Pascal Fetzer lädt zur Revival Party ein, links ein Foto von einer Party im Cluss mit dem Titel „Sommerschlussverkauf“. Foto: Simon Granville/privat

Für viele Ludwigsburger sind sie mit Erinnerungen an schöne und vor allem spaßige Zeiten verbunden: die Wirte Dschingis Can und Sean Zwissler, die in den 90ern und 2000ern das Cluss und Falcone betrieben. Am Karsamstag stehen sie mit dem jetzigen Scala-Gastro-Wirt hinter der Theke.

Die Scala-Gastronomie hat in den letzten Jahrzehnten immer wieder ihren Namen geändert – doch besonders einer ist den Ludwigsburgern in Erinnerung geblieben. „Die Menschen erzählen immer noch vom Cluss, deshalb hatte ich die Idee, am Karsamstag eine Revival-Party zu schmeißen“, sagt Scala-Wirt Pascal Fetzer.

 

Hinter der Theke stehen am Samstagabend deshalb gleich drei Wirte. Dschingis Can, mit dem das Cluss in den 90ern zu einer Institution wurde, Sean Zwissler, der sich mit dem Falcone um die Jahrhundertwende einen Lebenstraum erfüllte und Pascal Fetzer, der alle zusammenbringt und selbst Erfahrungen im Cluss gesammelt und das Falcone besucht hat.

Wirtspersönlichkeiten zurück im Scala

Für ihn das besondere am Cluss: „Das war eine generationenübergreifende Kneipe, kein Hipsterladen, sondern eine bodenständig, menschlich geführte Geschichte, wo die Wirte mit den Leuten befreundet waren – oder sie zumindest gut kannten“, erinnert sich Fetzer. Dschingis Can und Sean Zwissler seien Wirtsfiguren gewesen, die den Laden nicht nur im Hintergrund führten, sondern im Gastraum präsent waren. „Damit bist du so etwas wie eine Lokalberühmtheit, der Dorfpfarrer, Stadtpastor – du kennst von jedem die Probleme und bist das Bindeglied zwischen den Menschen“, so Fetzer. In der Gastronomie gebe es viel Konkurrenzgerangel, deshalb sei die Revival-Party, die zu seiner viertägigen Osterfetz-Reihe von Karfreitag bis Ostermontag gehört, ein schönes Symbol, den Ehemaligen den Respekt zu zollen.

Fragt man Dschingis Can nach den Hochzeiten des Cluss, könnte man ganze Bücher füllen. Mit Geschichten über die Mode- und Musikszenen, die sich in der Zeit gründeten, die Anfangszeiten von Poetry Slam und Open Air und die Grenzenlosigkeit nach dem Mauerfall. Vor allem aber mit Geschichten, die Gäste ins Cluss herein und an Dschingis herantrugen – die er verinnerlicht und für sich behalten hat. Das Cluss hatte von früh morgens bis mitten in der Nacht geöffnet, eine Kneipe, die Ludwigsburg aus seiner Verschlafenheit riss, eine kreative Spielwiese – und ein Familienbetrieb, der Gäste aus dem Umkreis Heilbronn bis Esslingen in die Barockstadt holte. So erzählt es Dschingis Can heute, der die Cluss-Kneipe und den Biergarten von 1992 bis 1997 leitete. „Meine Mutter hat Köstlichkeiten aus der Türkei präsentiert, auch dank ihr und meinem Vater hat sich das Cluss entwickelt.“

Dort, wo heute ein Durchgang zum Scala Theater ist, stand früher eine Bühne, auf der wöchentlich Live-Bands auftraten. Damals hätten sie dafür gekämpft, länger als 23 Uhr Programm anbieten zu können und gegen die Verordnung, um 22 Uhr die Biergarten-Gäste nach Hause zu schicken, erzählt Dschingis. „Wir waren glücklich, quasi die modernen Hippies“, beschreibt der Gastronom. Nach seiner Zeit im Cluss war Dschingis viele Jahre mit seiner mobilen Küche in Europa unterwegs, hat in Köln und Berlin gelebt und ist seit 2021 wieder zurück in Ludwigsburg. Die vergangenen Jahre hat er die Polizeikantine geleitet. Und jetzt? „Ich werde in der kreativen Szene bleiben – mehr kann ich gerade noch nicht sagen.“

Falcone, das Wohnzimmer Ludwigburgs

1999 bis Ende 2002 wurde das Cluss zur Bar und Trattoria Falcone, geleitet von Sean Zwissler. „Es war das Wohnzimmer von allen“, erzählt er heute. Damals habe es in Ludwigsburg noch wenig Kneipen und Bars gegeben, ins Falcone sei jeder zwanglos auf ein Bier vorbeigekommen. Dienstagabend hätten alle vier bis acht Wochen Motto-Partys stattgefunden. Im Programm: üppig Deko und eine Tanzfläche auf der verkleidete Bully-Herbig-Filmcharaktere oder Geister bis morgens um 4 Uhr ausgelassen tanzten.

Selbst die Polizeistreifen hätten für einen Espresso angehalten, weil ein Beamter mit einem Gast in der Schule war. So sei es gewesen: irgendjemand kannte man immer. Nach seiner Zeit im Falcone hat Sean Zwissler in verschiedenen Restaurants gearbeitet – Gaston, Ennui oder das Scholz in Stuttgart – bis er Mitte 40 war.

Inzwischen arbeitet er im APS Service für Gastro-Geräte. Auch wenn der Ludwigsburger selbst nicht mehr bis Sonnenaufgang feiern gehen würde, wenn er spät abends seine Runde mit dem Hund durch die Stadt dreht, ist in den meisten Kneipen kaum etwas los – oder sie sind schon geschlossen.

Am Karsamstag hingegen, da sind sich die drei Gastronomen sicher, wird sich ein anderes Bild zeigen: Menschen, die sich in den Armen liegen, tanzen, in Nostalgie schwelgen. „Wie ein Klassentreffen für Ludwigsburger“, sagt Pascal Fetzer. Geplant sind eine kleine Speisekarte mit Partyfood, die Satoshi-Gründer mixen Cocktails, ein DJ legt auf. Gäste zahlen zehn Euro Eintritt, fünf Euro davon gehen an den Verein Frauen für Frauen. Einen Vorverkauf gibt es nicht. Um 18 Uhr geht’s los, „und wenn’s voll ist, ist’s voll“.