Was bedeuten die Geständnisse von Michael Cohen und Paul Manafort für Präsident Donald Trump? Foto: GETTY IMAGES NORTH AMERICA

Das Geständnis von Trumps Ex-Anwalt passt zur Geschichte der Pornodarstellerin Stormy Daniels. Hat Trump die Wahl beeinflusst und gegen das Gesetz verstoßen? Drohen dem Präsidenten jetzt eine Anklage und ein Amtsenthebungsverfahren?

New York - Ein rabenschwarzer Tag für zwei Ex-Vertraute von Donald Trump könnte auch dunkle Schatten für den US-Präsidenten voraus werfen. Vor einem Gericht in New York räumte Trumps früherer Privatanwalt Michael Cohen unter anderem Verstöße gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung ein. Und in Virginia befanden Geschworene Trumps Ex-Wahlkampfmanager Paul Manafort in acht von 18 Anklagepunkten für schuldig, Finanzstraftaten begangen zu haben. Doch was bedeuten die Geschehnisse für den Präsidenten?

Hat Trump das Gesetz gebrochen?

Michael Cohen gab vor Gericht zu, eine Zahlung „in Absprache und auf Anweisung eines Kandidaten für ein Bundesamt“ getätigt zu haben. Eine weitere sei „unter Anweisung desselben Kandidaten“ erfolgt. Summen und entsprechende Daten passen allesamt zu den Zahlungen, die an die Pornodarstellerin Stormy Daniels und das Ex-Playboy-Model Karen McDougal flossen. Beide haben über Jahre zurückliegenden angeblichen Affären mit Trump berichtet. Mit den Zahlungen sollte deren Schweigen erkauft und die US-Wahl 2016 beeinflusst werden, sagte Cohen.

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Auffallend ist aber, dass die Staatsanwälte anders als Cohen nicht soweit gingen, im Gerichtssaal mit dem Finger auf den Präsidenten zu zeigen. Rechtsexperten führen die Zurückhaltung der Ankläger auf mehrere Gründe zurück.

Ob Trump das Gesetz gebrochen habe, komme darauf an, ob er „eine Wahl zu beeinflussen versuchte, davon wusste und dies anordnete und ob er wusste, dass das nicht rechtens ist“, sagt Daniel Petalas, früherer Staatsanwalt in einer Ethikabteilung des amerikanischen Justizministeriums.

Trumps Anwalt Rudy Giuliani versuchte den Präsidenten jedenfalls kurz nach Cohens Auftritt aus der Schusslinie zu nehmen. „Es gibt keinen Vorwurf irgendeinen Fehlverhaltens gegen den Präsidenten in der Anklage gegen Herrn Cohen“, betonte Giuliani. Im April hatte Trump zudem vor Reportern bestritten, von einer Zahlung Cohens an Daniels gewusst zu haben. Allerdings haben der Präsident und sein Anwalt seitdem ihre Standpunkte dazu mehrmals geändert.

Muss Trump jetzt aussagen?

Trumps Anwälte verhandeln mit Sonderermittler Mueller über eine Vorladung des Präsidenten. Muellers Team geht möglichen Absprachen zwischen Trumps Wahlkampflager und Moskau im Zusammenhang mit einer mutmaßlichen russischen Einmischung in die US-Wahl 2016 nach.

Nun macht auch Stormy Daniels’ Anwalt Druck. Cohens Schuldgeständnis sollte es erlauben, Trump zu einer eidesstattlichen Erklärung zu der Frage zu zwingen, „was er wusste, wann er es wusste, und was er damit gemacht hat“, twitterte Michael Avenatti. Seine Mandantin hat auf eine Außerkraftsetzung des Stillschweigedeals geklagt, die sie vor der Wahl 2016 unterzeichnete.

Aktuell liegt der Fall Daniels zwar auf Eis. Doch kündigte Avenatti an, das Verfahren wieder in Gang bringen zu wollen.

Der Oberste Gerichtshof der USA hatte 1997 im Fall Paula Jones zu deren Klage gegen Bill Clinton wegen sexueller Belästigung geurteilt, dass ein amtierender Präsident im Rahmen eines Klageverfahrens sehr wohl zu einer Aussage gezwungen werden könne. Doch gingen die Richter damals nicht explizit auf die Frage ein, ob ein amtierender Präsident im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen vorgeladen werden kann. Mit dieser Frage dürfte sich der Supreme Court auseinandersetzen müssen, falls Mueller eine Aussage Trumps zur Russland-Affäre erzwingen will.

Droht Trump eine Anklage?

Das Rechtsberatungsbüro des US-Justizministeriums hat eine ziemlich klare Meinung: Ein amtierender Präsident kann nicht angeklagt werden. Trumps Anwälte betonen, dass Mueller sich an diese Vorgabe zu halten gedenke. Allerdings hat das Büro des Sonderermittlers dies nie aus freien Stücken bestätigt. Nach dem Abschied eines US-Präsidenten aus dem Weißen Haus könnte einer Anklage wohl nichts entgegenstehen.

Der Jurist Sol Wisenberg, der einst für eine Grand Jury die Befragung zur Whitewater-Affäre um Grundstücksgeschäften der Clintons übernahm, hätte zwar gerne noch mehr Details zu Cohens Deal, der diesem für das Schuldgeständnis eine Strafmilderung in Aussicht stellt. Doch klar sei: „Das Ding mit Stormy Daniels ist nicht gut für Trump“, sagt Wisenberg, und ergänzt: „Ich nehme an, dass er nicht angeklagt wird, weil er ein amtierender Präsident ist.“ Doch rücke ihn das Ganze näher an ein Amtsenthebungsverfahren - und zwar vor allem dann, wenn die Demokraten bei den baldigen Kongresswahlen das Repräsentantenhaus zurückeroberten.

Was hat Mueller damit zu tun?

Der Schuldspruch im Fall Paul Manafort ergab sich zwar aus Muellers Ermittlungen, der Fall Cohen jedoch nicht. Für letzteren zeichneten Staatsanwälte in New York verantwortlich. Und doch könnte die Causa Cohen den Ermittlungen Muellers einen Schub verleihen.

Das Schuldgeständnis Cohens entkräfte nämlich Trumps Argument, dass es sich bei den Russland-Untersuchungen des Sonderermittlers um eine „Hexenjagd“ handele, sagt Ex-Bundesstaatsanwältin Laurie Levenson. „Nun kann man nicht länger behaupten, dass Mueller eine Hexenjagd betreibt, wenn der eigene Anwalt sich Dingen schuldig bekennt, die die Wahl beeinflussen sollten“.

Kann Trump sich selbst begnadigen?

Dass Trump nicht davor zurückschreckt, seine Begnadigungsbefugnisse für jene einzusetzen, die er für Opfer von Parteilichkeit hält, ist hinlänglich bekannt. In den Genuss dieser Vollmacht kam etwa Joe Arpaio, ein für seine knallharte Hand gegen Häftlinge und Migranten bekannter Ex-Sheriff in Arizona. Der Polizist hatte laut Schuldspruch bewusst richterliche Anordnungen zur Gleichbehandlung von Latinos ignoriert.

Zudem begnadigte Trump Irving Lewis „Scotter“ Libby, ein ranghoher Mitarbeiter der Regierung von Expräsident George W. Bush, der wegen Meineids und Justizbehinderung in einer Affäre um die als Undercover-CIA-Agentin enttarnte Valerie Plame verurteilt worden war.

Mit der Frage einer Selbstbegnadigung eines Präsidenten mussten sich die US-Gerichte bisher nicht beschäftigen. Trumps Anwalt Giuliani sagte unlängst, dass es ohnehin nicht dazu kommen würde. „Sich selbst zu begnadigen, wäre undenkbar und würde wahrscheinlich zu einer sofortigen Amtsenthebung führen“, sagte er im Juni in der Sendung „Meet the Press“ von NBC. „Und er braucht das nicht tun, er hat ja nichts Falsches getan.“ Im gleichen Atemzug schob Giuliani aber hinterher, dass Trump „wahrscheinlich“ doch die Macht hätte, sich selbst ein Pardon auszusprechen.