Aufgrund der Coronakrise werden die Bänke in den Esslinger Kirchen, wie hier im Münster St. Paul, ziemlich leer bleiben. Gottesdienste werden nicht mehr gehalten. Foto: Horst Rudel

Wegen des Coronavirus sagen die Esslingern Kirchengemeinden aller Konfessionen Gottesdienste, Taufen und Trauungen ab. Für Trauerfeiern gelten strenge Auflagen der Kommunen. In Esslingen dürfen sie nur noch unter freiem Himmel abgehalten werden.

Esslingen - Das Coronavirus beeinflusst auch massiv das kirchlich-soziale Leben im Landkreis Esslingen. Die Gläubigen beider Konfessionen müssen sich in den kommenden Wochen auf weitreichende Einschränkungen einstellen, wie Bernd Weißenborn, der Dekan des Evangelischen Kirchenbezirks Esslingen, Stefan Möhler, der leitende Pfarrer der Katholischen Gesamtkirchengemeinde Esslingen, und Markus Bauder, der leitende Pastor der Evangelisch methodistischen Kirche Esslingen, am Dienstag in einem gemeinsamen, aus gutem Grund im Freien abgehaltenen Pressegespräch erklärten.

Das kirchliche Leben in der Gemeinschaft steht wegen der Corona-Pandemie still. Alle drei Kirchen haben sämtliche Gottesdienste abgesagt. Auch Taufen, Trauungen und Konfirmationen sind bei den Protestanten bis Ende Mai ausgesetzt. Bei den Katholiken werden sämtliche Veranstaltungen zunächst bis zum Sonntag, 19. April, auf Eis gelegt.

Erstkommunion bis nach den Sommerferien verschoben

Letztere müssen in Esslingen sogar die Erstkommunion, die traditionell nach Ostern stattfindet, laut Stefan Möhler bis nach den Sommerferien verschieben. Auch die methodistische Kirche hat alle Gottesdienste, Veranstaltungen und Sitzungen bis zum Ostersamstag, 11. April, abgesagt. Ein Fünkchen Hoffnung schwingt in Markus Bauders Stimme noch mit, dass er das Osterfest in der Gemeinschaft begehen kann, „aber ich bin da sehr skeptisch, ob es klappt“. Bernd Weißenborn hat diese Hoffnung schon begraben. Er gehe davon aus, dass das Veranstaltungsverbot auch an Ostern noch gilt. Allen drei Kirchenvertretern, die für die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen sprechen, ist klar, dass die Corona-Krise das Gemeindeleben hart treffen wird. „Die Gemeinschaft gehört zum christlichen Leben dazu. Und die können wir jetzt nicht leben“, sagt Markus Bauder. Denn auch sämtliche Angebote für Kinder, Jugendliche und Senioren brechen komplett weg, fügt Stefan Möhler an.

Die an diesem Sonntag, 22. März, geplante katholische Kirchengemeinderatswahl findet laut Stefan Möhler indes statt. Allerdings bleiben die Wahllokale in den mehr als 40 Kirchengemeinden des Dekanats Esslingen-Nürtingen geschlossen, um die Ausbreitung des Coronavirus nicht weiter zu beschleunigen. Stattdessen können die Wahlberechtigten die Gremien per Briefwahl wählen. Die Briefkästen der Pfarrämter und Gemeindehäuser sind am Wahlsonntag bis 16 Uhr geöffnet. Stefan Möhler zufolge zahlt es sich aus, dass die meisten Kirchengemeinden im Dekanatsbereich sich ohnehin für die allgemeine Briefwahl entschieden hätten.

Strenge Auflagen für Trauerfeiern

Besonders von der Corona-Krise beeinflusst würden Bestattungsfeiern. Die von den Kommunen erlassenen Vorschriften seien sehr streng. Die Trauerfeiern dürfen in Esslingen beispielsweise nur noch unter freiem Himmel am Grab abgehalten werden, auf eine Feier mit Sarg in einer Trauerhalle müsse verzichtet werden. Zudem sollen die Bestatter und die Friedhofsverwaltung im Kontakt mit den Hinterbliebenen laut einer Mitteilung der Stadtverwaltung darauf hinwirken, „dass immer nur die nächsten Angehörigen zum Abschied kommen“. Die Pfarrer seien angehalten, „den zeitlichen Ablauf kompakt“ zu halten. Das sei „schlimm für Menschen, die zurzeit Abschied nehmen müssen“, sagt Bernd Weißenborn. Die Zahl der Trauergäste sei beschränkt und diese dürften sich noch nicht einmal umarmen, denn laut der Esslinger Regelung müssen die Trauernden auf jeglichen Körperkontakt untereinander verzichten.

Der Kirchenbezirk Esslingen ist laut Bernd Weißenborn der in Baden-Württemberg am stärksten von der Corona-Krise betroffene. Umso wichtiger sei es, Solidarität zu zeigen und mit den Maßnahmen die Schwächsten, die Älteren und die Menschen mit Vorerkrankungen zu schützen. Zudem organisierten die Kirchen für die bedürftigen Menschen, die oftmals in Isolation und Einsamkeit lebten, Hilfen für deren Alltag.

Keine Hausbesuche

Auch die seelsorgerische Arbeit dürfe nicht eingestellt werden, gerade jene Menschen, die besondere Hilfe und Zuspruch benötigten, müssten nach wie vor erreicht werden. Telefonanrufe oder Briefe ersetzten in diesen Zeiten die Hausbesuche. Lediglich in der Sterbebegleitung sei ein persönlicher Kontakt gestattet. Diverse Angebote bis hin zu Predigt-Podcasts gebe es auch auf den Homepages der jeweiligen Kirchengemeinden.

Die Schließung der Kindertagesstätten betrifft natürlich auch die kirchlichen Einrichtungen. Aber auch diese bieten laut Bernd Weißenborn und Stefan Möhler jeweils Notfallbetreuungen für Kinder an, deren Eltern in sogenannten systemrelevanten Berufen arbeiten.

Weißenborn, Möhler und Bauder sind sich einig, dass die Corona-Krise auch die Kirchen vor eine große Herausforderung stellt. Aber durch den vorübergehenden Stillstand haben „wir jetzt Zeit zum Beten“, sagt Bernd Weißenborn. Und Stefan Möhler ist überzeugt, die momentane Situation biete „die Chance, zu erkennen, was mir im Leben Halt gibt“.