Schon betriebsbereit: das zweite Corona-Testzentrum auf dem Besucherparkplatz der Laborärzte Sindelfingen Foto:  

Mit einem zusätzlichen Untersuchungszentrum reagiert der Kreis Böblingen auf die steigende Zahl der Corona-Fälle. Die Stadt Böblingen schließt alle städtischen Einrichtungen – inklusive des Rathauses. Sindelfingen legt am Freitag um 23 Uhr nach und folgt dem Beispiel.

Böblingen - Die Zahl der Corona-Fälle im Kreis Böblingen ist weiter gestiegen. Am Freitag waren 13 Menschen an Covid-19 erkrankt. In Sindelfingen hat der Landrat Roland Bernhard nach Herrenberg das zweite Testzentrum eröffnet. Damit können im Kreis werktäglich fast 80 Personen auf das Virus untersucht werden. Neben der vom Land angeordneten Schließung von Schulen und Kindertageseinrichtungen ergreifen auch die Kommunen im Kreis Vorsichtsmaßnahmen.

Testergebnis in 24 Stunden

„Mit diesem zweiten Testzentrum können wir unsere Kapazitäten deutlich erhöhen und auf kurzen Wegen zum Labor schnell für Klarheit sorgen“, sagte Roland Bernhard. In Sindelfingen können 30 Verdachtsfälle pro Tag durchgeschleust werden. In Herrenberg sind seit der Eröffnung vor knapp zwei Wochen 650 Abstriche entnommen worden. Mit den beiden Einrichtungen sei der Kreis ausreichend versorgt, erklärte der Landrat. Die Öffnungszeiten würden in Sindelfingen zeitnah mithilfe niedergelassener Hausärzte ausgebaut. Zunächst wird montags bis freitags von 16 bis 18 Uhr getestet.

Auf dem Besucherparkplatz der Laborärzte Sindelfingen stehen die drei Container für die Untersuchungen. Die Termine dafür werden über das Gesundheitsamt unter 0 70 31 / 6 63 35 00 vergeben. Roland Bernhard appellierte erneut an die Menschen, nur anzurufen, wenn Symptome vorliegen sowie der Besuch in einem Risikogebiet oder ein Kontakt zu einem Corona-Kranken vorliegt. „Die Hotline kippt, wenn jeder Fragen zu einem Schnupfen stellt“, sagte er. Die Leitungen seien häufig überlastet. „Die, die es wirklich nötig haben, kommen nicht durch.“

Die Sindelfinger Laborärzte untersuchen schon jetzt alle Abstriche, die im Kreis anfallen. Die Analyse einer Probe dauert nach Angaben von Martina Burchert-Graeve dreieinhalb Stunden. Sie, ihre vier Arztkollegen und ihre rund 50 Mitarbeiter versuchen, innerhalb von 24 Stunden ein Ergebnis zu liefern. Das Labor arbeitet sieben Tagen in der Woche.

Ein Plan für die Krankenhäuser

Trotz aller Vorkehrungen, die im Moment getroffen werden, warnte Hans Joachim Rühle, der Vorsitzende der Kreisärzteschaft, vor Panikmache. „Wir müssen alles tun, um die Infektionswelle so flach wie möglich zu halten, damit die Behandlungskapazitäten für wirklich schwere Fälle reichen“, sagte er. Im Landkreis wird im Bedarfsfall zunächst auf die zehn Intensivpflegebetten im Böblinger Krankenhaus zurückgegriffen. Sind diese belegt und können in Böblingen keine weiteren eingerichtet werden, müssten in der Leonberger Klinik welche geschaffen werden. Erst wenn mehr als 40 Intensivplätze benötigt werden, müssten in den Krankenhäusern von Sindelfingen und Herrenberg Kapazitäten geschaffen werden.

Handlungsfähige Behörden

Die Stadt Böblingen reagiert konsequent und schließt am Samstag, 14. März, sämtliche städtischen Einrichtungen bis 19. April. Neben dem Rathaus zählen dazu unter anderem die Museen, die Bibliothek, die Musik- und Kunstschule, die Jugendhäuser, die Therme und die Hallenbäder. Auch die meisten Veranstaltungen sind gestrichen. Die Einschränkungen seien nötig, „damit wir ältere und kranke Menschen vor Ansteckung schützen und so bald wie möglich zum Alltag zurückkehren können“, erklärt der Oberbürgermeister Stefan Belz. Er ruft die Böblinger auf, soziale Kontakte einzuschränken: „Es muss uns vereint gelingen, die Ausbreitung maßgeblich zu verlangsamen.“ Die Volkshochschule Böblingen-Sindelfingen sagt ihr komplettes Programm bis 29. März ab. Bis auf die Gottesdienste streichen viele Kirchengemeinden ebenfalls ihre Zusammenkünfte.

Auch die Leonberger Verwaltung und das Landratsamt schränkten den Kundenkontakt ein. Termine gibt es wie in Böblingen nur nach telefonischer Vereinbarung. „Nur so kann gewährleistet werden, dass die Behörde und insbesondere kritische Bereiche weiter handlungsfähig bleiben“, teilt das Landratsamt mit. Sindelfingen legt am Freitag gegen 23 Uhr nach und verkündet ebenfalls die Schließung von allen städtischen Einrichtungen und untersagt sämtliche Veranstaltungen bis 30. April. Herrenberg orientiert sich an den Entscheidungen des Landes und verbietet Veranstaltungen mit mehr als 100 Personen in geschlossenen Räumen. Die Musikschule und die Volkshochschule stellen ihren Betrieb ein. Oberbürgermeister Thomas Sprißler bittet die Bürger, nur dann ins Rathaus zu kommen, „wenn es wirklich dringend notwendig ist“.

Erster Erkrankter wieder gesund

Das Virus beschert den Verwaltungen viel zusätzliche Arbeit. Herrenbergs Ordnungsamtsleiter Dieter Bäuerle nennt als Beispiel die Verfügungen für die häusliche Isolation für die Betroffenen und ihre Kontaktpersonen, die seine Abteilung jetzt ausstellen muss. „Alle sind sehr einsichtig“, was die strengen Regeln angehe, berichtet er. In Herrenberg gibt es, Stand Freitag, drei Fälle von Corona-Infizierten. Alle hätten zu Hause bleiben können und nur milde Symptome, berichtet Bäuerle.

Auch Roland Bernhard hatte bei der Einweihung des Testzentrums noch eine gute Nachricht: „Der erste Erkrankte aus Steinenbronn ist zwischenzeitlich wieder gesund.“