Carlo Triberti trägt seine Frau und Partnerin Nancy auf Händen. Foto: Piechowski

Carlo Triberti gilt als einziger Kraftmann der Zirkuswelt. Mit dem Circus Carl Busch gastiert er auf dem Wasen.

Stuttgart - Im Sweatshirt wirkt Carlo Triberti wie ein sportlicher junger Mann. Wenn er das Hemd auszieht, wird klar, dass diese Einschätzung eine gewaltige Untertreibung ist: Zum Vorschein kommen Muskelpakete, die anschaulich machen, warum der Italiener 2010 einen Rekord fürs Guinness-Buch der Rekorde aufgestellt hat. Damals ist es ihm gelungen, innerhalb einer Minute acht Bratpfannen aufzurollen wie Pfannkuchen – eine ganz heiße Nummer, obwohl die Pfannen kalt waren. Ein Wunder indes ist diese Leistung nicht, denn der 36-Jährige aus der Gegend von Mailand gilt derzeit als einziger klassischer Kraftmann der Zirkuswelt, denn die Branche ist aus der Mode gekommen.

Die Atmosphäre der Manege hat Triberti schon von Kindesbeinen an geprägt. Er entstammt einer römischen Zirkusdynastie, seine Großeltern führten einen der größten Zirkusse Italiens, und der dreijährige Carlo arbeitete in der Manege mit Elefanten. Als der Zirkus nach einigen Jahren seine Tiere verkaufte, waren die Artisten gezwungen, ihr Programm völlig umzubauen.

Entstanden ist eine Show, die sich mit Wagenrennen und Sandalen-Kostümen am antiken Rom orientierte. „Meine Eltern und mein Onkel haben mir geraten, den Kraftmann zu machen. Ich hätte dafür die körperlichen Voraussetzungen.“ Mit zwölf Jahren hat er begonnen, Kraft und Kondition zu trainieren. Auch heute schuftet er zwei bis drei Stunden täglich überwiegend an der Kraftmaschine: „Damit kann man korrekter arbeiten als mit Hanteln.“

„Der Zirkus weitet eben den Horizont“

Nicht nur beim Training hat Triberti viel Biss, die Natur hat ihn mit herausragenden Beißern ausgestattet. Im Zirkusrund erbleicht jeder Zahnarzt, wenn Triberti einen Zimmermannsnagel mit den Zähnen aus einer etwa fünf Zentimeter dicken Bohle zieht. Hat er Angst vor Karies? „Nein, davor nicht, aber dass mir einmal ein Zahn bricht“, sagt er lakonisch.

Wesentlich für sein Können ist auch die Ernährung: Huhn, Fisch, Pute, mageres Rindfleisch, Gemüse – und von alledem wenig. Auf die in Italien übliche Pasta muss Triberti ebenso verzichten wie auf den Zucker im Espresso oder auf Obst und gesüßte Säfte. Wenn ihn abends doch noch der Hunger überfällt, greift er zu einer Banane.

Trotz all der Disziplin ist die Zeit des Athleten in der Manege altersbedingt begrenzt: „Noch etwa zehn Jahre kann ich in der Manege arbeiten , dann werde ich mich um meinen Sohn kümmern.“ Der Zehnjährige geht während der langen Deutschland-Tournee des Circus Carl Busch hierzulande in die Grundschule und spricht gut Deutsch. „Als wir in Spanien auf Tournee waren, ist er dort auf die Schule gegangen, er spricht deshalb auch Spanisch. Der Zirkus weitet eben den Horizont“, sagt seine Mutter Nancy, die mit Carlo schon seit Kindesbeinen liiert ist. Sie lernten sich in der Manege kennen.

Sie ist der lebende Beweis dafür, dass Carlo der Eisenbieger auch sanft zugreifen kann, denn die quirlige Italienerin ist ganz und gar unverbeult. Nancys Vertrauen in Carlo muss grenzenlos sein, denn bei einer Rollschuhnummer auf einem lächerlich kleinen, runden Podest, wirbelt sie ihr Mann in atemberaubenden Kreisbewegungen an den Fußgelenken durch die Luft. Dabei wirken unerhörte Zentrifugalkräfte auf die beiden. „Einmal ist sie mir dabei entglitten und sieben Meter durch die Manege geflogen. Sie hatte Glück und war nur grün und blau.“ Böse, versichert Nancy, sei sie ihm nicht gewesen: „Das ist einfach unser Berufsrisiko.“