In Konstanz hängen statt der Fasnachtsbändel bunte Regenschirme über der Kanzleistraße vor dem Rathaus. Foto: Stadtmarketing

Wegen der Coronapandemie müssen die Narren in diesem Jahr zu Hause lustig sein. Geht das? Zumindest haben sich die Zünfte viel einfallen lassen, um dem Phantomschmerz einer ausgefallenen Fasnacht entgegenzuwirken.

Konstanz - Keine Umzüge, keine Bälle, keine Kappensitzungen: wegen der Coronapandemie haben die Narren im Südwesten alle ihre Veranstaltungen abgesagt, dafür fliegt das Konfetti daheim und auf digitalen Kanälen reichlich. Ein kleiner Rundblick ins Land zeigt einen gewaltigen Einfallsreichtum der Zünfte und Narrengesellschaften. Narri Narro, Helau und Ho Narro!

Hauptsache, das Narrengericht schmeckt

Eigentlich sind die Narren in Bad Waldsee auf Corona gut vorbereitet: AHA ruft man sich dort laut zu, was ja auch als Erinnerung an die Hygieneregeln Abstand – Händewaschen – Alltagsmaske verstanden werden kann. Dennoch öffnet sich dort nun nur virtuell jeden Tag die Fasnachtstruhe. Da gibt es mal einen Film vom Umzug im Jahr 1938, dann einen Besuch bei Oma Rita Kehr, die mit 95 Jahren immer noch als Schnorrewaible auf die Fasnacht geht. Für die Kinder gibt es ein Malbuch zum Download, denn auch die närrische Unterweisung musste unterbleiben. Und ein Narrengericht hat Zunftmeister Roland Haag vor laufender Kamera gekocht: Suppe, Saumagen und Apfelküchla, getreu dem Motto: Ehrlich isch dia Fasenacht wenn mei Mutter Kiechla backt - wenn sie aber koine backt, no pfeif i auf die Fasenacht!

Christbäume werden recycelt

Egal ob in Binzen, in Donaueschingen oder in Zell am Hamersbach: die Dekoration im heimischen Narrenstall muss allerorts stimmen. Für das Recycling der Weihnachtstanne als Narrenbaum gibt es dafür im Internet minutiöse Anleitungen zu lesen: 1. Kugeln und Kerzen entfernen; 2. Baum im unteren Teil entasten; 3. Den Stamm rebbeln, also mit einem Spachtel von der Rinde befreien; 4. Zurück in den Christbaumständer stellen; 5. Mit Bändern und Girlanden schmücken. In Villingen sind die großen Weihnachtsbäume in der Stadt von den Vereinen umdekoriert. Wer mit seinem Werk unzufrieden ist, muss sich seine Tanne schön trinken, aber dieser Brauch dürfte schon von Weihnachten bekannt sein.

Narri Narro aus dem Kinderzimmer

Weil der echte Umzug ausfällt, haben die Schonacher Jungnarrenräte ihn kurzerhand auf den heimischen Spielteppich verlegt. Tanzende Maskenträgerfiguren, hübsche Gardebarbiepuppen und ein Umzugswagen aus Lego-Duploklötzchen begeistern das Publikum an der Strecke und zuhause an den Bildschirmen, denn das Ereignis wird auf Facebook übertragen nebst Moderation und Expertenkommentar wie bei den Sendungen des SWR. Sogar die Feuerwehr steht bereit. Nur die Nachbarn aus Triberg benehmen sich daneben: Erst verweigern sie den Coronatest, dann gehen sie nackt auf die Strecke. Und schon hoppeln Gorillas über den Teppich.

Das Geheimrezept der Hexen

Auf vieles müssen die Narren in diesem Jahr verzichten, aber nicht auf die berühmte Bohnensuppe, die sonst immer am Schmutzigen Donnerstag am Offenburger Narrenbrunnen kostenlos ausgegeben wird. „Die Ranzengarde hat sich entschieden, ihr bestgehütetes Geheimnis preiszugeben“, sagt der Zunftmeister der Althistorischen Narrenzunft, Thomas Decker. Bei einer örtlichen Supermarktkette gibt es das Rezept nebst Zutaten, Getränken und dem unvermeidlichen Fasnachtsmundschutz zum Preis von zehn Euro zu erwerben. Der Erlös fließt an den Kinderschutzbund. Vier bis fünf Liter der Brunnensuppe ließen sich damit kochen und beispielsweise während des geplanten Livestreams der Hexenzunft aus dem Narrenkeller verspeisen.

Eine Stadt zeigt Flagge für die Fasnacht

„Ho Narro dehom“ haben die Konstanzer Narren auf ihre Fahnen geschrieben – und sie schon tausendfach unters Narrenvolk gebracht. Inzwischen gelangte die dritte Charge in den Verkauf. Auch die Rheinbrücke wurde beflaggt. Ansonsten ist die Stadt geschmückt wie eh und je. Die Fasnacht auf dem Sofa wird ernst genommen. Im Internet gibt es Musik, Videos und ein Spiel, das zu dritt in drei verschiedenen Wohnzimmern gespielt wird und bei dem es darum geht, einen neuen Narrenverein zu gründen. Letzteres wäre allerdings nicht nötig. In der Stadt gibt es bereits mehr als 80 eingetragene Fasnachtsvereine und unzählige freie Gruppen.

Auf einen Sprung ins Netz

Seit 200 Jahren schlagen sich die badischen Villinger und die württembergischen Schwenninger gegenseitig auf den Kopf. Bei der ausgefallenen Fasnacht wird nun gemeinsame Sache gemacht. Am 6. Februar hat die Villinger Zuggesellschaft zusammen mit der Schwenninger Narrenzunft eine Latenight VS gefeiert. 2500 Tickets wurden für den Livestream im Vorverkauf abgesetzt, obwohl nicht einmal kontrolliert wird. Wer optimal ausgerüstet sein wollte, sicherte sich im Vorfeld für 30 Euro im Einzelhandel ein spezielles Narrenpaket mit Bier, Piccolo, Pralinen, je einer Flasche Wein aus beiden Landesteilen und Sprudel für die obligatorische Schorle. Auch der Fasnachtspin, den diesmal ein historischer Narro mit Mund-Nasen-Bedeckung in der Hand schmückt, wurde schon tausendfach gekauft. Auch in Rottweil versuchen die Narren mit einem Livestream sich über die ausgefallene Fasnacht hinwegzutrösten. Am Fasnachtsmontag, wenn sonst der historische Narrensprung startet, wird von 8.30 Uhr an gesendet.