Olaf Scholz will einen weiteren Schutzschirm spannen. Foto: dpa/Kay Nietfeld

Der Bundesfinanzminister will für die Corona-gebeutelten Kommunen ein massives Stützungsprogramm auflegen - und gleich auch das regional unterschiedlich drängende Altschuldenproblem angehen. Eine Lösung müsse schnell her. Widerspruch kommt aus der Union.

Berlin - In der Corona-Krise will Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) einen milliardenschweren Schutzschirm für Kommunen aufspannen und das drängende Altschuldenproblem gleich mitlösen. Ein Konzeptpapier aus seinem Ministerium sieht dazu ein Hilfspaket von bis zu 57 Milliarden Euro vor, das Bund und Länder jeweils zur Hälfte stemmen sollen. „Ich habe angekündigt, dass ich dazu Vorschläge machen will. Ich glaube, das ist jetzt auch der richtige Zeitpunkt sie zu diskutieren“, sagte Scholz dazu am Samstag in der SPD-Parteizentrale, dem Willy-Brandt-Haus. Es dürfe keine Zeit verloren werden.

Eckhardt Rehberg, der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag sprach von einem „rein parteipolitischen Vorstoß“, der nicht abgesprochen sei. „Unter dem Deckmantel der Corona-Krise will Scholz sein altes Konzept zur Übernahme der kommunalen Altschulden durchsetzen, das vorher keine Chance auf Umsetzung hatte.“ Scholz könne nicht alleine über den Bundeshaushalt verfügen und zweistellige Milliardenbeträge frei im Land verteilen.

So soll es aufgeteilt werden

Die 57 Milliarden Euro sollen dazu dienen, erwartete Gewerbesteuerausfälle der Kommunen im laufenden Jahr von knapp 12 Milliarden Euro auszugleichen, geht aus dem Papier hervor, über das das „Rheinische Post“ und „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (WAZ) berichteten und das auch der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Für die Übernahme kommunaler Liquiditätskredite sind demnach 45 Milliarden Euro vorgesehen. Etwa 2000 Kommunen im gesamten Bundesgebiet seien mit sogenannten Kassenkrediten so hoch belastet, dass allein schon die Bedienung der Zinsen eine unlösbare Situation sei.

„Wir müssen das Altschuldenproblem lösen, indem der Bund und die Länder, in denen unsere Städte und Gemeinden liegen, diese Gemeinden entlasten“, sagte Scholz. „Und wir müssen dafür sorgen, dass die Einnahmeausfälle, die in diesem Jahr entstehen, nicht dazu führen, dass Investitionen zurückgefahren werden, dass Aufgaben nicht bewältigt werden können, die jetzt ja noch dringender sind, als ohnehin schon.“ Wenn Kommunen jetzt Aufgaben und Ausgaben zurückfahren müssten, „dann hat das in diesem und im nächsten Jahr dramatische Folgen für die Investitionstätigkeit in Deutschland“, warnte Scholz. „Die größten öffentlichen Investoren in Deutschland sind unsere Gemeinden und Städte.“

Zu dem Vorschlag, der eine Verfassungsänderung erfordert, kam umgehend Ablehnung aus Bayern. „Die Vorschläge von Bundesminister Scholz wird Bayern keinesfalls mitmachen“, sagte Finanzminister Albert Füracker (CSU) der dpa in München. „Wenn der Bund den Kommunen helfen möchte, darf er das gern tun - eine Zwangsverpflichtung der Länder nach den Regeln des Bundes ohne Absprache ist aber eine Unverschämtheit.“ Eine erste Reaktion aus Baden-Württemberg war zurückhaltend. Niedersachsen sah den Plan kritisch. „Eine 50-prozentige Beteiligung der Länder an Programmen des Bundes zur Unterstützung der Kommunen ist aus meiner Sicht nicht sinnvoll, zumal bisher darüber mit den Ländern nicht gesprochen wurde“, sagte der niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU). „Das wäre ein Vertrag zu Lasten Dritter.“

Zustimmung kam aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und dem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sowie vom Deutschen Städtetag. „Das kann zu einem großen Wurf werden“, erklärte der Präsident des Städtetags, der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung, am Samstag. „Der Vorschlag kommt zur rechten Zeit, bevor die Unsicherheit wächst und bevor die Kommunen ihre Haushaltsplanung für das nächste Jahr anpacken müssen.“

Hier gibt es Zuspruch

Nordrhein-Westfalen bekräftigte Kooperationsbereitschaft. „Für uns gilt weiterhin, wenn der Bund eine Altschuldenregelung schafft, werden wir als Land Nordrhein-Westfalen einen substanziellen Beitrag zu einer maßgeschneiderten Lösung für „unsere“ Kommunen leisten“, erklärte Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) auf Anfrage.

In Rheinland-Pfalz begrüßte Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) den Plan. „Rheinland-Pfalz hat sich bereits unmittelbar nach Vorliegen der Ergebnisse der aktuellen Steuerschätzung dazu entschieden, einmalig die Hälfte der kommunalen Gewerbesteuermindereinnahmen des Jahres 2020 zu kompensieren.“ Dass auch die Altschulden angegangen werden, sei besonders erfreulich.

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„Der Schutzschild besteht aus zwei Komponenten: Erstens der akuten Nothilfe, die durch den Wegfall wichtiger Einnahmen bei der Gewerbesteuer für die Kommunen entstanden ist, und allen Städten und Gemeinden offensteht“, heißt es in dem Konzept. „Zweitens, einer Altschuldenhilfe, also einer langfristigen Übernahme von Kassenkrediten hochverschuldeter Städte und Gemeinden, damit diese Kommunen künftig wieder handlungsfähiger sein können.“

Die Kosten für diesen Schutzschild solle der Bund zur Hälfte übernehmen. Die andere Hälfte entfalle auf die eigentlich jeweils verantwortlichen Länder, in denen die Kommunen liegen, hieß es. Diese „einmalige Hilfe des Bundes“ für die betroffenen Städte und Gemeinden solle noch in diesem Jahr wirksam werden. Die dafür nötige Verfassungsänderung (Art. 109 Abs. 1 GG) solle deshalb bis Ende dieses Jahres von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.