Bei Messen wie der Comic Con ist Sina Voss als Projektreferentin „voll in Action“ (rechts). In ihrer Freizeit verwandelt sie sich dann gern in Belle aus „Die Schöne und das Biest“ (oben) , Merrill aus dem Computerspiel Dragon Age (links) und Anna aus dem Disneyfilm „Eiskönigin“. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Als Sina Voss vor zwölf Jahren als eine Pionierin mit dem Cosplay begann, war sie gerade mal 14 Jahre alt. Das wächst sich aus, dachten ihre Eltern. Doch da irrten sie.

Stuttgart - Star Wars“-Prinzessin Leia war sie schon, auch Merrill aus „Dragon Age II“ und die Zeichentrick-Schottin Merida. Wenn Sina Voss keine Messen in Leinfelden-Echterdingen organisiert, schlüpft die 26-Jährige als Cosplayerin „Aigue Marine“ (Aquamarin) in ganz verschiedene Outfits. Rund 80 Figuren hat sie in den vergangenen zwölf Jahren bereits verkörpert. Bei der Messe Comic Con kann sie am Wochenende Beruf und Hobby verbinden.

Eigentlich sind ihre Haare braun und ihre Augen grün – nur sehen tut man das auf Fotos selten. Dabei hat die sportliche 26-Jährige nichts zu verstecken. Das ist auch gar nicht ihr Ziel. „Cosplayer tragen Kostüme und posen, sind aber noch sie selbst“, erklärt sie. Es reicht ihr völlig, mal so auszusehen wie ihre Helden aus Zeichentrick, Comic und Fantasy. Dafür sitzt sie nicht selten wochenlang an Nähmaschine und Werkbank.

Die Großmutter stand ihr anfangs bei

Cosplay setzt sich zusammen aus den englischen Worten Costume (Kostüm) und Play (Spiel). Für eingefleischte Cosplayer ist es Ehrensache, Kleider, Accessoires, Haare und Make-up selbst zu machen. Als sie mit 14 Jahren anfing, hatte sie gerade in der Schule etwas Nähen gelernt. Starthilfe gab es auch von ihrer Großmutter, einer gelernten Schneiderin – allerdings nur kurz. „Ihre Geduld war nicht so groß. Irgendwann sagte sie: Dann mach’s halt selbst.“ Und Sina Voss machte es selbst. „Die meisten Cosplayer sind Autodidakten“, sagt sie.

Anfangs sei sie schon etwas komisch angeschaut worden, berichtet die 26-jährige Senior-Projektreferentin der Messe Stuttgart. Das Hobby war damals ganz neu. Materialien gab es kaum, Improvisation war an der Tagesordnung. Das hat sich geändert. „Heute ist es salonfähig“, sagt sie schmunzelnd. Es gebe längst großartige Kontaktlinsen und Perücken zu kaufen.

Das erste Kostüm hängt heute noch im Schrank

Durch ein Fantreffen von Videospielern in Zuffenhausen ist die junge Frau aus Ostfildern damals auf das Hobby gestoßen. Haku aus der Manga-Serie „Naruto“ war ihr erstes Versuchsobjekt. Das Kostüm musste zu ihren Nähmaschinen-kenntnissen passen und zu ihrem Budget. „Es hängt heute noch im Schrank“, sagt sie.

Das gilt nicht für alle 80 Stücke. Einige Kostüme hat sie an Cosplay-Fans verkauft, die nicht selbst nähen. Andere hat sie für neue Kostüme wieder zerlegt. „Es ist auch die Frage, wie zufrieden ich mit einem Kostüm bin.“ Der Teufel steckt manchmal im Detail. Ein kunstvoller Gürtel kann sehr aufwendig sein, genau wie Stoffdruck und Stickerei. Zu ihren langwierigsten Werken gehörte etwa das bestickte Kleid von Anna aus dem Disney-Zeichentrickfilm „Eiskönigin“. Es gibt große internationale Cosplay-Meisterschaften, etwa in Paris, London und Japan. Als Teilnehmerin sei sie dort noch nie gewesen, wohl aber schon in der Jury. Als Aktive der ersten Stunde kann sie sehr gut einschätzen, wie viel Arbeit in dem Kostüm steckt, das sie vor sich sieht.

Karten für die Comic Con gingen rasend weg

Ihr verdankt die Messe Stuttgart auch die Idee zur Comic Con – und damit einen absehbaren Mega-Premierenerfolg. Die 20 000 Tickets pro Tag gingen im Vorverkauf rasend weg, Jetzt gibt es nur noch magere 2000 Eintrittskarten an den Tageskassen. „Ich bin seit vier Jahren hier, und so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagte Messe-Sprecher Andreas Wallbillich. Das Thema sei „ein brennendes“. Dass es eine Fortsetzung geben wird, steht damit bereits fest: Im kommenden Jahr steigt die Comic Con laut Plan am 1. und 2. Juli.

Ihrer Familie hat Sina Voss längst bewiesen, dass Cosplay für sie nicht nur eine Eintagsfliege war. Ihr Vater habe sich inzwischen sogar selbst schon mal ein Kostüm besorgt und sie begleitet. „Er findet es so cool“, sagt sie stolz. Regelmäßig trifft sie Zeichner, die ihre Vorbild-Outfits entworfen haben. Mit einem kleinen Team von Leuten aus ganz Deutschland gibt sie seit 2013 ein Fachmagazin heraus. „Unser Redaktionsraum ist virtuell“, sagt sie mit einem Schmunzeln.

Die Kostümkunst hat sie verfeinert. Eines allerdings steht immer noch auf ihrer Wunschliste. „Das Kleid aus der neuen Disney-Verfilmung von ,Cinderella’ möchte ich gern machen. Das ist sehr fordernd.“

Die Comic Con in Stuttgart

Premiere: Comic Con Germany ist zum ersten Mal zu Gast in Stuttgart. Die Organisatoren, die schon mehrere kleinere Conventions angeboten haben, suchten für dieses Jahr nach einem größeren Veranstaltungsort. Messe-Mitarbeiterin Sina Voss, selbst Szene-Fan, stellte die Verbindung her. Die Vorverkaufskarten waren binnen kurzer Zeit vergriffen. Spätentschlossene müssen früh aufstehen: An der Tageskasse gibt es nur noch ein kleines Kontingent von 2000 Karten pro Tag.

Popkultur: Die Popkultur-Messe bietet am kommenden Samstag, 25. Juni, von 9 bis 18 und Sonntag, 26. Juni, von 9 bis 17 Uhr in zwei Hallen ein breites Angebot für Fans von Comic, Zeichentrick, Fantasy und Computerspielen. Neben Verkaufsausstellungen gibt es Mitmachangebote, Wettbewerbe und Vorträge. Ausdrücklich erwähnt wird die große Lego-Mitmachausstellung, das 50 000-Orks-Projekt, der Nerf-Wettbewerb und der eigene Gaming-Bereich.

Stars: Fans können sich auf Begegnungen mit Stars der Szene freuen. Rund 250 Zeichner stehen in der Comic-Zone bereit. Auch Schauspieler, etwa Stars der Serie Castle, frühere Bond-Girls, Darsteller der Sci-Fi-Serie The 100 und weitere sind vor Ort. Für den Samstag ist ein Special zur neuen Horror-Serie Outcast geplant, inklusive Foto-Session mit Hauptdarsteller Phillip Glennister. Bekannte Cos Player treffen sich am Samstag um 17 Uhr zum Wettbewerb. (bmw)