Die Landesregierung greift zu scharfen Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Foto: dpa/Jonas Güttler

Die Landesregierung in Baden-Württemberg plant eine Ausgangsbeschränkung für Pflegeheimbewohner. Demnach sollen die Betroffenen nur noch in dringenden Fällen die Einrichtung verlassen dürfen.

Stuttgart - Wegen der Corona-Krise dürfen Bewohner von Pflegeheimen nach dem Willen der Landesregierung bald nur noch in dringenden Fällen das Heim verlassen. Solche Fälle können nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur etwa dringende Arztbesuche oder psychotherapeutische Behandlungen sein. Das Kabinett will sich an diesem Dienstag mit dem Vorschlag des Sozialministeriums befassen. Nach Inkrafttreten soll die Verordnung bis zum 19. April gelten. Zuerst hatte der SWR darüber berichtet. Der Landesseniorenrat und der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierten die geplante Verordnung und sehen darin eine erhebliche Freiheitseinschränkung.

Eine Sprecherin des Sozialministeriums bestätigte am Montag lediglich, dass es Einschränkungen für Pflegeheimbewohner geben solle. Details nannte sie nicht. Nach dpa-Informationen dürfen die Bewohner laut dem Entwurf nur noch einkaufen gehen, Briefe verschicken, zum Optiker oder zur Bank gehen, wenn der Bedarf im Pflegeheim nicht gedeckt werden kann. Außerdem dürfen die Menschen demnach nur noch alleine oder mit einer weiteren Person an die frische Luft gehen. Wenn ausreichend Platz vorhanden ist, darf das Gelände des Pflegeheims nicht verlassen werden. Trotz der Ansteckungsgefahr verlassen Bewohner oft selbstständig ihr Heim oder werden trotz Besuchsverbot abgeholt.

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Der Landesseniorenrats-Vorsitzende Uwe Bähr spricht sich gegen eine Ausgangsbeschränkung aus: Die Infektionsgefahr sei in Heimen oft größer als in der Öffentlichkeit. „Die wenigen Bewohner, die noch selbstständig ein Pflegeheim verlassen können, sollten in ihren Freiheitsrechten nicht beschränkt werden“, sagt Bähr.

Kritiker sehen massiven Eingriff in Freiheitsrechte

Und auch Ursel Wolfgramm vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg sagt, dass eine Ausgangsbeschränkung grundsätzlich schwierig sei, weil dadurch massiv in Freiheitsrechte eingegriffen würde.

Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) hatte eine Ausgangsbeschränkung bereits in der vergangenen Woche ins Spiel gebracht, sollten die Appelle nicht eingehalten werden. Behinderteneinrichtungen seien laut der Verordnung von den Verboten nicht betroffen, wenn bei einzelnen Bewohnern ein erhöhtes Infektionsrisiko ausgeschlossen werden könne.

In Baden-Württemberg sind bislang 42 an Covid-19 erkrankte Pflegeheimbewohner gestorben. Das teilte das Landesgesundheitsamt am Montag in Stuttgart mit. Mindestens 454 Heimbewohner und Pfleger seien erkrankt. In Baden-Württemberg leben laut Ministerium rund 100 000 Menschen in Senioren- und Pflegeheimen.