Columbo hat immer noch eine letzte Frage Foto: dpa

Das Verraten des Mörders gehört bei der amerikanischen Fernsehserie „Columbo“, einer der erfolgreichsten Produktionen der sechziger und siebziger Jahre, gewissermaßen zum Prinzip.

Serien gibt es fast so lange wie das Fernsehen selbst. Manche begleiten den Zuschauer sein halbes Leben, andere überdauern sogar Generationen. Wir stellen Produktionen vor, die in Erinnerung bleiben.

Los Angeles - Als der Kabarettist Wolfgang Neuss 1962 in einer Anzeige den Mörder im Durbridge-Krimi „Das Halstuch“ verriet, wurde er vom Boulevard als „Vaterlandsverräter“ an den Pranger gestellt. Auch Morddrohungen soll Neuss erhalten haben. Das Verraten des Mörders gehört bei der amerikanischen Fernsehserie „Columbo“, einer der erfolgreichsten Produktionen der sechziger und siebziger Jahre, gewissermaßen zum Prinzip. Bevor Inspektor Columbo in seinem verknautschen Trenchcoat und dem zerbeulten Peugeot 403 Cabriolet auf der Bildfläche auftaucht, darf der Zuschauer dem Mörder seelenruhig bei seiner Arbeit zuschauen. Man wird Zeuge, wie der Killer kaltblütig zur Tat schreitet, davor aber alle möglichen Spuren legt, um nicht selbst in Verdacht zu geraten. Ja, denkt man, so könnte ein perfekter Mord aussehen.

Schon von daher unterscheidet sich „Columbo“ von der gängigen Serienkost. Aber auch die Titelfigur, wunderbar gespielt von dem 2011 verstorbenen Schauspieler Peter Falk, ist kein Ermittler von der Stange. Colombo ist Inspektor beim Morddezernat in Los Angeles, Einzelgänger, italienischer Abstammung. Ob es sein Gegenüber interessiert oder nicht – oft erzählt er von Mrs. Columbo, die allerdings in keiner Folge auftaucht. Seinen Vornamen nennt er nie, nur einmal soll er auf seinem Polizeiausweis zu sehen sein, behaupten „Columbo“-Fachleute im Netz: Frank. Die Spezialität des zerstreut, bisweilen trottelig wirkenden Polizisten besteht darin, die Täter erst mal in Sicherheit zu wiegen. Columbo verwechselt beim Hinausgehen schon mal einen Wandschrank mit einer Zimmertür.

Überhaupt, die Abgänge, sie gehören zu den vielen Markenzeichnen des unverwechselbaren Polizisten. Wer hat sich nicht schon einmal, wenn es um „Columbo“ ging, an folgender Szene versucht: Ein Mann verlässt gebückt einen Raum, fasst sich an den Kopf, stockt, dreht sich um und sagt Sätze wie: „Schrecklich, wie vergesslich ich bin . . . Noch eine kleine Frage . . . nichts Wichtiges . . . nur für den Bericht.“ Natürlich ist es wichtig, was Columbo da im Hinausgehen aus seinem Gegenüber herauskitzelt.

Im Laufe der Ermittlungen wird der Inspektor nicht selten lästig. Die anfängliche Überheblichkeit des meist hochintelligenten Täters schwindet. Wenn ihm klar wird, mit welch genialem Ermittler er es zu tun hat, ist es zu spät.

Bezeichnend auch die Schlusssequenzen, in denen Columbo den Täter zur Strecke bringt. Das heißt, die Formel zur Strecke bringen gerät bei „Columbo“ zur Floskel. Columbo ist kein Triumphator, kein Richter. Waffengewalt ist ihm zuwider. Er besitzt keine Pistole. Seine Waffe ist sein Verstand. Wenn es eng werden könnte, nimmt er zwei uniformierte Beamte mit. Aber meist sind die Staffage, höchstens da, um die Zuschauer zu beruhigen und das Ganze als halbwegs glaubwürdige Polizeigeschichte erscheinen zu lassen. Nicht selten ist das Verhältnis von Täter und Ermittler von gegenseitigem Respekt getragen. Am Ende muss es der Mörder einsehen, dass er diesem merkwürdigen Herrn im Mantel nicht gewachsen war.

Insofern passt es, dass Columbo es mit prominenten Gegnern zu tun hatte: Der Country-Star Johnny Cash spielte in „Schwanengesang“ einen Sänger. Der Regisseur und Schauspieler John Cassavetes in „Etüde in Schwarz“ einen Dirigenten.

Es mag TV-Serien geben, die verblassen in der Erinnerung und enttäuschen beim Wiedersehen nach all den Jahren. Das „Columbo“-Prinzip funktioniert noch heute.