Die Vorsitzende des Landeselternbeirats, Christiane Staab, tritt von ihrem Posten zurück.

Stuttgart - Französischpflicht am Oberrhein, achtjähriges Gymnasium, Werkrealschule - immer wieder hat sich der Landeselternbeirat Baden-Württemberg mit dem Kultusministerium angelegt. Jetzt wirft die Vorsitzende Christiane Staab enttäuscht das Handtuch.

Der Finanzminister habe das Fass zum Überlaufen gebracht, antwortete Christiane Staab am Montag auf die Frage nach dem Grund für ihren überraschenden Rücktritt. "Wenn er sich doch wenigstens einmal die Mühe gemacht hätte, sich zu informieren, bevor er solche Forderungen in die Welt setzt. Willi Stächele hatte vor zwei Wochen verlangt, Lehrerstellen zu streichen, weil die Schülerzahlen bald zurückgehen. Mit einem Verhältnis von einem Lehrer auf 16 Schüler sei im Bundesvergleich die Situation in Baden-Württemberg ohnehin am besten, argumentierte der CDU-Politiker. "Das ist ein Hohn", sagte Staab. Es gebe zwar teilweise kleine Grund- und Hauptschulklassen auf dem Land. Aber an den Gymnasien und Realschulen verschärfe sich die Situation seit Jahren.

Fünf Jahre lang hat die 41-jährige Juristin und Mutter von vier Kindern versucht, die Landesregierung dazu zu bewegen, Eltern, Schüler und Lehrer ernst zu nehmen. Ihr Ziel sei, "dass in allen Schulen die Kinder und Lehrer gern arbeiten, die Eltern echte Erziehungspartner sind, gegenseitiges Vertrauen den Alltag prägt und jeder dem anderen mit Freundlichkeit und Respekt begegnet", hatte sie immer wieder erklärt. Doch die Vorschläge und die Kritik des Landeselternbeirats hätten bei der Landesregierung kein Gehör gefunden. "Wer meint, mit einer zwei Millionen Euro teuren Werbekampagne für die Bildung die Probleme an den Schulen aus dem Weg räumen zu können, zeigt, dass er nichts verstanden hat", sagt sie. Deshalb haben sie und ihre Stellvertreterin Sylvia Wiegert im Landeselternbeirat am 20. Januar erklärt, dass sie ihre Leitungsaufgaben abgeben werden. Auch Kultusminister Helmut Rau (CDU) habe sie über ihren Rückzug informiert, sagte Staab.

Rau äußerte sich am Montag "überrascht über die Äußerungen von Frau Staab". Zwischen ihm, Staab und Wiegert habe es in der vergangenen Woche "ein sehr offenes und ausführliches Gespräch" gegeben. Auch habe er jedem Gesprächswunsch des Landeselternbeirats entsprochen. Als Beratungsgremium sei der Landeselternbeirat sehr ernst genommen worden, allerdings habe man nicht allen Wünschen des Gremiums entsprechen können. So habe beispielsweise "die grundsätzlich ablehnende Haltung zur Werkrealschule" kein Gehör gefunden.

Aus Sicht des Landeselternbeirats bringt die neue Werkrealschule den Hauptschülern keine Verbesserungen. Vor allem die schwächsten Schüler blieben auf der Strecke, weil es für sie seit Jahren nicht genügend Förderung gebe und bei dem neuen Modell auch noch der Praxiszug gestrichen werde, so Staab. Auch beim achtjährigen Gymnasium hielt der Landeselternbeirat nicht mit Kritik hinter dem Berg. Die Gymnasien müssten endlich zu Ganztagsschulen ausgebaut und Kinder individuell gefördert werden, forderte Staab. Angelegt hatte sich der Landeselternbeirat mit Rau auch, weil dieser an den Gymnasien am Oberrhein Französisch zur ersten Pflichtfremdsprache an den Gymnasien machten wollte. Erst ein Gericht stoppte die Pläne.

Nicht nur den Kultusminister, auch Lehrer hat Staab immer wieder verärgert. Etwa mit der Forderung, Fortbildungen in die unterrichtsfreie Zeit zu verlegen, und dem Ruf nach einer besseren Evaluation des Unterrichts. Es reiche nicht, Schule und Unterricht zu beurteilen und die Ergebnisse dann unter Verschluss zu halten, kritisierte sie. Unfähige oder überforderte Lehrer dürften Kindern nicht weiter zugemutet werden.

SPD und Grüne bedauerten den Rücktritt von Staab. "Wenn die Vorsitzende des Landeselternbeirats sich nur noch verhöhnt fühlt, zeigt sich, dass die Landesregierung den Willen der Elternvertreter vollständig ignoriert", erklärte SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel. Damit werde "die Betonmentalität von Kultusminister Rau, der sich jeglicher Änderung im Schulsystem widersetzt", völlig deutlich. SPD-Generalsekretär Peter Friedrich forderte den designierten Ministerpräsidenten Stefan Mappus auf, Rau "die Versetzung in die nächste Landesregierung zu verwehren".

"Spätestens jetzt müssten bei der Landesregierung doch sämtliche Alarmglocken klingen. Wann, wenn nicht jetzt, wird sich Kultusminister Rau der Frage stellen müssen, wie lange er noch Bildungspolitik gegen die Eltern in diesem Land machen will", sagte die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Renate Rastätter.

Voraussichtlich am 23. März wird der Landeselternbeirat einen Übergangsvorstand bestimmen. Im kommenden Jahr muss der 29-köpfige Landeselternbeirat ohnehin neu gewählt werden. Bis dahin werden Staab und Wiegert weiter dem Beirat angehören - Staab als Vertreterin der Grundschulen, Wiegert für die Gymnasien. Der Beirat ist ein im Schulgesetz vorgeschriebenes Beratungsorgan für das Kultusministerium. Er vertritt die Interessen aller Eltern im Schul- und Bildungsbereich.

Aus der CDU wird sich Staab nicht verabschieden. Ihr Mandat im Karlsruher Gemeinderat behält sie . "Denn auf kommunaler Ebene kann man mehr bewegen. Dort geht es darum, Ziele zu erreichen, und weniger um politische Überzeugungen."