Seit Anfang Juli sind Schnelltests für die meisten Menschen kostenpflichtig. Foto: dpa/Stratenschulte

Die Inzidenz sinkt derzeit, im Vergleich ist sie in Stuttgart sogar recht niedrig. Nach Ansicht des Gesundheitsamts ist der Wert für diese Jahreszeit aber viel zu hoch. Die Schnelltests haben trotz Kostenpflicht zugenommen. In den Kliniken ist die Lage immer noch angespannt.

Am Dienstag sank die Sieben-Tage-Inzidenz in Stuttgart auf 222 Fällen pro 100 000 Einwohner. Das ist, verglichen mit den bisherigen Höchstwerten und mit den Inzidenzen anderer Städte und Kreise im Land, ein niedriger Wert. Stefan Ehehalt, der Leiter des Stuttgarter Gesundheitsamts, vergleicht die aktuelle Inzidenz aber mit der des Vorjahres und findet, es handle sich derzeit „um einen relativ hohen Wert“.

Das dürfte Folgen haben für die Entwicklung des Infektionsgeschehens im Herbst. Der Amtsleiter rechnet jedenfalls damit, dass man aufgrund des hohen Ausgangsniveaus nach dem Ende der Schulferien eine weitere Corona-Welle bekommen werde, die in ihrem Ausmaß wahrscheinlich „höher als alles Vorhergehende“ sein werde.

Positivrate sink auf 6,1 Prozent

Einstweilen nimmt das Infektionsgeschehen aber ab. Das lässt sich an der Positivrate der Schnelltests ablesen. Die lag im Juli noch bei 10,2 Prozent der gemeldeten Corona-Schnelltests, derzeit sind nur noch 6,1 Prozent positiv. Dabei nahm die Zahl der registrierten Schnelltests in der Landeshauptstadt nicht ab, obwohl die Menschen an den öffentlichen Teststellen seit Anfang Juli drei Euro pro Abstrich zahlen müssen, sondern sogar zu. In der ersten Juliwoche wurden dem Gesundheitsamt insgesamt 22 221 Schnelltests gemeldet, in der letzten Woche des Monats waren es 27 412, das ist eine Zunahme von 23 Prozent. Auch wenn die Testzahlen in früheren Monaten noch weitaus höher waren, stellt der Gesundheitsamtsleiter fest: „Der Test hat in der Bevölkerung immer noch seine Wichtigkeit.“

Zurückgegangen ist allerdings die Zahl der Teststellen. Anfang Juni waren stadtweit 293 gemeldet (mit einer maximalen Kapazität von fast 90 000 Tests am Tag), Anfang August dann nur noch 169 (maximal 57 000 Tests am Tag). Das sind 42 Prozent weniger.

PCR-Tests haben abgenommen

Abgenommen haben auch die PCR-Tests. Deren Zahl lag in der ersten Juliwoche noch bei 4472, in der letzten Woche des Monats dann bei 3467, das sind fast 23 Prozent weniger. Zwar gibt es aus Sicht der Stadt noch immer ausreichend Möglichkeiten, einen PCR-Test machen zu lassen. 20 beauftragte Teststellen sind tätig (bei einer Kapazität von rund 2000 PCR-Tests am Tag), nur eine Handvoll weniger als vier Wochen davor. Geändert hat sich aber, dass die niedergelassenen Ärzte PCR-Tests seit Juli nicht mehr vergütet bekommen und die Menschen an Testzentren oder Fiberambulanzen verweisen.

Stefan Ehehalt plädiert aber dafür, in bestimmten Fällen einen PCR-Test zur Klärung machen zu lassen. So etwa, wenn jemand zwar Krankheitssymptome habe, der Schnelltest aber negativ ausfalle. Es habe sich in vielen Fällen gezeigt, dass trotz typischer Coronasymptome Schnelltests „erst nach zwei, drei Tagen“ anschlagen. In solchen Fällen den Betroffenen zum kostenlosen PCR-Test zu schicken, sei zwar eine „ärztliche Entscheidung“, sagt der Gesundheitsamtsleiter, aber „wir empfehlen das dringend“. Zumal dann, wenn die Person mit vulnerablen Personen ob beruflich oder privat, etwa einer lungenkranken Mutter, zu tun oder überhaupt viele Kontakte habe. Und wer einen positiven Schnelltest, aber keine Symptome habe, solle ohnehin eine der beauftragten PCR-Teststellen aufsuchen.

Personalausfälle in den Kliniken

Was die kommende Coronawelle angeht, glaubt Stefan Ehehalt zwar nicht, dass eine schlimmere Omikron-Variante als die derzeitige zu erwarten sei. Aufgrund der dann aber wieder höheren Fallzahlen geht der Amtsleiter davon aus, dass etwa Hilfsdienste und Krankenhäuser wegen wieder „deutlich höherer Personalausfälle“ erneut stark unter Druck geraten werden.

Die Lage in den Kliniken ist noch nicht entspannt, auch wenn die Entwicklung derzeit günstig ist. „Die Zahl der Patienten mit Covid nimmt wieder ab“, sagt Jan Steffen Jürgensen, der Medizinische Vorstand des städtischen Klinikums. „Sie war Mitte Juli noch doppelt so hoch. Die Spitze der Sommerwelle scheint vorüber zu sein.“ Auf der Intensivstation, wo vier Covid-Patienten versorgt werden, sei die Zahl seit einigen Monaten „ziemlich konstant auf eher niedrigem Niveau“. Hinzu kommen 39 Patienten auf Normalstationen, die auch Covid hätten, aber „überwiegend andere Hauptdiagnosen“. Nur: „Auch diese Patienten sorgen durch Isolation und Schutzmaßnahmen für größeren Aufwand “.

Patienten können nicht verlegt werden

Man hat das OP-Programm leicht zurückgefahren, die Auslastung liege bei 85 Prozent des Niveaus vor der Pandemie. Dies sei nicht auf die Belastungen durch Covid-Patienten zurückzuführen, sondern auf Personalausfälle. „Derzeit fällt etwa zehn Prozent des Personals krankheits- oder quarantänebedingt aus, mit leicht sinkender Tendenz“, sagt Jan Steffen Jürgensen. „Das ist doppelt so viel wie sonst zu dieser Jahreszeit.“

Auch das Marienhospital meldet zu den Covid-Fällen: „Die Tendenz ist langsam rückläufig“, erklärt Matthias Orth, der Ärztliche Direktor der Labormedizin. Auf der Intensivstation werde noch ein Covid-Fall behandelt, auf der Normalstation 19. Auch die Zahl der infizierten Beschäftigten habe sich „recht deutlich von etwa 100 auf 50 vermindert“. Dennoch sei die Lage weiter angespannt, insbesondere sei „die Aufnahme von Notfallpatienten herausfordernd“. Unter anderem weil die Verlegung von pflegeintensiven Patienten etwa in die Reha oder in ein Pflegeheim wegen der dortigen Coronasituation „nicht so zügig wie gewünscht möglich ist“, so Orth. „Diese Patienten bleiben daher im Akutkrankenhaus und verstärken dort den Personalmangel.“

Auch Fälle von Long-Covid

Ähnlich ist die Lage im Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK). Dort werden zurzeit 21 Covid-Patienten auf einer Normalstation und zwei auf der Intensivstation versorgt. Mark Dominik Alscher, der Medizinische Geschäftsführer des RBK, spricht von einer „Seitwärtsbewegung“. Er betont aber: „Für einen Sommer sind das total viele, die vorigen Sommer waren es viel weniger.“

Auch im RBK muss man zurzeit wegen Corona klar kommen mit „nicht unerheblichen Ausfällen beim Personal“. Nach der jüngsten Ermittlung sind dort sieben Prozent der Beschäftigten deshalb ausgefallen, „etwas weniger als im Bundesschnitt, aber mehr als üblich“, erklärt Alscher. Wie im städtischen Klinikum werden auch im RBK derzeit keine Beschäftigten eingesetzt, die fünf Tage nach dem ersten Test immer noch positiv sind, aber schon zwei Tage symptomfrei, was rechtlich möglich wäre. Viele der Beschäftigten mit einer Corona-Infektion bräuchten zehn Tage und nicht selten länger, bis sie symptomfrei seien, hat der Klinik-Geschäftsführer festgestellt. Auch manche junge Beschäftigte litten an Long- oder Post-Covid und seien „wochenlang nicht belastbar“.