In China gibt es landesweit fast 64 000 Corona-Fälle. Foto: dpa/Xiao Yijiu

Zahlen deuten laut Experten daraufhin, dass die Situation mit dem neuen Coronavirus vergleichbar mit einer Grippewelle ist. In Berlin gaben mehrere Wissenschaftler ihre Einschätzung ab und erklärten, warum sie die chinesische Sterberate für vollkommen falsch halten.

Berlin Die Zahl der bestätigten Ansteckungen mit dem Coronavirus ist erneut gestiegen. Das geht aus jüngsten Zahlen aus China hervor. Nach Angaben des Staatsfernsehen gebe landesweit fast 64 000 Fälle und inzwischen fast 1400 Tote zu beklagen. Außerhalb Chinas sind die Zahlen bislang vergleichsweise gering. Am Donnerstagabend sprachen Wissenschaftler in Berlin anlässlich einer Pressekonferenz von rund 500 Fällen außerhalb der Volksrepublik und von 16 in Deutschland. -

Wie kommen die unterschiedlichen Sterberaten zustande?

Christian Drosten, der Direktor des Instituts für Virologie an der Charité, hält die Zahlen für vergleichbar mit denen einer normalen Grippewelle. Außerhalb Chinas liege die Sterberate bei 0,2 Prozent, erklärte der Experte. Von den rund 500 Infizierten starb eine Person. Die Zahlen aus der Volksrepublik selbst sind dagegen mit rund zwei Prozent Toten deutlich höher. Woran liegt das? Drosten führt dies auf die Überlastung des Meldesystems dort zurück. „Ich glaube das ist eine vollkommen falsche Einschätzung“, erklärte er. Menschen, die nur einen leichten Verlauf der Krankheit haben, landen vermutlich weniger schnell in dem System. Dadurch komme es zu einer Verzerrung.

Symptome sind „grippeähnlich“

Der Infektionsexperte Clemens Wendtner, der in München-Schwabing acht der deutschen Corona-Patienten behandelt, berichtet – mit einer Ausnahme – von „milden“ Verläufen der Krankheit bei seinen Patienten. Sie hatten sich bei einer Geschäftsreise in China angesteckt. Die Symptome seien „grippeähnlich“, die Betroffenen hätten Husten und leichtes Fieber. Ein Patient habe eine Lungenentzündung, sei aber bereits auf dem Weg der Besserung. Bei einer Grippe werden die Viren über Tröpfchen übertragen. Christian Drosten vermutet, dass dies auch beim Coronavirus der Fall sei. Wissenschaftlich bewiesen sei das aber noch nicht.

Skeptisch sind die Fachleute gegenüber vorschnellen Vergleichen des neuen Virus mit dem 2002 aufgetretenen Sars-Virus. In den vergangenen Wochen wurden immer wieder solche Parallelen gezogen. Doch während die Viren bei Sars in der Lunge angesiedelt sind, breite sich der Coronavirus schon im Rachenraum aus. Damit sind die Ansteckungswege des neuen Virus deutlich kürzer.

Von Pandemie kann nicht die Rede sein

Die Experten bewerteten auch die derzeitige Gesamtsituation. Von einer Pandemie, also einer sich über Länder und Kontinente massiv ausgebreiteten Infektionskrankheit, könne noch nicht die Rede sein, erklärte Lothar Wieler, der Präsident des Robert Koch-Instituts. Es gebe die Chance, das daraus auch keine werde. Er macht aber deutlich: „Wir sind momentan nicht in der Lage, die Dynamik des Ausbruchs zu prognostizieren.“ Was aus Sicht Wielers allerdings eindeutig ist: Außerhalb Chinas befinde man sich in der sogenannten Eindämmungsphase. Es gehe darum, lang anhaltende Infektionsketten in der Bevölkerung zu verhindern. „Wir haben die Hoffnung das uns das gelingt, können es aber natürlich nicht versprechen“, erklärte er.