Ein Corona-Patient auf der Intensivstation. Foto: dpa/Kay Nietfeld

In Deutschland ist die Belegung der Intensivbetten mit Corona-Patienten noch relativ niedrig. Anders sieht es in der Schweiz aus – dort wird auch schon wieder die Triage thematisiert.

Vor mehr als einem Jahr beschäftigte ein Wort die Mediziner und die Gesellschaft in Deutschland: Triage. Mit höherer Impfquote und strikten Corona-Regeln ließ sich das Geschehen an den deutschen Kliniken jedoch im händelbaren Rahmen halten.

Anders sieht das derzeit in der Schweiz aus. Dort steigt derzeit die Zahl der Neuinfektionen rasant an, wie der Tagesspiegel berichtet. Die Kliniken sind bereits an der Belastungsgrenze und eine alte Diskussion flammt wieder auf – die um die Triage.

Doch was bedeutet Triage überhaupt? Wenn in den Kliniken mehr Menschen behandelt werden müssen, als es Kapazitäten gibt, dann müssen die Ärzte eine sehr schwere Entscheidung treffen. Nämlich die, wen sie noch behandeln und wen nicht. Im Falle von Covid-19-Patienten heißt das zum Beispiel: Wer kommt an ein künstliches Beatmungsgerät und wer nicht?

Triage kommt aus dem Französischen und bedeutet „Sortieren“ oder „Auswahl“. Das Verfahren ist nicht rechtlich geregelt, sondern liegt in der Entscheidung der Ärzte. Das hat in der Praxis Auswirkungen.

Rechtliche und ethische Aspekte

Der Extremfall wäre, dass Patienten von Beatmungsgeräten abgekoppelt würden, um andere retten zu können. „Das wäre, wenn die Intensivbehandlung medizinisch eigentlich weiterhin geboten wäre, strikt rechtlich betrachtet ein aktiv-tödliches Handeln“, erläutert der Rechtsphilosoph Reinhard Merkel, Mitglied des Deutschen Ethikrats, eines vom Bundestagspräsidenten berufenen Sachverständigenrats.

„Nehmen Sie den Fall eines schwer kranken 80-Jährigen, der aber die Chance hat, wieder aus der Intensivstation rauszukommen und dann noch drei oder vier Jahre zu leben. Und jetzt wird eine junge Mutter in lebensbedrohlichem Zustand eingeliefert,und die Ärzte entscheiden, den 80-Jährigen abzuhängen.“ Wenn dann die Kinder des Mannes Strafanzeige stellen würden, wäre die Staatsanwaltschaft verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.

Der Ethikrat hat in seiner Empfehlung „Solidarität und Verantwortung in der Corona-Krise“ dazu die Formulierung aufgenommen, der Arzt könne in einem solchen Fall „mit einer entschuldigenden Nachsicht der Rechtsordnung rechnen“. Das heißt: Die Handlung war zwar nicht rechtens, wird aber nicht bestraft.