Der Sängerbund Sielmingen besteht seit 125 Jahren. Die stellvertretende Vorsitzende und Schriftführerin Waltraud Schäfer und der Vorsitzende Herbert Kraft freuen sich auf viele Aktivitäten. Foto: Caroline Holowiecki

Der Sängerbund Sielmingen befindet sich im Jubiläumsjahr, er besteht seit 125 Jahren. Während anderswo traditionsreiche Vereine aufgeben müssen, hat er erst 2023 einen dritten Chor gegründet – und mit einem neuen Konzept offenbar einen Nerv getroffen.

„Marmor, Stein und Eisen bricht“ hat nahezu jeder im Ohr, die meisten können mindestens beim Refrain mitsingen. Unter der Dusche: gern. Doch mehrstimmig im Chor? „Da ist die Hemmschwelle hoch“, sagt Waltraud Schäfer aus Sielmingen, selbst passionierte Sängerin. Deswegen übt der Chor Schlager-Kult sein Repertoire in der Regel einstimmig ein.

 

Das Ensemble hat der Sängerbund Sielmingen im März 2023 gegründet – ursprünglich als Projektchor für das Heimatfest. Doch aus dem Versuch wurde ein Dauerbrenner. „Als das Heimatfest vorbei war, haben viele gesagt, sie würden gern weitersingen“, erzählt Schäfer, die stellvertretende Vorsitzende. Gut 20 Frauen und Männer sind bis heute dabei, die Gemeinschaft sei gut. „Schlager sind in“, sagt Herbert Kraft, der Vorsitzende. Bei diesen Liedern komme Stimmung auf.

Schlager-Kult ist einer von drei Chören

Schlager-Kult ist einer von drei Chören im Sängerbund Sielmingen. Neben dem gemischten Chor, der klassische Chorliteratur singt, gibt es seit 2018 auch den Frauenchor Sä-sie-bon, der sich auf englische Rock- und Popsongs spezialisiert hat. Will heißen: Der Sängerbund hat sich in den vergangenen Jahren breiter aufgestellt, und dies ganz bewusst. „Unser Chorleiter war immer ein Befürworter von Neuem“, sagt Waltraud Schäfer. Der Verein befindet sich im Jubiläumsjahr, besteht heuer seit 125 Jahren, Tradition wird großgeschrieben.

Doch die Männer und Frauen im Stammchor sind betagt. Die älteste Sängerin ist jüngst 90 geworden. Viele sind seit Corona ausgeschieden. In den beiden anderen Chören sind zwar auch keine Teenies, doch immerhin ist der Altersschnitt dort niedriger. Denn ja, es geht landauf, landab bei Gesangvereinen darum, sich zukunftsfit zu machen. Aus diesem Grund ist der Sängerbund Sielmingen neuerdings auch bei Instagram.

Was ohne frischen Wind droht, hat sich zuletzt in Bonlanden gezeigt. Der Sängerkranz, der bislang älteste Verein Filderstadts, musste zum Jahreswechsel 2024/25 aufhören. Grund: Überalterung. Für Vorstandsämter war niemand mehr gefunden worden, ebenso wenig für Veranstaltungen. Der Liederkranz Echterdingen hat 2021 aufgehört, auch hier fehlte Nachwuchs.

„Ein Selbstläufer ist nichts“, sagt Herbert Kraft (73). Früher habe man die Gemeindehalle vollbekommen, mittlerweile fänden Veranstaltungen im Saal des Bürgerhauses Sonne statt. Das sei logistisch einfacher, weil es vor Ort ein Klavier gebe, aber der Saal sei auch kleiner. Dennoch: Er und Waltraud Schäfer (60) sind zufrieden. In Summe verfüge der Verein in allen drei Chören über rund 40 Singfreudige, und wenn jedes Mitglied zu Konzerten Gäste mitbringe, sei das ein großes Publikum. „So ist das im Dorf. Da geht m’r hin“, sagt Herbert Kraft lächelnd.

Jubiläumskonzert in der Martinskirche

Im Jubiläumsjahr wird es beim Sängerbund reichlich Anlässe geben. Am 13. Juli findet das Jubiläumskonzert in der Martinskirche statt, am 11. Oktober ist in der Gemeindehalle eine Herbstserenade mit allen musikalischen Vereinen aus Sielmingen und auch den anderen Chören aus Filderstadt – der „gesellige Höhepunkt“, wie die beiden Vorsitzenden sagen. Auch offene Mitsing-Treffen – noch so ein verhältnismäßig neuer und gut laufender Trend – sind geplant: am 4. Mai mit dem frühlingshaften „Sielmingen singt“ in der Sonne und am 18. September mit einem Volkslieder-Singen für Senioren im Quartiersladen. Wie es nach dem Jubiläumsjahr weitergeht? „Ich würde mir wünschen, einfach weiterzumachen. Dass dieselben Leute zur Probe kommen“, sagt Herbert Kraft. Waltraud Schäfer nickt. „Wir ziehen dieses Jahr durch. Dann geht man ins nächste Jahr.“