Die meisten Haushalte in China haben Wohneigentum. Foto: dpa

Selbst die Analysten wurden von den Zahlen überrascht. Die chinesische Volkswirtschaft ist im ersten Halbjahr um 6,9 Prozent gewachsen – und damit stärker als erwartet. Nicht nur Immobilien sind gefragt, auch der Export hat kräftig zugelegt.

Peking - Die offiziellen Zahlen sehen wieder prächtig aus: China ist im ersten Halbjahr um 6,9 Prozent gewachsen, teilte das Statistikamt in Peking am Montag mit. Analysten erwarten nach diesem starken Start mehrheitlich, dass sich der Wert für das Gesamtjahr in einer ähnlichen Größenordnung bewegen wird. Damit ist China auf dem besten Weg, das Wachstumsziel zu übertreffen, das Premier Li Keqiang im März vorgegeben hat. Er peilt ein Wachstum von sechseinhalb Prozent an.

Stabiles Wachstum ist in China Staatsziel. Die Regierung stützt die Konjunktur daher mit einer Reihe von Instrumenten, darunter öffentlichen Bauprojekten, hoher Kreditvergabe durch die Staatsbanken und üppiger Förderung für Zukunftstechnik, die neue Märkte erschließt. Derzeit befinden sich die Planer jedoch im Zweispalt. Der Immobiliensektor ist der dominierende Wachstumstreiber. Angesichts hoher Preise für Häuser wirkt die Branche jedoch bereits überhitzt. Peking tritt daher mit einem Fuß aufs Gas und mit dem anderen auf die Bremse: Auf der einen Seite verknappt die Regierung das Angebot an Krediten. Auf der anderen Seite lässt sie durchaus Preissteigerungen zu, um die Konjunktur am Laufen zu halten. Der Boom geht vorerst weiter. Die Investitionen in Immobilien sind im ersten Halbjahr abermals um 8,5 Prozent gestiegen – und das auf einem hohen Niveau. Allein im Juni ist die verkaufte Fläche im Vergleich zum Vorjahr um 16 Prozent hochgegangen. In China besitzt eine große Mehrheit der Haushalte Wohneigentum.

Der Export boomt

Andere Indikatoren sehen gut aus. Die Industrieproduktion stieg mit 7,6 Prozent im ersten Halbjahr deutlich an. Die Ausfuhr ins Ausland sah wegen der hohen Nachfrage aus Südasien und den USA sehr ordentlich aus. Auch der Einzelhandel vor Ort legte gute Zahlen vor: Der Umsatz in den Geschäften und Onlineshops stieg um elf Prozent. Chinas Wachstumsrate wirkt derzeit stabil. Im Jahr 2015 lag der Anstieg des Bruttoinlandprodukts bei 6,9 Prozent, im Jahr 2016 etwas niedriger bei 6,7 Prozent. In den ersten beiden Quartalen des laufenden Jahres kam exakt der gleiche Wert heraus: 6,9 Prozent.

Das bedeutet nicht zwingend, dass die Zahlen manipuliert sind. Es weist vielmehr darauf hin, dass die Regierung in der chinesischen Staatswirtschaft immer noch Zugriff auf viele Stellschrauben hat, um die Wirtschaftsaktivität hoch- und runterfahren kann. Die Abhängigkeit vom Immobilienmarkt bereitet jedoch zunehmend Sorge. Am Wochenende hat Präsident Xi Jinping daher einen Reformplan vorgestellt. „Es ist die Last und die heilige Aufgabe der Banken, der Realwirtschaft zu dienen“, sagte Xi auf einer Konferenz zur Steuerung der Finanzpolitik. Wenn die Finanzfirmen bei diesem Auftrag bleiben, statt vom Weg abzukommen, könnten Systemrisiken weitgehend vermieden werden. Der Präsident machte auch klar, wer im Land das Sagen hat: „China muss die Führung der Kommunistischen Partei über die Finanzwirtschaft stärken und Fortschritt mit Stabilität in Einklang bringen.“ In den vergangenen Jahren hat die gleiche Kommunistische Partei jedoch Preissteigerungen am Immobilienmarkt zugelassen, die ganz wesentlich für einen Anstieg der Ungleichheit und der Risiken verantwortlich ist. In China ist die Zahl der Dollar-Milliardäre zuletzt auf 609 Personen angestiegen – damit leben dort mehr Superreiche als in den USA. Die größte Konzentration von Milliardären auf dem Planeten findet sich demnach in Peking.