Ausverkauf deutscher Interessen? Die chinesische Offerte für die Augsburger Firma Kuka (hier ein Industrieroboter) sorgt für Aufregung Foto: dpa

Der chinesische Konzern Midea macht den Kuka-Aktionären ein attraktives Übernahmeangebot. Die mögliche Übernahme des Augsburger Roboter-Herstellers hat auch die Politik auf den Plan gerufen. Eine deutsche Gegenofferte gilt aber als unwahrscheinlich.

München/Stuttgart - Der chinesische Haushaltsgerätekonzern Midea macht beim Augsburger Roboterhersteller Kuka ernst. Flankiert von Zusagen zum Schutz geistigen Eigentums und befristeten Standortgarantien hat das Unternehmen aus Guangdong nun ein offizielles Übernahmeangebot für alle Kuka-Aktionäre ausgesprochen. Midea bietet 115 Euro je Aktie, was das deutsche Vorzeigeunternehmen mit knapp 4,6 Milliarden Euro bewertet. Das Angebot entspricht einem finanziellen Aufschlag von gut einem Drittel – gemessen am Kuka-Aktienkurs vor Bekanntwerden des Midea-Interesses. Es ist bis 15. Juli befristet und davon abhängig, dass die Chinesen am Ende minimal 30 Prozent der Kuka-Anteile halten. Damit sind nun die Kuka-Aktionäre und die Augsburger selbst am Zug.

Kuka-Chef Till Reuter will Verhandlungen mit Midea aufnehmen und binnen maximal zwei Wochen wie auch der Kuka-Aufsichtsrat eine Stellungnahme zum Übernahmeangebot abgeben. „Entscheidend wird es sein, dass wir am Ende einen verbindlichen Vertrag in der Hand halten, der die Interessen unseres Unternehmens, unserer Aktionäre, Kunden und Mitarbeiter langfristig absichert“, erklärte er vorab. Midea-Chef Paul Fang signalisiert Entgegenkommen. „Wir haben nicht die Absicht, einen Beherrschungsvertrag zu schließen oder das Unternehmen von der Börse zu nehmen“, betonte er. Vielmehr wolle Midea mit Kuka das große Wachstumspotential speziell in China erschließen, was ideal zu Reuters Strategie und Plänen passen würde.

Keinen Kommentar geben Reuter und Fang zu den Vorbehalten der deutschen Politik gegen die chinesische Offerte. Insbesondere Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) aber auch EU-Digitalkommissar Günter Oettinger (CDU) befürchten den Abfluss von Know-how, falls Midea zum Zuge kommt. Kuka gilt als hier zu Lande herausragendes Beispiel für technologische Expertise zur Digitalisierung der Wirtschaft unter dem Schlagwort Industrie 4.0. Beide Politiker regen deshalb ein Gegenangebot der deutschen oder europäischen Industrie für Kuka an. Zumindest seitens Siemens und heimischen Autoherstellern, die allesamt Großkunden von Kuka sind, haben sie sich aber Abfuhren eingehandelt. Auch Kuka selbst ist bislang weit davon entfernt, nach einem solchen weißen Ritter zu rufen, der Midea ausstechen könnte.

Midea muss alle Aktien annehmen, die angeboten werden

Auch jüngste Gerüchte, Midea könnte sich mit einem Kuka-Anteil von maximal 49 Prozent zufrieden geben, um die deutsche Politik zu besänftigen, scheinen gegenstandslos. Das deutsche Aktienrecht verlangt vielmehr ausdrücklich, dass man alle Aktien abnehme, die angeboten werden, betonte eine Midea-Sprecherin. Darüber, wie sich Midea verhalte, falls es bis Mitte Juli mehr als die Hälfte der Kuka-Anteile geworden sind, wolle sie nicht spekulieren. 13,5 Prozent an Kuka hält Midea bereits.

Entscheidend für das Machtgefüge bei Kuka ist nun vor allem das Verhalten der beiden anderen großen Aktionäre der Augsburger. Das sind der hessische Industrielle Friedhelm Loh mit einem Zehntel und vor allem das Heidenheimer Familienunternehmen Voith, das aktuell eine Sperrminorität von 25,1 Prozent an Kuka hält. Loh schweigt bislang beharrlich. Voith will das Midea-Angebot prüfen. Wenn die Chinesen dort das Sagen erhalten, hätte aber für beide deutschen Großaktionäre ein Engagement strategisch keinen Wert mehr.

Lukratives Angebot

Die Verlockung zum Verkauf ist groß, sagen Börsianer. Allein Voith könnte bei einem Verkauf gut 1,1 Milliarden Euro einstreichen. Voith-Chef Hubert Lienhard ist zudem Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft und gilt als betonter Verfechter von marktwirtschaftlichen Prinzipien und Freihandel. Dazu gehört, dass sich nicht nur deutsche Unternehmen mit Investitionen in China engagieren sondern auch umgekehrt Chinesen hier zu Lande. Voith und Loh dürften zudem kaum genug Mittel haben, die Midea-Offerte zu kontern.

Realistisch gesehen sind die Chancen damit gering, dass es zur politisch gewünschten Gegenofferte aus den Reihen der deutschen Industrie kommt. Auf europäischer Ebene böte sich dafür der Schweizer Anlagenbauer und Kuka-Konkurrent ABB an, bei dem Gabriel angeblich hat vorfühlen lassen. Das „Wall Street Journal“ will von entsprechenden Erwägungen der Schweizer erfahren haben. ABB schweigt offiziell. Kartellrechtlich wäre eine Kombination aus ABB und Kuka schwierig. Hinter dem japanischen Weltmarktführer Fanuc sind beide Europäer nahezu gleichauf die Nummer zwei und drei unter den Roboterherstellern der Welt. Spätestens am 15. Juli wird man wissen, wohin die Reise von Kuka geht.