Israel empfiehlt die dritte Impfung auch für Menschen unter 50 Jahren. Foto: AFP/AHMAD GHARABLI

In Deutschland sind momentan rund 59 Prozent der Menschen zum zweiten Mal gegen das Coronavirus geimpft. Mit einem Blick auf die aktuelle Lage in Israel stellen Impfkritiker die Wirkung der Vakzine allerdings infrage. Zurecht?

Stuttgart - Auch für Geimpfte gibt es eine Wahrscheinlichkeit, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, auch wenn diese äußerst gering erscheint und stationäre Fälle eher eine Seltenheit darstellen. Doch ein Blick auf Israel beunruhigt zurzeit die Gemüter. Dort nehmen nämlich die Aufenthalte Geimpfter in Krankenhäusern stetig zu. Die Entwicklung sei allerdings nach Jeffrey Morris, Professor für Biostatistik an der Perelman School of Medicine der University of Pennsylvania, wie er im Nachrichtenmagazin Der Spiegel erklärte, eine normale Entwicklung.

Die entscheidende Frage lautet nach Morris nicht: Wie viele von den Corona-Patienten in den Krankenhäusern geimpft sind, sondern wie viele Menschen sich überhaupt in Israel mit einer Corona-Impfung haben impfen lassen. Morris Erklärung klingt logisch: Je mehr Menschen sich gegen Covid impfen lassen, desto mehr Geimpfte, neben den Ungeimpften, können auch an dem Virus erkranken, und müssen notfalls stationär behandelt werden. Denn auch Geimpfte können das Virus übertragen. Wichtig sei aber zu wissen, dass der Impfstoff Biontech/Pfizer zu 99 Prozent gegen eine schwere Covid-Erkrankung schützt.

Ungeimpfte zeigen die schwereren Krankheitsverläufe

Die Rede ist von rund 60 Prozent der Covid-19-Patienten, Geimpfte, die aktuell in Krankenhäusern in Israel behandelt werden müssen. Eine Erhebung Morris vom 15. August zeigt allerdings, dass mehr Ungeimpfte von wirklich schweren Verläufen betroffen sind. 5,4 Millionen Menschen sind in Israel vollständig geimpft, also gut 60 Prozent der israelischen Bevölkerung. 18,2 Prozent sind es nicht, stellt Morris klar. Unter den Nicht-Geimpften zeigt sich, dass in 214 Fällen schwer Erkrankter mit 16,4 Prozent die Zahl höher liegt, als im Vergleich zu 5,3 Prozent bei 301 Fällen schwer Erkrankter, die geimpft sind.

Nach Morris sei damit nachvollziehbar: Die Impfung schützt, ein Problem bestehe eher bei den Nicht-Geimpften. Der Prozentsatz von rund 40 Prozent Nicht-Geimpfter mache in Israel außerdem den Weg frei für die äußerst infektiöse Delta-Variante. Deren Viruslast bei einer Infektion zufolge 300-mal höher liegt. Um die Variante zu stoppen, hält Morris einen Prozentsatz von 85 Prozent vollständig Geimpfter in Israel sowie eine Impfauffrischung, einer britischen Studie zufolge lässt der Schutz der Impfung nach sechs Monaten nach, für nötig.

Dritte Impfung für Menschen ab 40 Jahren

Wie sieht es aktuell in Deutschland aus? Die Impfquote liegt bei 59,40 Prozent. Das RKI spricht von deutlich mehr Corona-Neuinfektionen, die Inzidenz steigt aktuell über 60. Folgt man nun Morris Studie, ist und bleibt die Impfung zum jetzigen Zeitpunkt der beste und einzige Schutz des schweren Verlaufs einer Covid-Erkrankung, auch bei der Delta-Variante.

Israel war und ist ein großer Befürworter der Impfstrategie im Kampf gegen die Coronapandemie. Alle Bemühungen gelten dem Ziel, die Zahlen der Krankenhauspatienten zu senken. Auch wenn dies bedeutet einen Turbo-Rückwärtsgang einzuschlagen, der einen normalen Alltag unmöglich macht. Erneut gilt es strenge Schutzmaßnahmen einzuhalten, die dritte Impfung für Menschen ab 40 Jahren wird empfohlen. In Betracht der epidemischen Lage vor Ort sei, so sieht es der Professor, die Impfauffrischung die richtige Antwort dem Infektionsgeschehen Einhalt zu bieten.