Fabelwesen bevölkern Cornelia Funkes Drachenreiter-Saga – wie hier auf dem Umschlag ihres aktuellen Romans „Die Feder eines Greifs“ Foto: Dressler Verlag

19 Jahre hat Bestsellerautorin Cornelia Funke ihre Fans schmoren lassen, nun gibt es ein Wiedersehen mit dem Drachenreiter Ben. In „Die Feder eines Greifs“ gehen der Junge, sein Silberdrachen und allerhand weitere Fabelwesen auf eine abenteuerlichen Reise.

Stuttgart - 1997 hat er sich zum ersten Mal auf seinem Lindwurm in die Lüfte erhoben, damals noch ein Waisenjunge, heute adoptiert von der Familie Wiesengrund. Jetzt lässt ihn die Bestsellerautorin Cornelia Funke (57) in „Die Feder eines Greifs“ in ein neues Abenteuer fliegen – das Buch ist an diesem Montag erschienen.

Endlich, nach viel zu langer Wartezeit, werden die Anhänger von einst wohl sagen. Allerdings sind diese inzwischen längst erwachsen, während Ben immer noch der wagemutige, neugierige, liebenswerte Junge von damals ist. Denn im Buch sind lediglich zwei Jahre vergangen, seit Ben den vom Menschen bedrohten Drachen zu einer neuen Heimat verholfen hat.

Doch was ein echter Fan ist, der wird sich den Fantasy-Jugendroman vermutlich trotz fortgeschrittenen Alters zulegen – und sei es nur, um ihn dem eigenen Nachwuchs, den Nichten und Neffen oder dem Patenkind zu schenken. Wie viele von Funkes Büchern funktioniert die „Drachenreiter“-Fortsetzung für Groß und Klein. Und am schönsten ist das Lesen natürlich, wenn man gemeinsam die Nase ins Buch steckt.

Auch wer den ersten Teil nicht gelesen hat, sollte sich nicht abschrecken lassen: Zwar könnte Neuleser die Fülle an Figuren verwirren – es treten Kobolde, Feen, Seeschaumpferden, Krähenmänner und allerhand weitere Fabelwesen auf – , doch Funke streut genügend Rückblicke und Erklärungen in ihre Geschichte ein, so dass man schnell den Anschluss findet.

Die Autorin hebt diesmal allzu offensichtlich den Zeigefinger

Ähnlich wie im ersten Band geht es um Mut, Freundschaft, Hilfsbereitschaft und Zusammenhalt, um eine Heldengeschichte, um eine Variation des altbewährten Motivs „Gut gegen Böse“. Diesmal muss Ben das Leben von drei noch nicht aus ihren Eiern geschlüpften Pegasus-Fohlen retten – und somit auch die Vielfalt der Erde. Die Eier werden nach Norwegen gebracht ins abgeschiedene, vor der gefährlichen Menschenwelt verborgene Mimameidr, wo Ben und seine Familie inzwischen als Beschützer vieler Fabelwesen leben. Da die Pegasus-Mutter von Wilderern getötet wurde, kann nur noch die titelgebende Feder eines Greifs die ungeborenen geflügelten Pferde vor dem Tod bewahren.

Doch wie kommt man an eine solche Sonnenfeder? Wo noch nicht einmal klar ist, wo Greife leben, ja ob es sie überhaupt noch gibt? Freiwillig würden die furchterregenden, als bösartig und gierig bekannten Löwen-Adler-Schlangen-Mischwesen ohnehin keine ihrer Federn hergeben. Dennoch macht Ben sich auf in den Dschungel im fernen Indonesien und erlebt mit seinen Gefährten, darunter eine Rattenpilotin und ein Fjordtroll, allerlei Abenteuer.

Diese erzählt Cornelia Funke wie immer charmant und spannend. Allerdings erhebt die Autorin diesmal allzu offensichtlich den Zeigefinger, die mit mehr als 26 Millionen verkauften Büchern eine der weltweit bekanntesten und erfolgreichsten Kinder- und Jugendbuchautorinnen ist und 2005 vom US-Magazin „Time“ zu den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten gewählt wurde. Denn Funke, die sich unter anderem bei Greenpeace und als Botschafterin für die UN-Dekade „Biologische Vielfalt“ engagiert, geht es mehr denn je um ein ernstes Thema: um den Artenschutz, um den Erhalt der Natur, ja aller wunderbaren Dinge, die zu unserer Welt gehören. „Diese Geschichte ist für die, die den Mut haben, zu beschützen statt zu beherrschen, zu behüten statt zu plündern und zu erhalten statt zu zerstören“, schreibt sie im Vorwort zum Buch. In einem Interview merkte Funke an, sie hoffe, ihre Geschichte bringe Kindern nicht nur die Natur näher: „Ich hoffe, sie gibt ihnen zudem die Lust und den Mut, dafür zu kämpfen, und die Gewissheit, dass dieser Einsatz schon bei den Fröschen auf einer Wiese anfangen kann.“ Wahr und wichtig – doch die Mission kann aufdringlich wirken, zumindest auf die erwachsenen Leser. Die Jüngeren wird die Geschichte um Ben und seine wundersamen Freunde sicher packen. Nicht umsonst geht der Verlag mit einer Startauflage von 100 000 Exemplaren ins Rennen. Und es wird weitere Drachenreiter-Geschichten geben, wie Funke kürzlich verriet.

„Drachenreiter“ könnte bald verfilmt werden

Zuerst könnte aber eine Verfilmung des ersten Bandes anstehen, denn die Autorin hat die Filmrechte verkauft. Dass für sie „alles mit einem Bild anfängt“, wie sie in Interviews unterstreicht, merkt man ihren Romanen stets ein wenig an – sie scheinen fast schon darauf angelegt, verfilmt zu werden. Was vielleicht auch den Erfolg ausmacht. So wird wohl „Die Feder eines Greifs“ irgendwann ebenfalls im Fernsehen oder gar im Kino laufen. Und das wird sicher keine weiteren 19 Jahre dauern.

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