Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). (Archivbild) Foto: LICHTGUT/Leif Piechowski

Nach rund acht Wochen soll Schluss sein mit Schulschließungen: Ministerin Eisenmann will auch weiterführende Schulen schrittweise öffnen. Indes stellt sich die Frage, wie Schüler nach dem ganzen Fernunterricht ihren früheren Leistungen wieder nahekommen können.

Stuttgart - Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann will den wochenlangen Corona-Lockdown an weiterführenden Schulen im Land bald beenden - trotz der steigenden Infektionszahlen. „Für die Schulen sollten wir uns zutrauen, ab 8. März die nächsten Schritte zu gehen. Und zwar in den Grundschulen, aber auch in den weiterführenden Schulen“, sagte die CDU-Politikerin dem „Mannheimer Morgen“ am Wochenende. Eine umfassende Teststrategie mache auch hier schrittweise Öffnungen mit reduzierten Schülerzahlen im Schulgebäude möglich.

Aktuelle Meldungen zur Coronapandemie in unserem Newsblog

Eisenmann verwies auf die nächste Bund-Länder-Runde zur Corona-Politik am kommenden Mittwoch: „Wenn da Kontaktbeschränkungen gelockert werden, ergeben sich daraus neue Handlungsoptionen.“ Der grüne Koalitionspartner warnte wegen der wieder steigenden Infektionszahlen vor einer zu weitgehenden Öffnung.

Eisenmann setzt auf Lockerungen in Bund-Länder-Konferenz

Eisenmann, die auch CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl ist, sagte dem „Mannheimer Morgen“, in den Grundschulen müsse es mit Hilfe von Schnelltests „baldmöglichst“ wieder nur Präsenzunterricht geben. Seit vergangenem Montag ist in den Grundschulen wieder abwechselnd Präsenz- und Fernunterricht möglich. Die Ministerin sagte zudem: „Wir wollen auch an den weiterführenden Schulen mit Wechselunterricht einsteigen.“ Auch da wollten die Schülerinnen und Schüler und die Eltern eine Perspektive. „Nichts ist so gut wie Präsenzunterricht.“

Ihr Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur, bei der Rückkehr wolle man sich an dem Wechsel-Konzept orientieren, dass nach dem ersten Lockdown im vergangenen Frühsommer angewandt wurde. Demnach dürfte höchstens die Hälfte der Schülerinnen und Schüler gleichzeitig ins Schulgebäude. Es sei wahrscheinlich, dass zunächst die Klassen 5 und 6 zurückkehren könnten. Im Gymnasium etwa müssten Unterstufe und Mittelstufe gedrittelt werden und im Drei-Wochen-Rhythmus wechseln, weil auch die Abschlussklassen bereits wieder Präsenzunterricht haben. An anderen weiterführenden Schulen ohne Oberstufe sei das eher im Zwei-Wochen-Rhythmus möglich.

Grüne fragen: Wie lief Öffnung der Grundschulen?

Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz reagierte reserviert auf Eisenmanns Vorstoß. „Wir müssen es von den Infektionszahlen abhängig machen“, sagte er der dpa. Er erwarte von Eisenmann, dass sie in der kommenden Woche einen Bericht vorlege, wie die Öffnung in den Grundschulen seit vergangenem Montag gelaufen ist und wie sich die Infektionslage entwickelt hat. Zudem verlangte er ein genaues Konzept, wie die Schulen stufenweise wieder öffnen könnten.

Eisenmann sagte, der Lockdown sei notwendig gewesen. „Dazu stehe ich. Aber klar ist, dass wir jetzt bei den stabilen Werten und den neuen Testmöglichkeiten schrittweise öffnen können. Natürlich mit Auflagen.“ Die Politikerin ergänzte: „Man muss aber abgewogen und vorsichtig vorgehen. Es wäre eine blanke Katastrophe, wenn wir jetzt öffnen und in ein paar Wochen wieder schließen müssten. Auch wer auf Sicht fährt, fährt ja.“

Wie sollen die Lernlücken geschlossen werden?

Indes nimmt die Diskussion an Fahrt auf, wie Schülerinnen und Schüler ihre Lernlücken durch den Fernunterricht wieder aufholen können. Grünen-Fraktionschef Schwarz forderte Eisenmann auf, rasch Angebote zu machen. SPD-Spitzenkandidat Andreas Stoch schlug einen „Schutzschirm“ für Schülerinnen und Schüler vor. In dem Maßnahmenpaket sind 1000 neue Lehrerinnen und Lehrer sowie 10 000 Unterstützer wie pädagogische Assistenten und Schulsozialarbeiter, aber auch Ehrenamtliche vorgesehen.

Eisenmann sagte der Zeitung: „Wir bieten Schülern eine freiwillige Wiederholung an, ohne das als Sitzenbleiben zu werten. Die Lehrpläne wurden deutlich entrümpelt und die Prüfungen nach hinten verschoben und verändert.“ Sie ergänzte: „Wir prüfen, in den Pfingstferien wieder die freiwilligen Lernbrückenkurse für Schüler, die entstandenen Wissenslücken schließen wollen, anzubieten. 61 500 Schüler haben dieses Angebot im vergangenen Sommer genutzt und waren sehr zufrieden. Das wollen wir in diesen Sommerferien noch ausweiten.“

SPD fordert höhere Investitionen in Nachhilfe

Ex-Kultusminister Stoch sagte der dpa: „Ich habe das Gefühl, dass unsere Kinder bei dieser Krise wieder und wieder vergessen werden.“ Der SPD-Partei- und Fraktionschef erklärte, Eltern machten sich Sorgen, ob ihre Kinder zu wenig Unterricht hatten und vielleicht den Anschluss verloren haben. Zunächst gelte es mit Lernstandserhebungen zu ermitteln, wo die Schüler jeweils stehen, und sie danach individuell zu fördern. Eisenmanns Sprecher sagte dazu, es werde auf jeden Fall wieder Lernstandserhebungen geben.

Stoch plädiert dafür, dass es in jeder Schule Lehrkräfte geben sollte, die als Coach arbeiten und bestimmte Schüler betreuen. Sogenannte Stunden sollten für individuelle oder gruppenbezogene Fördermaßnahmen wie etwa Lernwerkstätten genutzt werden. Er plädierte zudem dafür, 10 000 Unterstützer in die Schulen zu holen, um die Lücken der Kinder und Jugendlichen aufzuholen. Der Ex-Minister will neben 1000 zusätzlichen Lehrerstellen auch deutlich mehr Pädagogische Assistentinnen und Assistenten - ein bis zwei Stellen je nach Schulgröße. Auch die Schulsozialarbeit soll ausgebaut werden. Zudem soll es mehr Lernpartnerschaften mit Ehrenamtlichen geben.