Daniel Deusser auf Jasmien vd Bisschop beim Eröffnungsspringen in Aachen Foto: imago/Stefan Lafrentz

Daniel Deusser ist der führende deutsche Profi im Springreiten. Beim CHIO-Turnier in der Aachener Soers möchte er eine Rekordprämie kassieren.

Daniel Deusser flunkert ein wenig. Er sagt mit ernstem Gesicht: „Ich bin sehr aufgeregt!“ Das will man dem Reiter mit dem Gardemaß von eins neunzig nicht so recht abnehmen. Der 40-jährige Hesse, geboren in eine Reiterfamilie in Wiesbaden, ist mit Abstand der erfolgreichste deutsche Springreiter der vergangenen Jahre, aktuell die Nummer neun der Weltrangliste: Teambronze bei Olympia 2016 in Rio, dazu Weltcup-Sieger, mehrmals deutscher Meister und vor einem Jahr Sieger im Großen Preis von Aachen auf der belgischen Stute mit dem provokanten Namen Killer Queen, Preisgeld damals: 300 000 Euro.

 

Vom Riesentalent zum Topreiter

Eigentlich fehlen diesem coolen Profi nur die Bekanntheit und noch viel mehr Fans in seinem Heimatland, für das er international in den Sattel steigt. Doch seine Karriere hat einen ungewöhnlichen Verlauf genommen: Aus lokalen und regionalen Anfängen kam Deusser 2001 als Bereiter in den Springstall von Franke Sloothaak. Der sagt heute: „Daniel war ein Riesentalent, heute zählt er zu den Besten der Welt.“ Der Gelobte gibt’s postwendend zurück: „Alles, was ich heute bin, hab ich Franke zu verdanken. Er hat mir vor 20 Jahren diese tolle erste Chance gegeben.“ Jahre später wechselte Daniel erst in die Niederlande, dann nach Belgien; dort hat er auch eine Familie gegründet.

Seit 2012 reitet Deusser für die Stephex Stables, den belgischen Handelsstall des Multimillionärs Stephan Conter unweit von Brüssel. Der 62-Jährige baut und handelt mit sündhaft teuren Pferdetransportern und Wohnmobilen. Er sagt: „Ich habe mich vor zehn Jahren dazu entschlossen, Pferde zu kaufen für Daniel. Ich wollte als Besitzer unbedingt an die Weltspitze. Wenn man einmal anfängt, Große Preise zu gewinnen, und eine ernst zu nehmende Größe wird, bekommt das Ganze einen Suchtfaktor.“ Um diese Sucht zu finanzieren, werden im Stall von Stephan Conter talentierte junge Springpferde ausgebildet und so teuer wie möglich verkauft. Bei den Olympischen Spielen in Tokio gingen gleich sieben ehemalige Stephex-Pferde an den Start – mehr Glanz und Gloria gibt’s kaum.

Es winkt eine hohe Siegprämie

Deusser ritt in Tokio die erwähnte Stute Killer Queen – leider ging fast alles schief, am Ende nur Rang 18, trotzdem bester Deutscher. Am Beginn dieser Woche in der Soers sagt Deusser: „Den Grand Prix zu gewinnen, ist sehr schwer. Es wäre phänomenal. Da sitzen 40 000 Zuschauer im Stadion. Ich habe mein Pferd extra vier Wochen lang geschont.“ Der Grand Prix von Aachen, gesponsert von Rolex, ist mit 1,5 Millionen Euro dotiert, davon 500 000 Euro für den Sieger. Weil Deusser vor einem Jahr siegte und danach im niederländischen ’sHertogenbosch, wo der Große Preis ebenfalls zum Grand Slam gehört, gäbe es für ihn bei einem Sieg am Sonntag einen Bonus von einer weiteren halben Million. Das macht selbst einen so abgezockten Profi etwas nervös.

Bundestrainer fordert WM-Medaille

Ganz andere Sorgen hat Bundestrainer Otto Becker. Für den Preis der Nationen an diesem Donnerstag muss er auf Deusser verzichten, ebenso auf Christian Ahlmann. Er nominierte Europameister André Thieme, Janne Meyer-Zimmermann, die Team-Weltmeisterin von 2010, Christian Kukuk aus dem Stall von Ludger Beerbaum sowie die 30-jährige Debütantin Jana Wargers, die für den belgisch-irischen Handelsstall Ashford Farms reitet und sagt: „Mein Chef Enda Carroll hat mir versprochen, dass er mein Top-Pferd Limbridge nicht verkauft.“ Das hört Becker gern. Bei der WM im August in Dänemark fordert er von seinen Reitern eine Medaille – ein starkes Signal in Richtung Paris 2024.