Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig will ausländische Direktinvestitionen in Deutschland effektiver prüfen. Foto: dpa

Der chinesische Daimler-Investor Li Shufu spricht in Berlin mit Abgeordneten und Ministern. Die Regierung trifft Vorbereitungen für eine effektivere Investitionsprüfung. „Wir wollen offen bleiben, sind aber nicht naiv“, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig.

Berlin - Der neue Daimler-Großaktionär Li Shufu hat sich für eine Charmeoffensive entschieden: In den vergangenen Tagen führte er viele Gespräche mit Politikern. Er traf sich mit Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD), die erst skeptisch auf die Pläne des chinesischen Automobilkonzerns Geely reagiert hat. Li Shufu ist Chef und Eigentümer von Geely. Er sprach auch mit dem Wirtschaftsberater der Kanzlerin, Lars-Hendrik Röller. Außerdem kam der Chinese mit Unions-Fraktionschef Volker Kauder und dessen Stellvertreter Christian Hirte zusammen. Ein Gespräch kam auch mit FDP-Fraktionsvize Michael Theurer zustande.

Investor strebt nicht in den Daimler-Aufsichtsrat

In den Runden führte er aus, dass er keinen Sitz im Daimler-Aufsichtsrat anstrebt. Da dem Geely-Chef auch der Autobauer Volvo gehört, würde ein Platz im Kontrollgremium dazu führen, dass ein Daimler-Konkurrent in strategische Planungen eingeweiht wäre. Die Teilnehmer an den Runden berichten, dass Li Shufu Synergieeffekte aus der Verbindung mit Daimler erwartet. Der FDP-Politiker Theurer sagte: „Wenn man mit dem neuen Großaktionär spricht, bekommt man den Eindruck, dass es sich um mehr als ein reines Finanzinvestment handelt. Offenbar besteht ernsthaftes Interesse an vertiefter Kooperation, etwa im Bereich der Batterietechnologie oder der Digitalisierung.“ Der Geely-Chef sieht die Herausforderungen für die Automobilindustrie weniger im Wettbewerb der Autokonzerne, sondern im Entstehen neuer Geschäftsmodelle. Li Shufu wolle den US-Konkurrenten Google und Tesla auf dem Gebiet der Elektromobilität und beim autonomen Fahren Paroli bieten, berichten seine Gesprächspartner. Die Verbindung zu Daimler soll dabei helfen.

Der Großaktionär habe seine Entscheidung für Daimler damit begründet, dass er den Stuttgarter Autobauer für einen der besten der Welt hält. Er sei von Leistungen des Managements überzeugt. Ein Gesprächspartner vermutet, dass auch andere Gründe maßgeblich waren. Daimler ist der einzige deutsche Automobilkonzern, dem große Ankeraktionäre fehlen. In der Politik löste Skepsis aus, dass der Geely-Besitzer den Erwerb erst meldete, als er schon Daimler-Anteile von 9,69 Prozent besaß. Schon bei geringeren Schwellen greifen Meldepflichten. Die Finanzaufsicht Bafin prüft dies. „Der ganze Vorgang sieht sehr konstruiert aus“, sagte der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach.

Regierung will Entwicklung beobachten

Die Bundesregierung will die weitere Entwicklung bei Daimler beobachten. „Wir sollten den Einstieg des chinesischen Investors bei Daimler nüchtern, aber aufmerksam betrachten“, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig unserer Zeitung. Er fügte hinzu: „Wir wollen offen bleiben, sind aber nicht naiv.“ Beim Thema Direktinvestitionen und Firmenübernahmen durch China sei das Gesamtbild entscheidend. Machnig hob hervor, dass es in den vergangenen Jahren massive Firmenbeteiligungen chinesischer Unternehmenin Deutschland gegeben habe. „Deutschland ist nach Großbritannien das Land mit den höchsten ausländischen Direktinvestitionen aus China“, sagte der Staatssekretär. Deshalb sei die Politik gefordert.

Aus seiner Sicht müsse es Bereiche geben, in denen der Standort geschützt und die Politik die Möglichkeit bekommt, ausländische Firmenbeteiligungen genauer zu prüfen. Notfalls müssten Investitionen auch untersagt werden können. Genau dies sei der Inhalt eines Gesetzes zur Investitionsprüfung, den die Bundesregierung zusammen mit Franzosen und Italienern auf EU-Ebene anregte. Machnig erwartet, dass die neue Gesetzgebung bis Ende 2018 verabschiedet ist. Bisher hätte Deutschland mit „stumpfen Instrumenten“ operiert, so Machnig. Die Bundesregierung darf bisher nur ausländische Direktinvestitionen prüfen, wenn sie den Rüstungsbereich betreffen oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit berühren. Künftig soll es auch möglich sein, wenn ausländische Subventionen mit im Spiel sind. „Der Einstieg des chinesischen Investors bei Daimler ist hoffentlich auch eine Art Weckruf“, sagte Staatssekretär Machnig. Deutschland brauche schnell eine effektive Investitionsprüfung.