Zinédine Zidane ist zurück auf der Trainerbank von Real Madrid.Zinédine Zidane soll den Absturz von Real Madrid stoppen. Foto: AFP

Zinedine Zidane kehrt als Trainer zu den Königlichen zurück. Warum er bei Real Madrid nun weitreichende Veränderungen vornehmen darf.

Madrid - „Na gut, ich weiß, es ist ein besonderer Tag für alle.“ Der erste Satz von Zinédine Zidane als neuer alter Trainer von Real Madrid wird kaum in die Geschichte der größten Spieleröffnungen der Fußballgeschichte eingehen. Aber das war natürlich egal. Was zählte, war, dass er wieder da ist. Zidane, Heilsbringer für seinen krisengeschüttelten Verein, einmal mehr.

Die gleiche Glatze, die gleiche Aura – und doch ist vieles anders. In seiner ersten Amtszeit konnte Zidane im Wesentlichen auf ein eingespieltes Team zurückgreifen, dem er ein paar Reparaturen sowie den Impuls seiner Persönlichkeit verpasste. Nun steht Projektarbeit an. Die Schlüsselfiguren seiner drei Champions-League-Siege sind teils deutlich über 30 Jahre alt.

Wie er mehrfach betonte, hat Zidane nicht vergessen, dass schon in seiner letzten Saison nur noch der Europapokal überstrahlte, dass Real zu wöchentlichem Leistungsabruf nicht mehr in der Lage war. Mit 17 Punkten Rückstand beendete er damals die Liga, jetzt sind es zwölf. „Ich weiß, wo ich bin, und welche Fehler ich gemacht habe“, sagte Zidane. Die Botschaft ist klar, er will diese Fehler nicht noch mal machen: „Wir werden Dinge verändern.“

Zidane wirkt angespannt, aber energisch

Nach einer gewohnt salbungsvollen Einführung durch Real-Präsident Florentino Pérez machte der Trainer einen angespannten, aber auch energischen Eindruck. Dass ihm die verbleibenden elf Saisonspiele mangels Titelchancen als Casting für die Zukunft dienen, ist evident. Ebenso, dass bei aller Loyalität („Ich konnte nicht Nein sagen zu dem Club, den ich liebe“) auch erweiterte Kompetenzen zu dem Rettungspaket gehören, mit dem er Pérez aus der Bredouille hilft. Zidane wird den Umbruch in einem Maße gestalten können, wie er es bei einem Verbleib im Sommer nicht gedurft hätte. Das ist – neben dem kolportierten Jahresgehalt von zehn Millionen Euro – sein Gewinn beim Raus-Rein des letzten Dreivierteljahrs.

Nicht wiederholen dürften sich also Fälle wie der von Gareth Bale, den Zidane verkaufen wollte, Pérez aber im Verein hielt. Der Waliser steht vor seinen letzten Wochen in Madrid. Spaniens Jungnationalspieler Dani Ceballos hat das Pech, Zidane nach dessen Abgang heftig kritisiert zu haben, auch für ihn sieht es düster aus. Der unter Vorgänger Santiago Solari degradierte Marcelo könnte dagegen eine neue Chance erhalten, Kapitän Sergio Ramos war bei Zidane immer über alle Zweifel und Missgeschicke erhaben, und der französische Landsmann Karim Benzema immer einer seiner Lieblingsspieler. Andererseits: Sie sind eben auch schon alle über 30.

Kroos steht mittlerweile in der Kritik

Ähnlich ist die Lage bei Toni Kroos (29). Der deutsche Regisseur war unter Zidane, der in ihm Züge seiner selbst sah, der meisteingesetzte Feldspieler nach dem mittlerweile verkauften Cristiano Ronaldo. Zuletzt ist er jedoch massiv ins Kreuzfeuer der clubnahen Presse gerückt. Findet er unter Zidane wieder zu gewohntem Niveau, dürfte es an der Beziehung zum Trainer wie dessen bevorzugtem Spielstil allerdings nicht scheitern. Kroos’ Vertrag läuft noch bis 2022.

Auswirkungen könnte das Comeback auch auf die beiden deutschen Spitzenclubs haben. Die Zeitung „As“ spekuliert, Zidane könnte verlangen, den von ihm einst ins erste Team beförderten Achraf Hakimi schon diesen Sommer von Borussia Dortmund zurückzuholen (sein Leihvertrag läuft eine weitere Saison). Unwahrscheinlicher dagegen eine Rückkehr von James Rodríguez nach Ende seines Leihvertrags beim FC Bayern. Zu grundsätzlichen Hindernissen – die Münchner verfügen über eine Kaufoption – gesellt sich der Umstand, dass Zidane nie wirklich auf ihn setzte. James ging seinetwegen.

Real hat aktuell keinen Sportdirektor

Real hat keinen Sportdirektor, was Zidanes Einfluss umso größer macht. Es ist der Reiz wie die Herausforderung seiner zweiten Amtszeit: ein Team nicht nur zu führen, sondern auch zu komponieren. Ob er es genauso gut kann? „Für uns alle kommt der beste Trainer der Welt zurück; wir sind stolz, dich wieder hier zu haben“ – so hatte der dankbare Pérez ihn begrüßt. Erst in ein paar Jahren wird man wissen, ob der Coup tatsächlich der Triumph war, als den ihn alle erst mal verstehen. Oder nur ein Pyrrhussieg, der vielleicht die Gegenwart rettete, aber nicht die Zukunft gewann.

Die Stationen einer Weltkarriere – in unserer Bildergalerie.