Der Staatsapparat wird auch künftig die Geschicke von Chinas Betrieben lenken. Foto: Imaginechina

Privatinvestoren sollen künftig mehr Möglichkeiten erhalten, sich an Staatsbetrieben zu beteiligen. damit China erhält kurzfristig die Stabilität – allerdings auf Kosten der Dynamik, meint China-Korrespondent Finn Mayer-Kuckuk.

Peking - Chinas Wirtschaft wirkt modern: Die Börse in Shanghai läuft den bisherigen asiatischen Leitmärkten Tokio und Hongkong langsam den Rang ab; es gibt riesige Banken, einen Anleihemarkt und einen freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen. Auch gibt es in Unternehmen Vorstände und Aufsichtsräte.

Doch das alles ist nur Fassade. Die Regierung hat in den vergangenen drei Jahrzehnten zwar reihenweise Institutionen schaffen lassen, die denen des Westens täuschend ähnlich sehen. Hinter dieser Fassade wirkt jedoch in allen Bereichen die starke Hand der Kommunistischen Partei. Präsident Xi Jinping hat eine Reform der Staatsunternehmen angekündigt, die mehr Stabilität schaffen und die Wirtschaft vitalisieren soll. Davon ist nur der erste Teil ernst zu nehmen. Statt einer Belebung wird die Politik des Staatschefs mittelfristig eher einen Verlust der Dynamik bewirken.

Xi agiert mit dem Instinkt des kommunistischen Kaders

Xi agiert mit dem Instinkt des kommunistischen Kaders, der alles unter Kontrolle behalten will – über seine Propagandaabteilung jedoch wohlklingende Worte sendet. Wenn China eine Umwandlung von Staatsfirmen in Kapitalgesellschaften ankündigt, dann gibt Xi keinerlei Kontrolle ab. Denn die Welthandelsorganisation behandelt diese Kapitalgesellschaften mit privater Minderheitsbeteiligung als Staatsfirmen. Die Aufgabe der Privatinvestoren ist lediglich, den horrenden Schuldenstand zu drücken.

Dabei ist eine Reform der Staatsbetriebe überfällig – da sind sich Ökonomen im In- und Ausland einig. Die Staatsfirmen bauen Überkapazitäten auf und häufen riesige Schulden an. Das System wird immer ineffizienter. Schon jetzt sind immer mehr staatliche Finanzspritzen nötig, um das geforderte Wachstum zu generieren. Xi sieht jedoch keine Alternative zur Staatswirtschaft. Nur Kommandowirtschaft liefert ihm Wachstum auf Befehl. Kurzfristig funktioniert das auch, wie die weiterhin beeindruckenden Zahlen zeigen. Langfristig wird jedoch der Ertrag des Kapitaleinsatzes weiter sinken. Das führt zwar keineswegs zum Kollaps des Landes. Das Beispiel Japan zeigt, dass Konjunkturförderung praktisch keine Grenzen hat. Doch China wird für Investoren uninteressant werden, wenn das echte Wachstum gen Null sinkt.

Keiner erwartet von China eine kapitalistische Schocktherapie

Keiner erwartet von China eine kapitalistische Schocktherapie für die Wirtschaft – auch westliche Länder schrecken zu Recht vor zerstörerischen Eingriffen zurück. Doch mehr Mut beim Rückzug des Staates würde gerade das erhalten, was China so weit gebracht hat: den Geist des Aufbaus, hohe Flexibilität und Mut zu Experimenten.