Die Apotheken sind nun Teil der Impfkampagne. Foto: dpa/David Inderlied

Die Heilmittelkundler dürfen von dieser Woche an Spritzen gegen das Corona-Virus setzen. Viele sind dafür auch vorbereitet – verharren aber zunächst im Wartemodus.

Ludwigsburg/Kornwestheim/Marbach/Benningen - Impfen, impfen und nochmals impfen: Regierung und wissenschaftliche Berater sehen darin den Schlüssel auf dem Weg heraus aus der Pandemie. Um die Kampagne zu forcieren, werden von diesem Dienstag an auch die Apotheken eingespannt, die wie Ärzte die Nadel ansetzen dürfen. „Wir haben dafür einen klaren Auftrag bekommen“, sagt Frank Eickmann, Pressesprecher des Landesapothekerverbands. „Und der Aufgabe stellen wir uns mit Engagement, Motivation und dem richtigen Augenmaß“, betont er.

Kurse sind ausgebucht

Genau beziffern lasse sich nicht, wie viele Kollegen aus den rund 2400 Apotheken im Ländle sich mit dem Piksen vertraut gemacht haben. Die Schulungen der Kammer seien aber ausgebucht gewesen. Mehr als 700 Teilnehmer hätten die Kurse besucht, vermeldete Eickmann Mitte vergangener Woche. „Das zeigt, dass wir die Lage ernst nehmen“, erklärt er. Zugleich habe er die Rückmeldung bekommen, dass Kollegen in die Kampagne einsteigen würden, aber aktuell zögern, da der Bedarf gerade nicht so gewaltig sei.

Absprache mit Ärzten

Exakt das ist auch der Grund, warum Sigrid Ensslin zunächst abwartet. Drei Frauen aus ihrem Team hätten die Qualifikation in der Tasche, man könne also theoretisch loslegen, sagt die Inhaberin der Marbacher Schiller-Apotheke. „Wir wollen aber keine Alleingänge machen und nur nach Absprache mit den Ärzten impfen“, erklärt Ensslin. Sollte von den Medizinern der Wunsch nach einer Unterstützung kommen, würde man sich bei einer Aktion einklinken. Aktuell, nach dem Abflauen des Booster-Booms, sei die Nachfrage nach Biontech, Moderna und Co. allerdings nicht mehr so hoch.

Entwicklung nicht absehbar

Das lasse sich auch an den zurückgehenden Bestellungen der Präparate ablesen, ergänzt Sammy Dadour, Inhaber der Apotheke am Bahnhof in Marbach, der außerdem die Strohgäu-Apotheke in Korntal-Münchingen führt. Man wisse jedoch nicht, wie sich die Situation entwickelt und ob beispielsweise irgendwann ein Run auf eine vierte Impfung einsetzt oder das neue Mittel Novavax der Kampagne frischen Schwung verleiht, gibt er zu bedenken. Sechs Leute aus seiner Mannschaft dürften jedenfalls den Corona-Impfstoff injizieren, wenn es nötig werden sollte, um einen Beitrag zur Pandemiebekämpfung zu leisten. „Wir sind grundsätzlich startklar“, sagt Dadour. Doch tatsächlich spritzen wolle man nur bei Bedarf und um den Ärzten unter die Arme zu greifen.

Im Idealfall ohne Anmeldung impfen

Ähnlich schätzt man die Gemengelage in der Römer-Apotheke in Benningen ein. Man sei qualifiziert, um zur Spritze zu greifen. „Da das regionale Impfangebot momentan die Nachfrage weit übersteigt, warten wir jedoch noch ab“, heißt es auf der Homepage. Inhaberin Anja Pott-Beckert weist darauf hin, dass selbst die Ärzte aus der örtlichen Gemeinschaftspraxis noch Impftermine frei hätten, sodass aktuell für ihr Team kein Anlass bestehe, sich einzubringen. Möglich wäre das aber, ein Trio habe die nötigen Schulungen absolviert. Sollte also die Nachfrage wieder anziehen, könne man in Räumlichkeiten im Rathaus nach Termin impfen. Der Idealfall wäre es, wenn die Kunden irgendwann auch ohne Anmeldung bei ihr vorbeikommen und sich piksen lassen könnten, sagt Pott-Beckert.

Das funktioniere aber erst, wenn in einer Ampulle nur ein einziger Shot sei und nicht wie jetzt mehrere Dosen – für die es eine entsprechende Zahl an Abnehmern braucht.

Unterschied zwischen Theorie und Praxis

In der Theorie könnte auch eine Mitarbeiterin der Markt-Apotheke in Ludwigsburg vom kommenden Dienstag an impfen. In der Praxis wird sie es vorerst nicht tun. „Im Moment sehen wir nicht die Notwendigkeit, Impfungen bei uns anzubieten“, erklärt Edith Klünder, die mit ihrem Mann die Apotheke in der Barockstadt führt. Die Menschen seien impfmüde, so ihr Eindruck. Auch die Stiko-Empfehlung für eine vierte Impfung für Menschen über 70 Jahren sowie Beschäftigte im medizinischen Dienst werde daran nicht viel ändern, glaubt sie. Dennoch ist Klünder sicher, dass die Nachfrage in der nächsten Welle oder im nächsten Winter wieder steigen wird. „Mein Mann und ich werden uns auf jeden Fall auch schulen lassen und wenn der Bedarf da ist, Impfungen dann auch anbieten.“

Geeignete Räume sind Fehlanzeige

In Kornwestheim wird es indes schwierig, an die Impfung in der Apotheke zu kommen. Götz-Georg Mauthe betreibt die Stadt-Apotheke, die Johannes-Apotheke und in Möglingen die Rathaus-Apotheke. Nirgends wird er den Piks anbieten können, denn dazu fehlen ihm geeignete Räume. Die Fortbildung hat Mauthe trotzdem gemacht. „Wer weiß, wann man es mal wieder braucht“, sagt er.

Auch Hanne Moegle-Horn, Inhaberin der Kornwestheimer Park-Apotheke, würde gerne impfen, hat derzeit aber keinen geeigneten Raum dafür. Das sei schade, denn ein Impfangebot in der Apotheke sei niederschwelliger als beim Arzt, sagt sie. Außerdem könne eine Apotheke ganz andere Zeiten anbieten und auch samstags impfen.

Mit Schulung zum Impfen

Erste Hilfe
Wer als Apotheker gegen Corona impfen will, muss zunächst eine Schulung durchlaufen. Diese besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Wie Sigrid Ensslin von der Marbacher Schiller-Apotheke berichtet, werde man dabei auch in Sachen Erste Hilfe unterrichtet – um im Fall der Fälle bei einer Spontan-Reaktion auf den Piks reagieren zu können.

Räume
Wer in der Apotheke selbst spritzen will, muss allerdings auch entsprechende Räumlichkeiten in petto haben, sagt Frank Eickmann vom Landesapothekerverband. Es müsse sich um einen abgetrennten Bereich handeln, in dem unter anderem Stuhl und Liege bereitstünden. Daran scheitere es oftmals, erklärt er.