Eine medizinische Fachkraft hält ein leeres Röhrchen für den Abstrich beim Corona-Test. Foto: 7aktuell.de/Marc Gruber

Der Kultusministerin geht die geplante Test-Strategie von Gesundheitsminister Lucha nicht weit genug. Der setzt auf ein „Monitoring“ in nur wenigen Stadt- und Landkreisen.

Stuttgart - Kultusministerin Susanne Eisenmann dringt auf deutlich mehr Corona-Tests, als dies ihr Grünen-Kollege vom Gesundheitsressort, Manfred Lucha, in seinem Entwurf für eine neue Teststrategie vorsieht. Die CDU-Politikerin trägt deshalb dessen Vorlage für die Ministerratssitzung an diesem Dienstag nicht mit, sondern will das Thema zunächst in der Koalitionsspitze erörtern.

„Wenn wir die Schulen und Kitas wieder vollständig öffnen, müssen wir diesen Schritt auch mit einem Testkonzept begleiten“, erklärte sie gegenüber unserer Zeitung: „Wir hatten und haben die klare Erwartung, dass eine Strategie vorgelegt wird, die allen Lehrkräften sowie Erzieherinnen und Erziehern freiwillige Testmöglichkeiten anbietet.“

Die von Lucha vorgelegten Pläne als Strategie für das Land zu bezeichnen, sei „fragwürdig“. Denn lediglich acht von 44 Stadt- und Landkreisen sowie eine begrenzte Anzahl an Personen sollten in die Testungen einbezogen werden. Auch der Testbeginn ab 1. Oktober sei inakzeptabel, da Ende Juni bereits mit dem Regelbetrieb an Kitas und Grundschulen begonnen werden soll. Eisenmann: „Aus diesen Gründen können wir den Plänen des Gesundheitsministeriums nicht zustimmen.“

Verweis auf Sachsen

In seiner Weiterentwicklung der Teststrategie vom April sieht Lucha ein abgestuftes „Monitoring“ des Infektionsgeschehens bei bestimmten Personengruppen vor. So soll zum Beispiel wöchentlich eine bestimmte Anzahl von Proben von Kindern und Personal aus Kitas, Grundschulen und weiterführenden Schulen genommen werden. Die Testungen sind allerdings auf jeweils zwei Stadt- und Landkreise in jedem der vier Regierungspräsidien begrenzt.

Diesen Rahmen sieht der Entwurf zur neuen Teststrategie auch für das medizinische und pflegerische Personal vor. Außerdem sollen anonyme Patientendaten von Arztpraxen und Kliniken ausgewertet werden, um das Bild der Corona-Belastung des Landes zu vervollständigen. Dieses sogenannte Sentinel-Verfahren gelte als zuverlässiges Frühwarnsystem, heißt es.

Eisenmann geht das alles jedoch nicht weit genug. „Baden-Württemberg würde mit einem solchen Vorhaben weit hinter echten Teststrategien anderer Länder zurückbleiben“, hält sie dagegen. Sachsen etwa biete seit Anfang Juni flächendeckende Tests für Schulen auf freiwilliger Basis an. Dort könnten Lehrkräfte, die im Präsenzunterricht tätig sind, die Testungen im Wochenrhythmus wiederholen. Auch weitere Länder verfolgten ähnliche Pläne oder bereiteten sich derzeit darauf vor. „Dass Baden-Württemberg statt einer Teststrategie lediglich auf ein Monitoring mit 500 Tests pro Kreis und Woche setzen möchte, halten wir für nicht vermittelbar“, so die CDU-Ministerin.

Grüne: Unkalkulierbare Kosten

Aufseiten der Grünen verweist man jedoch auf die begrenzte Zahl der Laborkapazität – diese beläuft sich derzeit laut Sozialministerium auf 20 100 Tests pro Tag beziehungsweise 120 000 pro Woche – sowie auf die unkalkulierbaren Kosten. Immerhin könnten rund 130 000 Lehrkräfte und 90 000 Erzieher das Recht auf Testung in Anspruch nehmen. Zwar hat der Bund den Krankenkassen auferlegt, einen Teil der Kosten auch für Menschen ohne Corona-Symptome zu übernehmen. Doch bliebe ein Teil am Land hängen.

Eisenmann pocht dennoch auf ein großzügiges Vorgehen: „Ich muss mich hier auch schützend vor die Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher stellen“, sagte sie. Neben dem medizinischen gehe es auch um das psychologische Moment: „Die Tests sollen auch dazu dienen, dass die Betroffenen sich sicherer fühlen. Das ist auch eine berechtigte Forderung der Lehrerverbände.“ Der Koalitionspartner hält dem wiederum entgegen, warum dann nicht auch andere gefährdete Berufsgruppen in den Genuss von Tests kommen könnten, so etwa Kräfte an der Supermarktkasse.