Die Tür ist aus massiven Holz. Dennoch wirkt die Installation federleicht. Eine Nacht lang haben Martin Bukovsek und sein Bruder Stefan für den Aufbau gebraucht. Foto: Kratz

In der Christus-König-Kirche in Stuttgart-Vaihingen ist zur Fastenzeit eine Installation des Künstlers Martin Bukovsek zu sehen. Diese wirkt fast zauberhaft und regt zum Nachdenken an.

Vaihingen - Martin Bukovsek ist bekannt. Unter seinem Namen Carismo hat der Artist und Zauberer schon mehrere Weltrekorde aufgestellt, zum Beispiel im Stillstehen und im Langsamgehen. Darüber hinaus ist er seit 2016 der Moderator des Weltweihnachtscircus auf dem Cannstatter Wasen. Doch jenseits der schillernden Welt des Zirkuszelts hat Bukovsek noch eine ganz andere Natur. „Ich glaube“, sagt der überzeugte Katholik. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart hat im Internet ein Video von Bukovsek veröffentlicht, das den Künstler bei einem getanzten Gebet zeigt.

Derzeit ist in der Christus-König-Kirche eine von Bukovseks Installationen zu sehen. Ein langes violettes Tuch verläuft wie ein Baldachin unter dem Zöllinger Deckengewölbe. Im Chorraum scheint es wie ein Wasserfall in Richtung Boden zu fließen. Auf diese Weise verhüllt es das Kreuz – so wie es in der Passionszeit in vielen Gemeinden üblich ist. Die Tradition stammt aus einer Zeit, in der Kreuze mit einem leidenden und geschundenen Jesus selten waren. Triumphkreuze waren modern, geschmückt mit Gold und Edelsteinen, manchmal ganz ohne Körper, manchmal mit dem erhöhten Christus mit Gloriole oder Königskrone. Doch auch Gemeinden, deren Kreuze den leidenden Jesus zeigt, verhüllen dieses, um es dann am Karfreitag wieder mit neuen Augen sehen zu können.

Die Tür ist ein starkes Symbol

Das Kreuz in der Christus-König-Kirche zeigt Jesus als Weltenherrscher. Bukovsek findet das „Augenfasten“ – wie er es nennt – aber genauso wichtig. Doch er habe das Kreuz nicht einfach verhüllen, sondern dies mit einer Aussage verbinden wollen. Darum hängt vor dem Kreuz eine Tür. Es scheint, als wäre diese lediglich auf ein Leinentuch gemalt, die Tür scheint über dem Altar zu schweben. Und das, obwohl es sich um ein massives, schweres Holzbrett handelt. „In der Fastenzeit machen wir uns auf den Weg. Wir überlegen uns, wohin wir gehen wollen. Welche Türen wir öffnen und welche wir geschlossen lassen. Was nehmen wir mit, und was lassen wir draußen, wenn wir durch eine Tür gehen?“, sagt Bukovsek und kann noch viele weitere Fragen aufzählen, die er mit einer Tür verbindet. Er will zum Nachdenken, zum In-sich-gehen, zum Glauben anregen.

Für den Künstler selbst ist es auch die Tür zum Herzen und damit zu Christus selbst und dem ewigen Leben. Wenn er in Richtung Altar schaue, dann sehe er nicht nur ein Tuch und ein Holzbrett, sondern immer auch Christus, sagt Bukovsek. Zudem bilde die Tür mit den noch zu sehenden Armen des dahinter stehenden Holzkreuzes auch wieder ein Kreuz. „Es ist also gar nicht wirklich weg“, sagt Bukovsek.

Das Tuch symbolisiert den Regenbogen, der veranschaulichen soll, dass Gott immer da ist. Gleichzeitig kann das Tuch aber auch als ein Weg gedeutet werden. Die lange Stoffbahn ist eigentlich ein sogenanntes Vertikaltuch, an dem Zirkusartisten spektakuläre Übungen und Kunststücke zeigen. Das Tuch ist violett, was seit jeher die Farbe der Trauer ist.

Die Installation ist noch bis Karsamstag zu sehen

Martin Bukovsek hat die Installation zu Beginn der Fastenzeit gemeinsam mit seinem Bruder Stefan aufgebaut. Dieser ist als Bühnentechniker am Staatstheater ein Mann vom Fach. Dennoch haben die beiden eine Nacht lang gearbeitet. Geplant war das nicht. Doch es sei schwieriger gewesen als gedacht, die lange Stoffbahn an der Kirchendecke zu befestigen. „Immer wieder gab es Stockungen, weil sich das Tuch wieder gelöst hatte“, sagt Bukovsek. Doch auch das sei eine schöne und zur Fastenzeit passende Erfahrung gewesen. Im Leben gehe es eben nicht immer geradeaus.

Am Karsamstag werden die beiden die Installation wieder abbauen. Traurig darüber ist Bukovsek nicht. „Das gehört dazu, denn alles muss auch wieder enden.“