Die Maske wird ein Alltagsbegleiter bleiben. Trotz sinkender Zahlen ist ein Ende der Pandemie noch nicht abzusehen, warnt der Leiter des Gesundheitsamts. Foto: Giacinto Carlucci

Die Inzidenz sinkt auch im Landkreis Göppingen kontinuierlich und vielerorten gibt es Lockerungen. Das bedeute aber nicht das Ende der Pandemie, sagen Mediziner.

Kreis Göppingen - Das Robert-Koch-Institut hat die Gefahrenlage für Deutschland herabgestuft. Die Sieben-Tage-Inzidenz im Kreis fiel am Mittwoch auf unter 20, die Zahl der Neuinfizierten bewegt sich auf einem niedrigen Niveau. Überall wird gelockert, die Menschen genießen den Sommer und die zurückgewonnenen Freiheiten. Steuern wir dem Ende der Coronazeit entgegen? Leider nicht, macht Heinz Pöhler, Leiter des Göppinger Gesundheitsamts, deutlich: „Das Ende der Pandemie ist noch nicht abzusehen.“

Das Virus werde im Landkreis immer wieder nachgewiesen, obwohl keine Infektionsquelle bekannt ist. Das bedeutet: Das Virus zirkuliert unerkannt in der Bevölkerung und kann sich weiterverbreiten. Bei der momentanen Impfquote wurde zudem noch keine Herdenimmunität erreicht, betont Pöhler, sodass auch von dieser Seite kein sicherer Schutz besteht. Der Chef des Gesundheitsamts warnt: „Wenn wir das Virus nicht mehr ernst nehmen, die AHA-Regeln nicht mehr einhalten und leichtsinnig werden, wird sich die Lage wieder verschlechtern.“ Vorsicht laute das Zauberwort, zumal in kurzer Zeit viel gelockert wurde.

Mediziner warnen vor Mutationen

Pöhler verweist auf das „hohe Risiko“, dass sich weitere Mutationen entwickeln und verbreiten: „Innerhalb von acht Wochen hat die britische Mutante den Landkreis Göppingen erreicht und sich dort ausgebreitet, sodass sie hier momentan dominiert. Andere entstandene Mutationen haben das Potenzial, infektiöser oder gefährlicher zu sein.“ Die in Indien zuerst nachgewiesene Mutation mache in England bereits 61 Prozent der Fälle aus und habe sich dort in wenigen Wochen zur vorherrschenden Variante entwickelt. Diese Variante sei wesentlich infektiöser und bei einer Infektion die Wahrscheinlichkeit einer Krankenhausbehandlung um das 2,6-fache erhöht. „Wir haben allen Grund, weiterhin wachsam zu sein“, appelliert Pöhler. Es bestehe zudem die Gefahr, dass sich eine Mutation entwickelt, gegen die die gängigen Impfungen nur vermindert wirksam sind. „Dies würde einen enormen Rückschlag im Kampf gegen die Pandemie bedeuten.“

Und wie wird der Sommer? Hier sei die große Frage, wie sich die Lockerungen und die Öffnungen der Schulen auswirken, sagt Pöhler. „Wenn hier keine gravierenden Anstiege zu beobachten sind, können wir auf einen guten Sommer hoffen.“ Das Risiko steige dann wieder nach den Ferien, wenn viele Urlauber aus dem Ausland zurückkommen. Pöhler ist sich sicher: „Eine vierte Welle wird kommen, die Frage ist nur, wie stark diese sein wird.“ Das Gesundheitsamt geht davon aus, dass das Coronavirus hier heimisch wird. Die Konsequenz: Die Hygieneregeln werden auch zukünftig in vielen Bereichen des Alltags Routine sein.

Eingeschränkte Besuchsregeln gelten weiterhin

In den Alb-Fils-Kliniken stellt man allmählich wieder auf Normalbetrieb um. „Unsere stationären und ambulanten Leistungen werden der aktuellen Lage angepasst sukzessive hochgefahren. Die eingeschränkten Besuchsregeln bestehen nach wie vor“, sagt der Medizinische Geschäftsführer Ingo Hüttner. Nach einem Rückgang in der vergangenen Woche stagniere jetzt die Zahl der stationären Covid-Patienten auf einem vergleichsweise hohen Niveau. „Wir hoffen, dass die Zahlen sich bald wieder rückläufig entwickeln“, so Hüttner. Der aktuelle Altersdurchschnitt der stationär behandelten Covid-Patienten in den Alb-Fils-Kliniken liege bei 59 Jahren.

Auch der Klinikchef sieht das Risiko eines erneuten Anstiegs – vor allem mit Blick auf die Wiedereröffnung von Schulen und Kitas und die gelockerten Kontaktbeschränkungen. Wie sich die Corona-Lage weiter entwickelt, sei schwer absehbar, meint Hüttner. „Wir hoffen auf einen Sommer mit rückläufigen Infektionen und einem Ausbleiben einer erneuten Welle.“