Kunden dürfen aktuell nicht in Martina Bartles Geschäft, aber sie dürfen bestellte Waren abholen. Das klappt gut. Foto: Caroline Holowiecki

Seit einer Woche ist in Baden-Württemberg Click-and-Collect erlaubt. Wie gut funktioniert das? Und lohnt es sich für die Händler? Ein Beispiel aus Stuttgart-Sillenbuch.

Sillenbuch - Die Frau braucht keine fünf Minuten. Um 11 Uhr winkt sie durchs Schaufenster, Martina Bartle hat den Karton bereits hergerichtet und händigt ihn der Frau aus. Vor der Ladentür schlüpft die Kundin geschwind in einen Schuh. „Passt“, lautet ihr Urteil. Aus der Ferne lässt sie sich noch ein Tuch und Halbschuhe zeigen. Nein, das sei nicht das richtige Braun. „Ich überweise es Ihnen nachher gleich“, ruft sie in den Laden, schnappt sich ihre Tüte und geht wieder ihrer Wege.

Seit einer Woche ist im Handel in Baden-Württemberg Click-and-Collect erlaubt, Neudeutsch für vorab bestellen und dann zu einem verabredeten Zeitpunkt an der Ladentür abholen. Auch im Schuh- und Lederwarengeschäft „Christine“ in Stuttgart-Sillenbuch können sich Interessenten telefonisch, per Whatsapp oder per E-Mail melden und Bestellungen aufgeben. „Das klappt so gut bei uns“, betont die Inhaberin Martina Bartle. Zettel im Schaufenster weisen auf die Kontaktmöglichkeiten hin. Ihr Handy trägt die 58-jährige Geschäftsfrau an einer Kordel um den Körper. Bloß keinen Anruf verpassen. Eben erst hat eine Frau angerufen, der im Vorbeifahren ein Tuch ins Auge gestochen ist.

Click-and-Collect sei kein Allheilmittel

Laut dem Handelsverband Baden-Württemberg ist das Abholgeschäft gut gestartet. Doch Sabine Hagmann, die Hauptgeschäftsführerin, stellt klar: „Click-and-Collect ist kein Allheilmittel.“ Zum einen sind aus ihrer Sicht auf diesem Wege zwar Grundumsätze zu generieren, aber „keine Riesenmengen“ zu verkaufen. Zum anderen profitiere auch nicht jede Branche im gleichen Maß von der Möglichkeit des Abholservices. Im Bereich Buchhandel oder Elektro etwa funktioniere das Ganze gut. Vor allem aber sei Click-and-Collect ein Instrument, um mit den Kunden in Kontakt zu bleiben.

Und hier profitierten vor allem kleinere Geschäfte in den Außenbezirken. „Es gibt viele, die versuchen, die lokalen Händler zu unterstützen“, sagt Sabine Hagmann. Beim Lädle ums Eck sind die Identifikation und die Kundenbindung eben größer. Hinzu kommen die kurzen Wege. „Wenn ich genau weiß, was ich möchte, bin ich schneller bei meinem Händler.“

Im kleinen Sillenbucher Schuhladen geht die Rechnung auf. Entweder die Kunden probieren die Schuhe vor dem Laden beziehungsweise im Auto, oder sie nehmen sie mit nach Hause. Was nicht passt, wird zurückgebracht. Bezahlt wird per Überweisung. „Da läuft viel auf Vertrauensbasis“, sagt Martina Bartle. Von dem, was durch Click-and-Collect reinkomme, könne sie die Fixkosten bezahlen. Zudem findet auch sie es wichtig, Präsenz zu zeigen. „Ich bin jeden Tag da“, sagt sie. Das habe ihr einen Neukundenzuwachs von 30 Prozent beschert.

Viel Aufwand digital und analog

Die Heumadenerin ist rührig. Einmal die Woche dekoriert sie ihr Schaufenster neu, um Passanten anzusprechen. Neben jedem Schuh steht handschriftlich, welche Größen verfügbar sind. Die Homepage soll alsbald überarbeitet werden, zudem postet Martina Bartle regelmäßig Bilder und Videos bei Instagram. Die treibende Kraft in puncto soziale Netzwerke ist ihre Tochter Mara Bartle. „Mama ist schon gut dabei“, sagt die 27-Jährige. Die Mutter lächelt. „Ich bin noch kein Crack. Aber ich verstehe es immer besser“, sagt sie. Und: Es lohne sich. Die meisten Bestellungen kämen über Whatsapp und Instagram.

Doch nicht nur die digitale Welt wird bei „Christine“ bedient. Martina Bartle geht auch klassische Wege: Stammkunden anrufen und „nach guter, alter Sitte Briefe schreiben“. Viel Aufwand, doch sie ist auch froh, beschäftigt zu sein. „Ich will nicht die Hände in den Schoß legen.“ Das entspreche nicht ihrem Naturell. Und sie stellt klar: „Es ist meine Existenz.“