Das Oberlandesgericht Hamm verhandelt die Klage des peruanischen Kleinbauern Saul Luciano Lliuya. Er fordert von RWE, Maßnahmen zum Schutz seines Hauses in Peru zu bezahlen. Der Konzern sei durch den CO2-Ausstoß seiner Kraftwerke für den Klimawandel mitverantwortlich. Foto: dpa

Mitten in der UN-Klima-Konferenz verhandelt das Oberlandesgericht Hamm über die Klage eines peruanischen Bauern gegen RWE. Er macht den Konzern mitverantwortlich für das Schmelzen der Gletscher in seiner Heimat und fordert Geld. Nun erzielte er einen Etappensieg.

Hamm - Muss der deutsche Kraftwerksbetreiber RWE für Schäden in Peru aufkommen, die dort mutmaßlich durch den Klimawandel verursacht werden? Mit dieser Frage befasst sich seit Montag das Oberlandesgericht Hamm. Geklagt hat ein peruanischer Bauer, der sein Haus in Huaraz etwa 450 Kilometer nördlich von Lima von Überschwemmungen bedroht sieht, die mutmaßlich vom Klimawandel verursacht werden. Dafür macht er den Kraftwerksbetreiber RWE mitverantwortlich. Vor Gericht errang er nun einen Etappensieg.

Anders als die erste Instanz schloss das OLG Hamm einen zivilrechtlichen Anspruch nicht von vorneherein aus. Am 30. November will das Gericht nun verkünden, ob es in die Beweisaufnahme einsteigt. Die Nachfragen des Gerichts am ersten Verhandlungstag am Montag ließen eine Tendenz in diese Richtung erkennen.

Großer Fortschritt für den Kläger

Der peruanische Bauer Saúl Luciano Lliuya fordert vor Gericht, dass RWE 0,47 Prozent der Kosten für Schutzmaßnahmen für sein Haus und sein Dorf übernehmen muss. Sein Dorf in den südamerikanischen Anden ist durch Fluten eines abtauenden Gletschers gefährdet, für die der Kläger RWE mitverantwortlich macht. „Die Klage richtet sich gegen RWE, weil sie mit ihren Kraftwerken Treibhausgase in die Erdatmosphäre ausgestoßen haben, die für die globale Erwärmung mitverantwortlich sind“, sagte Lliuya im Vorfeld.

Bewegt äußerte sich der Bauer nach der Verhandlung: „Die Berge haben gewonnen. Die Lagunen sind die Tränen der Berge, und die Gerechtigkeit hat das gehört und hat uns Recht gegeben“, sagte er. Auch seine Prozessvertreterin zeigte sich erfreut: „Mein Ziel für den heutigen Tag ist zu 100 Prozent erreicht.“ Der Prozesstag zeige, dass die großen Unternehmen mitverantwortlich seien für den Klimawandel. Für den Kläger sei es ein großer Fortschritt, dass ein Gericht die Klage für schlüssig halte.

Prozesss kann grundsätzliche Bedeutung erlangen

Die Vertreter von RWE äußerten dagegen bereits in der Verhandlung Kritik: Würde der Kläger Recht bekommen, könne jede Industrie und letztendlich jeder Mensch, der Emissionen verursacht, vor Gericht landen, argumentierten die Prozessvertreter von RWE. Es käme zu einer Klage aller gegen alle. Das habe der Gesetzgeber sicher nicht gewollt. Es sei letztendlich auch nicht zu beweisen, dass die Emissionen von RWE zum Abschmelzen des Gletschers in den Anden führten, der oberhalb des Wohnortes von Lliuya liege. Infrage kämen auch viele andere Emittenten.

Der Vorsitzende Richter Rolf Meyer konnte dieser Argumentation nicht sehr viel abgewinnen. „Dürfen wir die Menschen, die von den Folgen des Klimawandels betroffen sind, damit alleine lassen, wenn wir die Emissionen produzieren?“, fragte er. In der Folge sei vor allem von Bedeutung, ob der Kläger darlegen könne, dass die Emissionen von RWE für das Abschmelzen des Gletschers in den Anden ursächlich seien.

Es könnte ein Prozess mit grundsätzlicher Bedeutung sein, denn in der Folge könnten deutsche Unternehmen für die Folgen des Klimawandels anderswo möglicherweise haftbar gemacht werden.