Die Intensivstationen sind an vielen Orten an der Belastungsgrenze. Foto: dpa/Robert Michael

Mit Blick auf die zunehmende Überlastung der Intensivstationen werden erste Überlegungen laut, ob bei einer Triage auch der Impfstatus der Patienten eine Rolle spielen sollte.

Düsseldorf - Angesichts einer zunehmenden Überlastung von Intensivstationen durch eine steigende Zahl von Corona-Patienten fordert die Medizinethikerin Annette Duffner eine politische Klärung der Frage, ob geimpfte Patienten ungeimpften vorgezogen werden sollen, wenn die Kliniken zu einer Triage übergehen müssen. „Unter dem Strich glaube ich, dass sich die Beachtung des Impfstatus in einer überfüllten Intensivstation durchaus argumentieren ließe“, sagte die Bonner Professorin der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. Der Begriff Triage bezeichnet die Auswahl von Patienten, wenn nicht ausreichend Behandlungskapazitäten für alle vorhanden sind.

Die Auswahl der Patienten hänge zum einen davon ab, wie breit das Solidaritätsprinzip zu verstehen sei, erläuterte Duffner. Zum anderen gehe es darum, wie die Motivation der Menschen zu bewerten sei, die sich nicht impfen lassen. Alkoholikern werde man eine Transplantationsleber wegen des Suchtcharakters ihrer Erkrankung nicht vorenthalten. Es sei jedoch zu fragen, ob die Angst vor Impfschäden einen ähnlichen Charakter habe oder nicht. „Ultimativ sollten derartige Entscheidungen auf politischem Weg gefällt werden“, forderte die Medizinethikerin.

Der Bochumer Medizinethiker Jochen Vollmann vertrat dagegen die Ansicht, dass der Impfstatus „kein Entscheidungskriterium bei der Zuteilung begrenzter Ressourcen im Gesundheitswesen“ sein dürfe. Bei gleicher Dringlichkeit sei aus medizinethischer Sicht entscheidend, welchem Patienten in der akuten Notsituation eine intensivmedizinische Behandlung am meisten helfen würde, sagte er der Zeitung. „Ein ethisches Dilemma wird eine solche Situation immer bleiben“, erläuterte der Leiter des Instituts für Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin der Ruhr-Universität Bochum.