In Frankreich dürfen die Restaurants wieder öffnen – allerdings nur der Außenbereich. Trotz des regnerischen Wetters war etwa in Paris der Ansturm auf die Bistros enorm. Foto: AFP/LUCAS BARIOULET

In Frankreich werden die Corona-Beschränkungen deutlich zurückgefahren. Neben Restaurants dürfen auch Kaufhäuser und Kulturstätten wieder öffnen.

Paris - Drei Tage hat Pierre vor seinem Bistro im Pariser Viertel Montmartre mühsam gehämmert und geschraubt – und nun regnet es wie aus Kübeln. Die Gäste haben sich schnell mit ihren Kaffeetassen und den Croissants unter das kleine Vordach gerettet, sind aber wild entschlossen, sich ihre gute Laune nicht verderben zu lassen.

Wie alle seiner Kollegen in der engen Straße, hat Pierre auf den Parkplätzen direkt vor der Eingangstür zu seinem Lokal eine kleine Terrasse aus Holz gezimmert. Seit Mittwoch dürfen in Frankreich die Wirte ihre Gäste im Freien wieder bedienen. Wer keinen eigenen Außenbereich hatte, der bastelte sich eben einen, die Stadtverwaltung in Paris erteilte dafür großzügig Ausnahmegenehmigungen. „Es ist so wunderbar, sich wieder mit Freunden in einem Café zu treffen“, sagt eine junge Frau, jetzt kehre endlich wieder das Leben in die Stadt zurück.

Auch Kinos und Theater öffnen wieder

Neben den Restaurants und Bistros können nun auch wieder „nicht essenzielle“ Geschäfte und Kaufhäuser ihre Türen öffnen, ebenso wie Museen, Kinos und Theater. Die nächtliche Ausgangssperre gilt in ganz Frankreich nun erst ab 21 Uhr und damit zwei Stunden später als bisher. Die Sieben-Tage-Inzidenz in Frankreich ist unter 150 Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner gesunken und ist damit nur noch halb so hoch wie noch vor drei Wochen.

In Paris scheinen die Menschen nach vielen Monaten der Corona-Einschränkungen regelrecht unter Kultur-Entzug zu leiden. Schon am Morgen bildet sich vor dem Eingang des Kinos Pathé Wepler auf dem Boulevard de Clichy eine lange Schlange. „Ich kann es noch gar nicht fassen, wieder ins Kino zu gehen“, erklärt Alain, der mit einem Freund in der Frühvorstellung die französische Tragikomödie „Adieu les cons“ ansehen will. Der Film sei ihm eigentlich egal, gesteht der junge Mann. „Ich will einfach nur ins Kino.“

Warteschlangen vor den Museen

Auch vor dem Musée d’Orsay zieht sich eine kleine Menschenschlange über den Vorplatz, viele der Wartenden zücken ihre Handys, um diesen historischen Moment als Selfie festzuhalten. Ein Rentner verrät, dass er einfach jetzt die Chance für einen Besuch nutzen will, bevor in einigen Wochen dann wahrscheinlich wieder die Touristenmassen in Paris einfallen würden. Im Museum wandeln die genau abgezählten Betrachter dann ehrfürchtig zwischen den Kunstwerken umher, während das Personal peinlich genau darauf achtet, dass Abstände und Hygienevorschriften eingehalten werden.

Weniger andächtig geht es auf dem Boulevard Haussmann zu. In den Galeries Lafayette werden die ersten Kunden nach über drei Monaten Zwangspause vom Personal mit Applaus und kleinen Häppchen begrüßt. Alexandre Liot, Geschäftsführer des legendären Nobelkaufhauses in Paris, zeigt sich überwältigt, dass die ersten Kunden schon eine Stunde vor Öffnung des Gebäudes um zehn Uhr geduldig auf dem breiten Trottoir ausharrten. Über der großen Freude angesichts der Öffnung liege allerdings auch ein kleiner Schatten, erklärte der Geschäftsmann. In diesem Jahr werde die zahlungskräftige Kundschaft aus Asien und den USA sicherlich noch ausbleiben. Da die ausländischen Gäste aber rund die Hälfte des gesamten Umsatzes der Galeries Lafayette ausmache, sei das eine sehr schwere Hypothek.

Im Moment überwiege allerdings die Freude, dass man wieder arbeiten könne, resümiert Alexandre Liot. Es habe sich für ihn auch gezeigt, dass ein Job mehr sei, als ein einfacher Arbeitsplatz, um Geld zu verdienen. Vor allem das Verkaufspersonal, das vom menschlichen Kontakt zu den Kunden lebe, habe am Ende unter der Schließung und diesen fehlenden sozialen Kontakten gelitten.

Der Präsident mahnt zur Vorsicht

Ein paar Straßen entfernt vom Boulevard Haussmann setzten sich bereits am frühen Morgen Präsident Emmanuel Macron und Premierminister Jean Castex demonstrativ entspannt auf die Terrasse eines Bistros. Der Regen hatte eine kurze Pause eingelegt doch der Wind wehte empfindlich kühl um die Ecken, weshalb beide Männer ihre schwarzen Mäntel anbehielten. Der Staatschef nippt kurz am Kaffee und es wurde deutlich, dass er diese Inszenierung für die Medien nutzen wollte, um auch eine Botschaft an sein Volk zu überbringen. „Die Zahlen sind auf dem richtigen Weg“, erklärte Emmanuel Macron in Richtung der Reporter. Die Pandemie sei aber noch lange nicht überstanden. Es gebe auch keinen Grund zu Übermut, mahnte der Präsident mit Nachdruck. Jetzt zählt es vor allem, in den nächsten Monaten weiter vorsichtig zu bleiben, dann werde am Ende alles gut.