Was im kleinen Kreis 1987 in Waiblingen begann, hat sich an den Mercedes-Standorten in aller Welt zu einem großen Gebetskreis zusammengeschlossen. Besonders deutlich wird das beim Jahrestreffen der „Christen bei Daimler und Benz“.
Die wohl größte Panne in der Mercedes-Geschichte hat sich im Jahr 1997 ereignet. Bei einem Fahrstabilitätstest der damals neuen A-Klasse in Schweden, zu dem Journalisten aus der ganzen Welt eingeladen waren, kippt eines der Fahrzeuge zur Seite um. Der sogenannte Elchtest schien bei Mercedes das Synonym für eine PR-Katastrophe zu werden. Doch mit der in der Folge entstandenen Stabilitätskontrolle ESP manövrierte sich der Konzern aus der Sackgasse und machte die A-Klasse tatsächlich zu einem Erfolgsmodell. „Wir haben damals dafür gebetet“, sagt Helmut Keller. Gerade dieser Fall zeige, dass das nicht umsonst sei.
Helmut Keller ist der Gründer des Netzwerks „Christen bei Daimler und Benz“. Die Gruppe steht Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Mercedes-Benz und auch von Daimler Truck offen – und das an allen Standorten weltweit. Mittlerweile hat die Vereinigung 1500 Mitglieder.
„Christen bei Daimler und Benz“ treffen sich in Beutelsbach
Etwa 500 der Mitglieder sind bei dem einmal im Jahr stattfindenden und allen offenstehenden Christentreffen in Weinstadt-Beutelsbach dabei oder online zugeschaltet. An diesem Samstag, 16. November, findet es zum 19. Mal im großen Rahmen statt. Heino Falcke, Professor für Astrophysik und Radioastronomie, wird einen Vortrag halten.
Alles beginnt ganz klein, mit Wurzeln in der evangelischen Kirche. Genauer gesagt im Pietismus, in dem Helmut Keller erzogen worden ist. Heute setzt er sich für die Einheit unter Christen ein – gleich, welcher Glaubensrichtung oder Prägung sie angehören.
Der Diplom-Ingenieur arbeitet 1987 in der Waiblinger Versuchsabteilung von Daimler-Benz. Dort trifft er auf drei Kollegen, die ebenfalls auf der Suche nach einer Glaubensnische am Arbeitsplatz sind. So entsteht der erste christliche Gebetskreis im Konzern, der sich einmal in der Woche während der Mittagspause trifft. „Von Anfang war klar, dass wir eine offene christliche Gemeinschaft sind, in der auch andere Konfessionen herzlich willkommen sind“, sagt Helmut Keller, der noch nie aktiv missionieren wollte, sondern einen Halt anbieten möchte. Das sei gerade in diesen für die Autoindustrie nicht einfachen Zeiten wichtig.
Gebete für Geschäftsleitungen von Mercedes und Daimler Truck
Von Waiblingen geht es für Helmut Keller und seinen sich im Lauf der Zeit vergrößernden Gebetskreis über den Standort Esslingen nach Sindelfingen, neben dem Werk Untertürkheim heute so etwas wie das Epizentrum der „Christen bei Daimler und Benz“, die 2006 mit damals 150 Gläubigen als Netzwerk gegründet werden.
Helmut Keller ist mittlerweile im Mercedes-Ruhestand, weiter aktiv aber im dort fest verankerten christlichen Zusammenschluss, der mittlerweile ganze 50 Gebetskreise zählt – und das auch an anderen Standorten, zum Beispiel in Peking, Chenai, São Paulo, Buenos Aires, Detroit oder Tuscaloosa/Alabama. Und überall stehe das Gebet und die Bitte im Mittelpunkt, dass es den beiden Konzernen und ihren Beschäftigten gut gehe und dass die Geschäftsleitungen die dafür notwendigen Entscheidungen treffen, sagt Keller.
Ex-Chef von Daimler Truck, Martin Daum, steht Netzwerk nahe
Wenn in den Chefetagen gläubige Christen vertreten seien, könne das ein Segen für die Konzerne sein, meint Helmut Keller. Wie der langjährige Daimler-Truck-Chef Martin Daum, der der Gruppe nahesteht und beim Christentreffen im Remstal auch schon als Hauptredner aufgetreten ist. Prinzipiell halten sich die Geschäftsleitungen bei Mercedes-Benz und Daimler Truck bei der Unterstützung von Religionsgruppen aller Art aber zurück, um den eigenen Vielfältigkeitsansprüchen gerecht zu werden.
„Ich habe im Konzern als Vertreter dieser Gemeinschaft noch nie schlechte Erfahrungen gemacht“, sagt Keller. „Natürlich gibt es immer wieder mal ein Grinsen von den Kollegen, wenn wir uns einmal die Woche treffen oder vor dem Essen beten“, erzählt Keller. Aber das hätte nie etwas Abschätziges. Deshalb wird zurückgegrinst – und gelacht. Schließlich haben die „Christen bei Daimler und Benz“ auch Humor. So entstand aus diesem Kreis vor 14 Jahren für den Mercedes SLS der Werbeslogan „Gottliebt Daimler“. „Folge dem Stern“ würde allerdings auch passen.