Chris Rea beim Auftritt in Stuttgart Foto: Horst Rudel

Als wäre es das letzte Mal: Chris Rea tritt im Rahmen seiner „The Last Open Road“-Tournee vor 2500 Fans in der Stuttgarter Porsche-Arena auf.

Stuttgart - Die blauen Gitarren schweben über der Bühne, Embleme der Melancholie in der Musik des Songwriters und Gitarristen Chris Rea. Auf der Leinwand geht die Fahrt hinweg über eine endlose Straße, durch eine Nacht, die von schummerigen Laternen erleuchtet wird, hinein in einen Tag in rauen Bergen und unter blauem Himmel.

Schon vor acht Jahren kündigte Chris Rea an, künftig nicht mehr auf Tournee zu gehen, spielte seine Abschiedstour, wurde seinem Vorsatz aber bald schon untreu – mehrmals trat der Brite mit der rauen Stimme seither in Stuttgart auf, gab Konzerte, in denen sich das tiefe Blau seiner Gitarrenträume jeweils um Nuancen verschob. Nun ist er wieder unterwegs, spielt am frühen Sonntagabend in der Porsche-Arena vor 2500 Zuschauern, nennt seine Tournee „The Last Open Road Tour“ – ob es wirklich seine letzte Runde auf den Highways von Pop und Blues sein wird, das bleibt dabei offen.

Ob nun zum letzten Mal oder nicht – er spielt sie, seine Hits aus mehr als 35 Jahren. Schon mit seinem ersten Album und dem Hit „Fool (If You Think It’s Over)“ holte Rea sich 1978 in den USA eine Goldene Schallplatte, spätestens seit „I Can Feel Your Heartbeat“ oder „Josephine“, seinen Hits von 1983 und 1985, hat er auch in Deutschland eine treue Anhängerschaft. Reas Stil hat sich seither nur wenig gewandelt – durch seine traurigen Lieder zieht sich eine leise Fröhlichkeit, seine fröhlichen Stücke klingen immer auch ein wenig traurig. Und über all dem schwebt die Gitarre, manchmal stürmisch, manchmal sanft, immer in tiefem Dunkelblau, immer in Reas bekannter Slide-Technik gespielt.

Ein Hauch von Reggae sorgt für Fröhlichkeit

Rea ist 63 Jahre alt, hat eine schwere Erkrankung hinter sich. Während seiner Rekonvaleszenz malte er die abstrakten Bilder, die er nun zu seinen Liedern hinter die Bühne projizieren lässt. Er wird begleitet von Keyboard, Rhythmusgitarre, Bass und Schlagzeug, dieses Mal auch von zwei Backgroundsängerinnen, die seine Musik mit leichtem Soul bestreichen. Und er spielt seine Hits auf der Bühne immer ein wenig anders, als der Radiohörer sie im Ohr hat.

„Josephine“ und „Julia“, die Lieder, die er für seine Töchter schrieb, kommen schon früh am Abend, ein Hauch von Reggae darf bei ihnen einziehen, und Rea wird dabei zum nachdenklichen Sologitarristen, der mit kleinen Tanzschritten über die Bühne trippelt. Um Spuren heller als bei früheren Konzerten scheint Reas Musik dieses Mal zu sein, geschuldet ist das vielleicht dem Reggae, der auch bei anderen Songs immer wieder an die Oberfläche kommt.

Aber dieser helle Teil des Konzertes geht vorüber – „The Road to Hell“, die apokalyptische Vision von 1989, kann nichts als zornig klingen, Reas Schläge auf die Gitarre, seine Riffs und Slides, werden harscher, dissonanter, der Blues zeigt seine Zähne und auf der Leinwand erscheinen Bilder, die von Krieg und religiösem Irrsinn sprechen.

Doch der Friede kehrt im Zugabenteil zurück – mit dem Song „On The Beach“, der ganz entspannt von Urlaub träumt. Das letzte Stück des Abends heißt, nicht zum ersten Mal in Stuttgart, „Let’s Dance“ – und noch einmal nimmt das Publikum, das sich längst von seinen Stühlen erhoben hat und vor die Bühne getreten ist, diese Einladung beim Wort. Und Chris Rea gibt auf dieser letzten Strecke auch noch einmal richtig Gas.