In den USA sollen Corona-Statistiken von einigen Gesundheitsbehörden geschönt worden sein. (Symbolfoto) Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Einige US-Staaten sollen Corona-Statistiken geschönt haben. Handelt es sich nur um missverständliche Darstellungen – oder gab es gezielte Manipulation?

Providence - Gesundheitsbehörden einiger US-Staaten sollen Corona-Statistiken verpfuscht oder sogar mit Tricks bewusst geschönt haben. In Virginia, Texas und Vermont etwa räumten Beamte ein, die Ergebnisse von Virus-Tests, die eine aktive Infektion zeigen, mit Antikörper-Tests kombiniert zu haben, die auf eine frühere Ansteckung hinweisen. Dadurch könne der Eindruck entstehen, dass ein bestimmter Staat beeindruckende Testzahlen vorzuweisen habe und die Situation besser sei als sie ist, erklärten Experten. Ein wahres Bild vom Ausmaß der Ausbreitung des neue Virus Sars-CoV-2 liefere die Herangehensweise nicht.

In Florida berichtete die für die Entwicklung einer Corona-Übersicht zuständige Datenspezialistin Rebekah Jones von ihrer Entlassung. Der Grund: Sie habe sich geweigert, Daten so zu manipulieren, dass sie die von der Staatsregierung forcierten Pläne für eine Lockerung der Sperrmaßnahmen in der Corona-Krise und der Wiederaufnahme des öffentlichen Lebens rechtfertigen würden.

Daten nicht chronologisch aufgeführt

Und in Georgia gab die Behörde für öffentliche Gesundheit um den 11. Mai eine Grafik heraus, die in einem bestimmten Zeitraum auf einen Rückgang der Neuinfektionen in den am schwersten betroffenen Bezirken hindeutete. Allerdings wurden die täglich aktualisierten Daten nicht chronologisch aufgeführt. Zum Beispiel kam die Zahl der Neuinfektionen vom 7. Mai direkt vor jenen vom 26. April, auf die wiederum Daten vom 3. Mai folgten. Ein kurzer Blick auf die Grafik vermittelt den Eindruck, dass der Rückgang nahtloser vonstatten ging, als es der Realität entspricht. Die Abbildung wurde binnen eines Tages entfernt.

Jasmine Clark, demokratische Abgeordnete im Kongress von Georgia und Trägerin eines Doktortitels in Mikrobiologie, bezeichnete die Grafik als „Paradebeispiel von rechtswidrigem Handeln“. Traurigerweise bekomme man das Gefühl, dass es da einen Versuch gegeben habe, die Daten so zu handhaben, dass sie ein bestimmtes Narrativ bedienten. So könne Datenerhebung aber nicht ablaufen, kritisierte Clark.

Zeitstrahl durch Darstellung verschoben

Das Gesundheitsministerium von Georgia nutzt zudem eine umstrittene Praxis bei der Darstellung der Fälle: Positive Testresultate werden nicht dem Tag zugeordnet, an dem der Test ausgewertet wurde, sondern dem Tag, an dem der Patient die ersten Symptome zeigte. Dadurch wird der Zeitstrahl verschoben und es kann der Eindruck entstehen, dass der schlimmste Moment bereits überwunden ist.

Das Büro des republikanischen Gouverneurs Brian Kemp bestritt einen Versuch, die Öffentlichkeit zu täuschen. Dies könne „nicht weiter entfernt von der Wahrheit sein“, teilte Kemps Sprecherin Candice Broce mit. Georgia gehört zu den ersten US-Staaten, die Ausgangsbeschränkungen lockerten und Bürgern versicherten, dass es wieder sicher sei, sich frei im öffentlichen Raum zu bewegen.

Verständnis der derzeitigen Bedingungen schwierig

Thomas Tsai zufolge, einem Professor am Harvard Global Health Institute, macht es die Darstellung der Fälle in Georgia schwieriger, die derzeitigen Bedingungen zu verstehen. Er mache sich Sorgen, dass andere Staaten ihre Daten ebenfalls auf eine missverständliche Art darstellen.

Die Richtlinien der US-Regierung sehen vor, dass in den einzelnen Staaten ein Abwärtstrend bei Neuinfektionen über 14 Tage zu erkennen sein soll, bevor die Einschränkungsmaßnahmen zurückgenommen und die Wirtschaft wieder geöffnet wird. Auch die Anzahl der Tests und der Kontaktverfolgung sollen den Richtlinien zufolge ausgeweitet werden. Einige Staaten öffneten jedoch schon, während die Zahl der Neuinfektionen weiter stieg oder konstant blieb. In den USA sind bisher 1,5 Millionen Infektionen und mehr als 90 000 Todesfälle registriert worden.