Am Samstag leerte sich die Innenstadt trotz milder Witterung pünktlich zur Sperrstunde. Unklarheit herrscht über den Gültigkeitsbereich des Alkoholverbots.
Stuttgart - Samstag, 21 Uhr. Lachend tummeln sich sieben Heranwachsende um die Tischtennisplatte am Eugensplatz. Masken und Abstand? Fehlanzeige. „Meine Eltern und Großeltern sind inzwischen geimpft und wir alle sind wegen der Schule regelmäßig getestet“, erklärt einer von ihnen. „Wir feiern keine Coronaparties“, erklärt der 18-Jährige. „Wir verhalten uns vernünftig. Wir wollen aber die Zeit bis zur Ausgangssperre nutzen. Vor allem bei diesem Wetter.“
Auch sonst ist rund um den Galateabrunnen eine Menge los. Markus (28) und Manuel (29) stehen, jeder mit einem Fläschchen Bier, an der Brüstung und genießen den Blick über Stuttgart. „Wir waren heute schon am Eckensee und auf dem Schlossplatz“, erklärt ersterer. „Dort gilt ja aber das Alkoholverbot, also sind wir hier hoch gekommen.“ Manuel merkt an, er verstehe nicht, warum gleichzeitig Demonstrationen mit Hunderten Teilnehmern genehmigt würden, man aber nicht zu zweit in der Stadt sitzen und ein Bier trinken dürfe.
Alkoholverbot gilt auch am Eugensplatz
Da am Eugensplatz keine entsprechenden Schilder hängen, weiß offenbar keiner der zahlreichen abendlichen Besucher, dass das Verbot auch hier gilt. Die Flaschen um die Papierkörbe sprechen Bände. Die Ausgangssperre stößt auf wenig Verständnis. „Die Inzidenz ist gleichbleibend hoch. Das zeigt doch, dass sie nichts bringt“, merkt Lisa (21) an.
Unweit des Impfzelts am Schlossplatz steht berittene Polizei bereit. Auf der Freitreppe am Kubus ist bereits wesentlich weniger los als es um diese Zeit vor Inkrafttreten der Bundes-Notbremse der Fall gewesen wäre. Von den Grünflächen und Bänken her wandern die ersten Grüppchen ab. Ein junger Mann erkundigt sich bei Beamten, die vor dem Königsbau nach dem Rechten sehen, ob er nach 22 Uhr tatsächlich noch spazieren gehen dürfe. „Ja“, sagt der Polizist, „wenn Sie auf der Königstraße herumlaufen, zählt das allerdings eher nicht.“
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Am Eckensee verteilen sich kaum mehr als zwei Dutzend Menschen. Es ist ruhig. Am Pusteblumenbrunnen sitzen lediglich zwei 17-Jährige und löffeln Eis. Natürlich würden sie pünktlich nach Hause fahren, sind sie sich einig. Sie hätten keine Lust auf Ärger. Am Hauptbahnhof werden letzte Bestellungen bei den Fastfood-Läden aufgegeben. „Wie spät ist es?“, fragt ein Kunde seinen Begleiter. „Noch fünf Minuten“, wird ihm beschieden. Die Regeln sind allen bewusst. Auch den Jugendlichen, die kurz nach Beginn der Ausgangssperre von der Kronenstraße her Richtung Klett-Passage rennen: Der Grund: Ein nahendes Polizeifahrzeug.
Den Schlossplatz umrundet ein Kleinbus mit Beamten. Der Obdachlose auf der Bank vor Carls Brauhaus darf trotz Ausgangssperre weiterschlafen. Auch das Trio, das sich an einem der Brunnen aufhält, bleibt vorerst unbehelligt. Die Freunde glauben, dass die Polizei im Falle einer Kontrolle schon mit sich reden lassen werde. Demnächst wollten sie ohnehin aufbrechen, sagen sie. Alkohol ist nicht im Spiel. Die Flaschen am Eckensee sind geleert. Das Terrain ist geräumt. Von weitem ist kurz Gejohle hörbar. Nach einer unruhigen Nacht sieht es dennoch nicht aus.