BW-Bank-Vorstand Rosenfeld: Viele Firmen haben aus der Finanzkrise gelernt, aber ein monatelanger Stillstand wäre nicht durchzuhalten. Foto: LBBW

Vielen Firmen brechen angesichts der Coronakrise schlagartig die Einnahmen weg. Welche Rolle die BW-Bank bei der Rettung von Unternehmen spielt und wie er die Erfolgschancen bei dem Unterfangen einschätzt, darüber spricht Vorstandsmitglied Thomas Rosenfeld.

Stuttgart - Vielen Firmen brechen angesichts der Coronakrise schlagartig die Einnahmen weg. Welche Rolle die BW-Bank bei der Rettung von Unternehmen spielt und wie er die Erfolgschancen bei dem Unterfangen einschätzt, darüber spricht Vorstandsmitglied Thomas Rosenfeld. Er ist verantwortlich für den Vertrieb und für das Produktmanagement im Segment Private Kunden.

Herr Rosenfeld, welches sind die Hauptsorgen, die von Selbstständigen und Kleinunternehmern an die Bank herangetragen werden?

Die Sorgen sind immens, keine Frage. Wir befinden uns in einer extremen Ausnahmesituation, die noch keiner von uns so erlebt hat. Für Kleinunternehmen und Gewerbetreibende steht im Moment die Liquiditätssicherung ganz klar im Vordergrund. Es geht da oft um die schiere Existenz. Viele fragen sich: Wie lange hält die Krise noch an? Stehe ich das durch? Muss ich mit meinen privaten Ersparnissen einstehen? Daneben gibt es aber auch ganz praktische Themen wie etwa die Frage nach Kurzarbeitergeld oder danach, wann und wie die staatlichen Hilfen abrufbar sind. Unsere Beraterinnen und Berater versuchen nach besten Kräften, die Fragen zu beantworten und zu helfen. Wobei es natürlich längst noch nicht auf alle Fragen endgültige Antworten gibt.

Vielen Firmen brechen von einem auf den anderen Tag die Einnahmen weg. Wie lange können sie das durchhalten, ohne reihenweise aufgeben zu müssen? In welchen Branchen sind die Liquiditätsprobleme aktuell am größten?

Was diese Krise so gravierend macht, ist, dass fast die gesamte Wirtschaft auf einen Schlag betroffen ist. Das ist ein großer Unterschied zur Finanzmarktkrise 2009, die ja von den Banken ausging und zunächst vor allem in der Finanzbranche einschlug, bevor sie sich zu einem Flächenbrand entwickelte. Generell gilt, das Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmen in der Regel weniger Reserven haben als größere Unternehmen. Und natürlich sind Branchen wie Hotels und Gaststätten, Gewerbetreibende, kleine Einzelhändler oder auch Messebetriebe schon jetzt besonders früh betroffen.

Ist schon klar, inwieweit die geplanten Direktzahlungen auch über Banken abgewickelt werden?

Nach jetzigem Sachstand wird der Härtefallfonds des Landes Baden-Württemberg direkt über das Wirtschaftsministerium des Landes und die IHKs abgewickelt. Insofern sind da die Banken in der Abwicklung außen vor. Wir helfen aber natürlich, falls unsere Kundinnen und Kunden Informationen brauchen. Die Bundesregierung hat gestern auch Hilfen unter anderem für Selbstständige und kleinere Firmen angekündigt. Inwieweit die Banken hier in der Umsetzung mitinvolviert sein werden, wird sich noch zeigen.

Inwieweit verändert die BW-Bank ihre eigene Kreditpolitik gegenüber kleineren Unternehmen?

  Wir haben unsere internen Prozesse etwa bei Kontokorrentkrediten sehr stark beschleunigt. Das ist natürlich für jede Bank ein Risiko. Aber das ist in dieser jetzigen Situation vertretbar. Auch im Zusammenspiel mit der KfW sind die Prozesse übers Wochenende stark vereinfacht worden. So übernimmt die KfW bei Krediten bis zu drei Millionen Euro unsere Risikoeinschätzung und prüft nicht noch mal zusätzlich. Das führt dazu, dass die finanziellen Mittel ganz schnell beim Kunden sein sollten. Zudem haben wir für unsere Kunden beschlossen, dass diese die Aussetzung von Tilgungen für sechs Monate beantragen können.

Hat die BW-Bank die nötigen Kapazitäten, um die zu erwartenden Anträge zügig abzuarbeiten?

  Ja, aber natürlich ist das auch für uns eine extreme Herausforderung. Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten mit Hochdruck. Gerade unsere Beraterinnen und Berater wissen sehr genau um die Nöte unserer Kunden. Aber klar, auch wir müssen priorisieren. Deswegen kümmern wir uns zunächst um unsere Stammkunden, bei denen wir seit vielen Jahren oder Jahrzehnten Hausbank sind und die uns zu Recht vertrauen. Aber trotz aller Anstrengungen wird es auch mal haken, wofür ich jetzt schon um Verständnis bitte. Ich kann Ihnen aber versichern: Unser oberstes Ziel ist es, unseren Kunden so gut und so schnell wie irgendwie möglich zu helfen.

Der Bund will die Antragsfrist für Insolvenzen verlängern. Kann dies zu legalen Insolvenzverschleppungen führen?

  Das Risiko besteht, keine Frage. Aber angesichts der aktuellen Lage muss man das Risiko in Kauf nehmen. An erster Stelle steht jetzt, dass den kleinen Betrieben, dem Einzelhandel, der Gastronomie und vielen anderen Unternehmen geholfen wird. Natürlich werden wir darauf achten, dass kein Missbrauch betrieben wird. Aber wie gesagt: Jetzt geht es erst einmal um schnelles Handeln.

Wie verhindert die BW-Bank, dass sich bei ihr unkontrollierte Kreditrisiken auftürmen?

  Die einfache Antwort ist: Durch gutes Risikomanagement. Natürlich ist der Spagat zwischen dem Wunsch, den Kunden in Notlage zu helfen und der unbedingten Notwendigkeit, dass die Bank stabil bleibt, in der Praxis nicht immer ganz einfach. Aber vergessen Sie nicht: Professionelles Risikomanagement ist auch in normalen Zeiten die Kernkompetenz von Banken. Und auch jetzt müssen wir unbedingt vermeiden, unkontrollierte Risiken einzugehen. Das erwarten nicht zuletzt unsere Eigentümer von uns - und dazu zählen neben den Sparkassen bekanntlich auch das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart, also letztlich der Steuerzahler.

Wie gut ist der LBBW-Konzern insgesamt für die Coronakrise gerüstet?

  Gut! Natürlich ist Corona auch für uns eine Herausforderung. Wie sollte es anders sein, wenn die gesamte Wirtschaft im Krisenmodus ist. Wichtig ist mit Blick auf Banken vor allem eine gute Kapitalausstattung. Und auch unter dem Aspekt zählen wir derzeit zu den stärksten Banken in Europa.

Wie lange lässt sich das Herunterfahren der Wirtschaftstätigkeit in Baden-Württemberg durchhalten?

  Das ist schwer zu sagen. Wir sehen ja schon jetzt gravierende Auswirkungen, obwohl das Herunterfahren des öffentlichen Lebens gerade erst angefangen hat. Im Moment können wir uns als Bank nicht vorstellen, dass das über viele Monate durchzuhalten ist. Andererseits geht es ja um Leben und Tod. Hier hat die Politik die große Verantwortung, die richtige Abwägung zu treffen.

Sehen Sie die mittelständisch geprägte Wirtschaft in Baden-Württemberg durch die Coronakrise besonders gefährdet?

  Wir gehen durch anspruchsvolle Zeiten. Aber bedenken Sie: Baden-Württemberg hat eine der leistungsstärksten und innovativsten Wirtschaftsstrukturen weltweit. Das ist gerade in Krisenzeiten ein gewaltiges Pfund. Außerdem haben viele Unternehmen aus den Erfahrungen der Finanzkrise heraus ihre Finanzierung in den letzten Jahren deutlich wetterfester aufgestellt. Natürlich wird es Härten geben. Und vermutlich wird nicht jede einzelne Firma überleben. Aber ich bin felsenfest überzeugt, dass wir in Baden-Württemberg die Krise mit vereinten Kräften meistern werden.

Stuttgart - x

xxxx