Noch darf nicht jeder Besucher in die Kliniken in der Region. Foto: Leif Piechowski

Obwohl nun viele Coronavorgaben weggefallen sind, lockern die Krankenhäuser in der Region Stuttgart ihre Besuchsregelungen nur sehr vereinzelt und sehr langsam. Noch sei man nicht über den Berg.

Selten herrscht so viel Einigkeit in den Kliniken der Region Stuttgart: Die von der Politik verfügte Rücknahme der Corona-Maßnahmen kommt mindestens zwei Wochen zu früh – und die Kliniken werden deshalb zum aktuellen Zeitpunkt an den meisten der bisherigen Regelungen für Besucher festhalten. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unserer Zeitung.

In Stuttgart haben die Krankenhäuser das weitere Vorgehen gemeinsam abgestimmt. Das Ergebnis: sowohl im Klinikum Stuttgart, als auch im Robert-Bosch-Krankenhaus und im Marienhospital gelten vorerst weiter die 2-G-Regeln. Das heißt: Besucher müssen nachweislich geimpft oder genesen sein. Das Tragen einer FFP2-Maske ist für alle Besucher und Begleitpersonen, die 14 Jahre oder älter sind, Pflicht.

Zusätzlicher Schutz für gefährdete Patientengruppen

Wegen der aktuell noch hohen Inzidenz soll im Klinikum Stuttgart pro Tag nach Möglichkeit pro Patient nur ein Besucher kommen. Einzelne Stationen mit besonders gefährdeten Patientengruppen können zusätzlich einen aktuellen negativen Coronatest verlangen. Hierzu zählen etwa die onkologischen Stationen.

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Ähnliche sieht es in den Krankenhäusern in der Region Stuttgart aus. Wegen der immer noch hohen Infektionszahlen werden die Medius-Kliniken im Kreis Esslingen und auch das stadteigene Klinikum Esslingen zunächst keine Änderungen der Besucherregelungen vornehmen. Auch die Hygienevorgaben bleiben vorerst bestehen. An den Medius-Kliniken gilt weiterhin die Regel pro Patient pro Tag ein Besucher für maximal eine Stunde. Für alle Besucher gilt 2G plus eine FFP2-Maske als Zugangsvoraussetzung.

Kleine Erleichterungen für die Besucher

Bei den Alb-Fils-Kliniken im Kreis Göppingen bleibt es bei der 3G-Plus-Regel. Auch die Besucherzahl, Besuchsdauer und Besuchszeiten bleiben bis auf weiteres eingeschränkt. „Wir reagieren somit bis auf Weiteres sehr zurückhaltend und warten die Auswirkungen der reduzierten COVID-Schutzmaßnahmen ab“, sagt die Kliniksprecherin Ulrike Fischer.

Allerdings gibt es an mancher Stelle kleine Erleichterungen für die Besucher: „Wir vereinfachen den Einlassprozess für Patienten und Besucher“, sagt Thorsten Ade, der Chefarzt der Notaufnahme der Rems-Murr-Kliniken in Winnenden. So werde unter anderem das Abfrageformular für Besucher auf zwei Fragen reduziert. Auch beginnt die Klinik damit, die Trennwände in den Eingangsbereichen zu demontieren.

Väter dürfen länger auf die Wochenstation

Die regionale Klinik Holding, die unter anderem den Kreis Ludwigsburg betreut, hat ebenso wie der Klinikverbund Südwest im Kreis Böblingen bereits den ursprünglichen Besucherstopp aufgehoben. Der Besuch von Patienten ist in beiden Häusern aber weiterhin nur eingeschränkt möglich. So wird unabhängig vom Immunisierungsstatus ein negativer Antigen-Schnelltest, der nicht älter als 24 Stunden sein darf, oder ein negativer PCR-Test – nicht älter als 48 Stunden – gefordert. Der Klinikverbund Südwest hat zudem die Besuchsregelungen für Väter auf der Wochenstation gelockert. Schon bisher durften sie die Schwangere während der Geburt im Kreißsaal begleiten. Darüber hinaus gibt es seit dem 21. März für die Besuche von Vätern keine zeitliche Begrenzung mehr. Die Regelung von einem Besucher pro Tag pro Patient gilt jedoch auch hier, genauso wie die tägliche Testpflicht der Besuchsperson.

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Die Zurückhaltung gegenüber weiteren Öffnungsschritten hat gleich mehrere Gründe: In keinem Haus ist bisher eine Trendwende zu erkennen. Im Klinikum Stuttgart ist die Zahl der Intensivpatienten sogar erstmals seit langer Zeit mit 13 Personen wieder zweistellig. Und auch die anderen Häuser melden bestenfalls ein Stagnieren der Patientenzahlen – das allerdings auf nach wie vor sehr hohem Niveau. Zudem sind nach wie vor viele Mitarbeiter krank – auch wenn sich da ganz langsam eine Besserung andeutet.

„Die Öffnung kommt zu früh“

Zudem herrscht in vielen Häusern die Sorge, dass die nun in Kraft getretenen Lockerungen den durch das Frühjahr zu erwartenden Rückgang der Patientenzahlen zumindest deutlich verlangsamen werden oder noch einmal für steigende Patientenzahlen in den Kliniken sorgen könnten: „Grundsätzlich halten wir die großzügige Freigabe für rund zwei Wochen zu früh“, sagt etwa der Medizinische Direktor der Medius-Kliniken, Jörg Segässer. Auch Matthias Orth, der Chefarzt des Instituts für Laboratoriumsmedizin am Marienhospital, warnt: „Wenn durch die Lockerungen die Anzahl der Infektionen zunimmt, wird sich die Zahl der Krankenhausaufnahmen entsprechende erhöhen. Leider kollidiert das mit der aktuell sehr hohen Auslastung, weil ein Teil der Betten wegen erkrankten Mitarbeitenden nicht betrieben werden kann.“ Thorsten Ade sieht dabei vor allem mit Sorge auf die Generation der Über-50-Jährigen: „Nachdem die Inzidenzen gerade bei den hohen Altersgruppen stagnieren oder sogar noch ansteigen, ist mit einer baldigen Änderung nicht zu rechnen.“