Die Stuttgarter Comedian Harmonists: Tobias Rusnak, Florian Fries (am Piano), Michael Rapke, Marc Trojan, Loïc Damien Schlentz und Tobias Hagge Foto: Martin Sigmund

Die Revue „Comedian Harmonists“ im Alten Schauspielhaus in Stuttgart spart zwar an Text und Handlung, musikalisch aber beeindrucken die sechs Männer auf der ganzen Linie.

Stuttgart - Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt. Trotzdem streiten die sechs Männer, die sich Freunde schimpfen, auffallend oft miteinander. Aber wenn das Geld knapp ist und man schon wieder im Wintermantel proben muss, weil man sich die Kohlen für den Ofen nicht leisten kann, dann rutscht die Laune sehr schnell in den Keller. Die Sänger, die später als Comedian Harmonists Weltkarriere machen sollten, benötigten reichlich Idealismus, um die quälende Durststrecke vor ihrem ersten Auftritt und dem allmählichen Aufstieg durchzustehen. Monatelang probten sie – und haben „keen Pfennich dabei verdient.“

Bis heute kennt man die Ohrwürmer der Comedian Harmonists von „Wochenend und Sonnenschein“ bis „Mein kleiner grüner Kaktus“ und all die anderen Schlagern, die bis heute vielfach kopiert und nachgesungen werden. Im Alten Schauspielhaus kann man diese erfrischenden Lieder nun alle wieder hören – mehrstimmig dargeboten von einer Truppe, die dem Original musikalisch definitiv das Wasser reichen kann. Was die fünf Sänger und Florian Fries am Klavier präsentieren, dat is jut – und wurde vom Stuttgarter Premierenpublikum so emsig bejubelt wie die originalen Comedian Harmonists es bei ihrem ersten Auftritt 1928 in Berlin wurden.

Die Stationen des Gesangsensemble werden nacherzählt

Dabei wird in „Die Comedian Harmonists“ mit Handlung und Text sehr gespart. Die Revue von Gottfried Greiffenhagen und Franz Wittenbrink erzählt die Stationen des Berliner Gesangsensembles, für das Harry Frommermann (Michael Rapke) per Zeitungsanzeige Sänger suchte. Ihm hatte es die Musik des amerikanischen Quartetts „The Revelers“ angetan, aber irgendwann bei den Proben beginnen die Männer, auf Deutsch zu singen. Es entstehen jene Gassenhauer, die bald das ganze Land trällert: „Veronika, der Lenz ist da“ und „Der Onkel Bumba aus Kalumba tanzt nur Rumba“.

Im Alten Schauspielhaus kann man den Sängern beim Proben zusehen – „Kinder, ich bin auch müde, ein bisschen mehr Konzentration“, heißt es da, oder „Ihr seid Toreros und kein Weichgummi“. Flüssig wechseln sich die Szenen ab, die Männer tauschen die Wintermäntel gegen Schwalbenschwanz oder gestreifte Jacketts und befinden sich plötzlich beim Vorsingen im Theater oder später beim Auftritt auf der Bühne. Uwe-Peter Spinner spielt mit erstaunlicher Wandlungsgabe und schnellen Kostümwechseln die übrigen Figuren – die Vermieterin, den Theaterdirektor, der „irgendwas mit nackig“ sehen will, oder den Agenten Bruno Levy, der beste Gagen für die Sänger aushandelte. Schließlich gibt Uwe-Peter Spinner auch den Nazis in der Reichsmusikkammer, der den Comedian Harmonists verkündet, dass sie nur noch ohne ihre drei jüdischen Mitglieder auftreten dürfen und sich einen deutschen Namen zulegen müssen. Damit war nicht nur das Ende der ursprünglichen Truppe eingeläutet, sondern letztlich auch das Ende der Freundschaft.

Der Schwerpunkt liegt auf dem Gesang

Die knappen Szenen zwischen den Gesangsnummern werden mit wenig Aufwand und einer Handvoll Requisiten umgesetzt. Da werden in der Kneipe (leere) Bierkrüge gestemmt oder auf dem Weg zum Auslandsgastspiel (leere) Koffer getragen. Die Bühne (Barbara Krott) ist mit einem einfachen Podest und zwei großen Vorhängen mehr als sparsam ausstaffiert, und auch der Regisseur Klaus Seiffert hat die Revue eher arrangiert als mit den Figuren gearbeitet. Dass die neue Produktion dennoch kurzweilig geraden ist, liegt an der musikalischen Qualität der Arrangements und den beiläufigen, aber durchaus witzigen und prägnanten Choreografien von Mario Mariano, der die vielen Gesangsnummern so aufpeppt, dass auch das Zuschauen Spaß macht. Marc Trojan und Tobias Hagge warten außerdem mit darstellerischem Können auf und steuern en passant köstliche Mimik bei.

In einem Land, in dem die Arbeitslosigkeit täglich stieg, war es durchaus riskant, sich als Gesangstruppe selbstständig zu machen, aber tatsächlich verdienten die Comedian Harmonists schon bald sehr gut und konnten ihre Jobs als Kellner oder Chorsänger aufgeben. Gestritten haben sie, das zumindest vermittelt das Bühnenstück, trotzdem weiterhin. „Ich habe keine Minute Privatleben“, schimpft etwa Erich (Loïc Damian Schlentz) einmal, während der Frauenheld Ari (Tobias Rusnak) regelmäßig zu spät kommt und die Kollegen in den Wahnsinn treibt. Bitter ist auch der Schluss dieser kurzen, intensiven Erfolgsgeschichte: Die drei „Arier“ der Truppe wollen in Deutschland bleiben – und nicht mit den drei jüdischen Kollegen die Karriere im Ausland fortsetzen. So trennt man sich im Streit. „Sie haben alle überlebt“, heißt es am Schluss, „sich aber nie wieder getroffen.“