebote sei jetzt nicht nur wichtig, sondern auch sehr dringend. Die niederschwelligen Angebote vor Ort würden nach wie vor am besten angenommen. Aus Sicht von Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags, seien nun wenig Bürokratie und eine gezielte Finanzierung entscheidend für das Gelingen.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden in den vergangenen Wochen bereits rund 350 000 Auffrischimpfungen bei Menschen in Pflegeheimen, Über-70-Jährigen und anderen gefährdeten Gruppen durchgeführt.