Im Vorort-Gespräch mit Christian Lange in Backnang dreht sich natürlich auch vieles um die aktuelle politische Großwetterlage in der Bundeshauptstadt. Foto: Horst Rudel

Die Wahlkreisbilanz des Backnanger SPD-Bundestagsabgeordneten Christian Lange (SPD) wird vom Geschehen in Berlin überlagert. Konsequenzen fordert er indes hauptsächlich vom Koalitionspartner.

Backnang - Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr hat Christian Lange angesichts sich schier endlos in die Länge ziehender Koalitionsverhandlungen betont, dass er noch so lange der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz sei, bis er offiziell abgelöst würde. Doch die von CDU, Grünen und FDP eigentlich angepeilte Berliner Jamaika-Koalition scheiterte bekanntermaßen. Und so hat der Backnanger SPD-Bundestagsabgeordnete am Montag wieder als Regierungsmitverantwortlicher – und Staatssekretär im Justizministerium – seine Jahresbilanz für den Wahlkreis gezogen. Überlagert wurde diese freilich erneut von den Ereignissen in Berlin.

 

Machtkämpfe beim Koalitionspartner

Dorthin werde er auch gleich im Anschluss an das Pressegespräch in Backnang zurückreisen, betonte Lange. Die Führungsgremien der Genossen berieten die Lage und das weitere Vorgehen. Er selbst werde darauf drängen, sich endlich auf die Umsetzung dessen zu konzentrieren, was man im Koalitionsvertrag ausgehandelt habe, „statt permanent über den Ausstieg zu diskutieren“. Lange sieht seine Partei da gar in einer guten Position, schließlich seien CDU und CSU damit beschäftigt innerparteiliche Machtkämpfe auszutragen. Diese müssten jetzt nun schnell zu einem Ende kommen. Dass dabei auch die Kanzlerfrage geklärt werde, glaubt Lange noch nicht. Diese werde wohl frühestens im kommenden Jahr gestellt werden.

An Spekulationen um eine Ablösung von Angela Merkel will er sich denn auch nicht beteiligen. In Sachen Horst Seehofer wird er hingegen deutlicher: „Ein neuer Bundesinnenminister würde der Koalition gut tun.“ Personelle Konsequenzen wegen der verheerenden Ergebnisse bei den jüngsten Landtagswahlen seitens seiner Partei sieht Lange hingegen nicht angebracht. „Wir haben doch erst im April unsere Parteispitze neu besetzt.“

Werbung für Castellucci als Landeschef

Auf Landesebene hingegen steht das vielleicht noch an. Lange bekennt sich offen zu einem Wechsel und Lars Castellucci als neuem Chef für die SPD Baden-Württemberg: „Er führt zusammen und steht für Zukunftsentwürfe statt Vergangenheitsbewältigung“, sagt Lange, und sichert dem langjährigen Parteivize bei der Mitgliederbefragung seine Stimme zu.

Zurück beim Bund: Dort komme dem Innenminister die dringende Aufgabe zu, die Ausarbeitung eines Zuwanderungsgesetzes vorzulegen. Ein solches wäre Langes Meinung nach geeignet, dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken – der auch im Rems-Murr-Kreis deutlich spürbar sei.

Und so spannt er den Bogen zu den Schwerpunkten seiner Arbeit als örtlicher Bundestagsabgeordneter. Darin hätten die Integration von Flüchtlingen sowie Arbeitsmarkt- und regionale Wirtschaftsthemen eine wichtige Rolle gespielt. Als Justiz-Staatssekretär habe er darüber hinaus mehrere Gesetzesinitiativen vorbereitet, unter anderem die Einführung der Musterfeststellungsklage und die Verschärfung der Mietpreisbremse, so Lange.

Absage an den Nordostring

Als eine drängende, wenngleich für ihn fachfremde Aufgabe in seinem Wahlkreis sieht der 54-Jährige nach wie vor die Verbesserung der Straßenverkehrsinfrastruktur an. Nur weil die Finanzierung des vierspurigen Weiterbaus der B 14 nach Backnang ja mittlerweile gesichert sei, habe er diese erstmals in seiner Agenda nicht explizit erwähnt. Lange räumt freilich ein, dass es schwer zu vermitteln sei, warum der Ausbau dennoch nicht in dem Maße vorangehe, wie man es vielleicht hätte erwarten können, und nennt Engpässe bei Vergabe und Planungskapazitäten als Gründe.

Den wieder aufkeimenden Forderungen nach einem Nordostring über das Schmidener Feld erteilt er hingegen eine Absage, aber er sieht auch keine Chancen auf eine Realisierung: „Ich gehe davon aus, dass er tot ist. Wir sollten jetzt erst mal das vollenden, was bereits im Bau ist.“